Debatte vor Ministerkonferenz Lauterbach wirbt für Erhalt der Impfzentren
14.06.2021, 08:57 Uhr
Der Weiterbetrieb der Impfzentren steht zur Debatte.
(Foto: dpa)
Die deutsche Impfkampagne ist in Fahrt, die verfügbare Menge an Vakzinen steigt. Arztpraxen kommt eine immer bedeutendere Rolle zu. Haben damit die Impfzentren ausgedient? Vor der Gesundheitsministerkonferenz ist die Debatte kontrovers.
Vor den Beratungen der Gesundheitsministerkonferenz am Mittwoch rückt die Debatte über die Zukunft der Impfzentren in den Fokus. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sprach sich dafür aus, die Einrichtungen zu erhalten. "Impfzentren sind auch eine Anlaufstelle für alle, die keinen Hausarzt haben", sagte Lauterbach der "Augsburger Allgemeinen".
Zudem verwies er auf die unklare Wirksamkeit der derzeit verabreichten Impfstoffe gegen die Delta-Variante des Coronavirus. Nicht zuletzt deshalb seien die Impfzentren eine sehr wichtige Säule, um eventuelle Nachimpfungen im Herbst zu bewältigen. "Wir haben nicht ohne Grund so eine Struktur aufgebaut", sagte der Sozialdemokrat. "Es ist weder zutreffend noch gerecht, die Leistung der Impfzentren zu schmälern. Deshalb plädiere ich dafür, die Impfzentren nicht aufzulösen, sondern zu nutzen, um diejenigen zu erreichen, an die wir sehr schwer rankommen. Die Impfzentren werden weiter gebraucht", so Lauterbach.
Der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, widersprach in derselben Zeitung. "Impfzentren sind sehr teuer", argumentierte er. Eine Impfung dort sei siebenmal teurer als beim Hausarzt. Die Impfzentren seien geschaffen worden, um die Hausärzte von der Bürokratie - etwa der Priorisierung - zu entlasten und eine gerechte Verteilung des knappen Impfstoffs zu gewährleisten, sagte Montgomery. Wenn es genug Impfstoff gebe und die Bürokratie wegfalle, könnten in den meisten Regionen die niedergelassenen Haus- und Fachärzte die Impfungen "hervorragend übernehmen". Alles stehe und falle mit ausreichenden Impfstoffmengen.
Der Deutsche Städtetag hingegen hatte bereits am Wochenende für den längerfristigen Betrieb der Impfzentren geworben. Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy verwies in der "Passauer Neuen Presse" darauf, dass von den Zentren aus die mobilen Impfteams in Pflegeeinrichtungen und soziale Brennpunkte starten.
Der Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz und bayerische Ressortchef Klaus Holetschek von der CSU sagte: "Ich denke, die Impfzentren sollten auf jeden Fall bis Ende des Jahres beibehalten werden." Dafür sprächen gerade die Auffrischungsimpfungen, die ab Herbst notwendig sein könnten. Es gebe viele Gründe für die Forderungen der Länder, die Impfzentren weiter betreiben zu wollen, hatte auch Kanzlerin Angela Merkel nach der jüngsten Konferenz mit den Länderchefs erklärt. Der Chef des Hausärzteverbandes, Ulrich Weigeldt, bezeichnete es im Gespräch mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland hingegen als fraglich, Strukturen mit so hohen Kosten aufrechtzuerhalten.
Laut Robert-Koch-Institut (RKI) wurden bisher etwa zwei Drittel aller Impfungen in den Zentren vorgenommen, ein Drittel in Arztpraxen. Die Hausärztinnen und Hausärzte stiegen flächendeckend am 7. April in die Impfungen ein. Die Betriebsärztinnen und -ärzte folgten am 7. Juni.
Dem aktuellen RKI-Impfquotenmonitoring zufolge haben mehr als 40 Millionen Menschen in Deutschland eine Impfserie begonnen, das entspricht einer Quote von 48,1 Prozent. Die Quote nach Komplettimpfungen liegt bei 25,7 Prozent, also mehr als 21,3 Millionen Personen. Je nach Bundesland variiert der Impffortschritt deutlich: Laut RKI liegt Bremen im Ranking nach begonnenen Impfserien vorn, Sachsen ist Schlusslicht.
Quelle: ntv.de, cri/dpa