Politik

Außenpolitik unter Präsident Trump Fallen die USA in den Isolationismus zurück?

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Neue Herausforderung für die Europäer.

(Foto: imago/ZUMA Press)

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Die Konturen von Donald Trumps Außenpolitik sind noch unscharf. Sicher ist, dass der neue Präsident die USA von der Rolle des Weltpolizisten erlösen will. Deutschland und seine europäischen Verbündeten müssen sich auf einen Kurswechsel in Washington einstellen.

Nach der Brexit-Entscheidung in Großbritannien nun der nächste Schock: Donald Trump wird der 45. US-Präsident, und in den europäischen Hauptstädten herrscht Ratlosigkeit über die künftige Außenpolitik seiner Administration. Im Gegensatz zur unterlegenen Hillary Clinton ist der Immobilien-Milliardär außenpolitisch ein unbeschriebenes Blatt. Ohnehin spielte Außenpolitik in diesem harten und schmutzigen US-Wahlkampf nur eine untergeordnete Rolle. Dennoch ist es Tatsache, dass der scheidende Präsident Barack Obama dem Rechtspopulisten den Atomkoffer mit den entsprechenden Codes übergeben wird.

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Als Diplomat hat sich der künftige US-Präsident bislang nicht hervorgetan.

(Foto: imago/ZUMA Globe)

Bereits im Vorfeld hat in Berlin die Vorstellung, dass der 70-Jährige ins Weiße Haus einziehen könnte, großes Unbehagen ausgelöst. "Bei Trump weiß man nicht, was er machen würde", sagte der US-Experte von der Stiftung Wissenschaft und Politik, Johannes Thimm. Selbst Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hat durchblicken lassen, keinen blassen Schimmer zu haben, wer unter Trump für die US-Außenpolitik verantwortlich sein könnte. Überhaupt wüssten die Europäer nicht, was sie mit einem Präsidenten Donald Trump erwarte, äußerte der SPD-Politiker besorgt.

Auch Norbert Röttgen sprach in diesem Zusammenhang von einer Blackbox. Der CDU-Außenpolitiker wollte sich gar nicht ausmalen, was unter einem Präsidenten Trump alles passieren könnte. Nun muss er sich das wohl. Der überzeugte Transatlantiker Röttgen fürchtet, dass Trumps Einzug ins Weiße Haus eine wachsende Entfremdung zwischen den Vereinigten Staaten und Europa, das sich ebenfalls mit rechtspopulistischen Strömungen auseinandersetzen muss, nach sich ziehen könnte. Trumps Programm sei "ein großes Ich-Programm und darum könnte es sein, dass es einen großen Rückzug gibt und Amerika nicht mehr als stabilisierender Faktor für eine internationale, liberale Ordnung auftreten wird", sagte Röttgen am Morgen nach der Wahl bei n-tv. Die Rückkehr der USA in die Politik des Isolationismus, die sie vor dem Ersten und dann wieder vor dem Zweiten Weltkrieg praktiziert hatten.

Trumps außenpolitische Berater werden alle Hände voll zu tun haben, ihrem poltrigen Boss diplomatische Grundregeln einzuimpfen. Vielleicht ist auch ein geographischer Grundlagenkurs mit Kartenstudium notwendig, damit der künftige Präsident weiß, wohin er in den kommenden vier Jahren reisen muss. Es müssen Persönlichkeitsprofile von wichtigen Amtskollegen erstellt werden, damit der Selbstverliebte nicht bereits bei den ersten Treffen in sämtliche Fettnäpfe tritt und damit viel Porzellan zerschlägt. Reale Außenpolitik der Supermacht USA unter Trump - derzeit ist das noch ein Buch mit sieben Siegeln.

"Schlauer, mieser Typ Assad"

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Baschar al-Assad ist für Trump nicht das große Problem. Wladimir Putin stützt den syrischen Präsidenten.

(Foto: dpa)

Trump hat sich durchaus über Außenpolitik geäußert, aber nur vage - und eben populistisch. Im Zusammenhang mit dem Syrien-Krieg warf er seiner Konkurrentin Clinton vor, auf dem Weg zu einem dritten Weltkrieg zu sein. Von Flugverbotszonen und sicheren Bereichen zum Schutz der Zivilbevölkerung hält er nichts. Im Gegenteil: Trump charakterisierte im Wahlkampf in für ihn typischen einfachen Sätzen den Damaszener Machthaber Baschar al-Assad als "viel schlauer und klüger als Clinton und Obama". Zwar sei dieser "echt ein mieser Typ", aber ein Nachfolger könnte noch viel schlimmer werden. Überhaupt hält Trump von den Rebellen nichts: "Wir geben ihnen viel Geld und noch viele andere Sachen. Dabei wissen wir gar nicht, wer diese Rebellen sind." Für Trump genießt die Zerschlagung der Terrororganisation Islamischer Staat höchste Priorität, Assad spielt für ihn nur eine untergeordnete Rolle.

Wladimir Putin, der zu den ersten ausländischen Gratulanten Trumps gehört, wird diese Äußerungen zu Syrien mit Wohlwollen registriert haben, deckt sich doch seine Meinung mit der seines künftigen amerikanischen Amtskollegen. Der Kremlchef, der Trump als "sehr talentiert" bezeichnet hatte und postwendend von diesem Lob ("Putin ist ein großer Staatsmann") einheimste, verspricht sich einiges von dessen Präsidentschaft. Trumps Infragestellen des bedingungslosen Bekenntnisses der Vereinigten Staaten zum Schutz der Nato-Verbündeten - vor allem der baltischen Staaten - sowie des Nordatlantikpaktes überhaupt spielt dem russischen Präsidenten, der ein kühles Verhältnis zu Barack Obama und Hillary Clinton pflegt, in die machtpolitischen Karten. Ob Trump es bei aller gegenseitigen Lobhudelei zulässt, dass Putin in der Ostukraine weiter zündelt beziehungsweise den russischen Machtbereich ausweitet, muss abgewartet werden. Seine Strategen im Weißen Haus, State Department und Pentagon werden wohl etwas dagegen haben.

Viele Fragen - noch keine Antworten

Die Europäer müssen außen- und sicherheitspolitisch umdenken. Trump punktete bei den US-Wutbürgern mit den Slogans "Make America great again" und "America first". Das bedeutet auch, dass die Verbündeten der USA die Probleme vor ihrer Haustür selbst lösen und dementsprechend ihre Militärausgaben erhöhen müssen. Setzt Trump seine Ankündigungen um, dann sind auch Japan, Südkorea oder Saudi-Arabien gezwungen, sich in dieser Hinsicht Gedanken zu machen.  

Und es gibt weitere Fragen: Was passiert unter Präsident Trump mit der von Obama eingeleiteten Annäherung der USA an das sozialistische Kuba? Wie sehen die künftigen Beziehungen zum Iran aus - macht Trump das Atomabkommen mit Teheran rückgängig? Welche Strategien verfolgt seine Administration zum Irak, zu Afghanistan und dem zerfallenden Libyen? Wie entwickelt sich das amerikanisch-israelische Verhältnis weiter? Fährt Trump einen härteren Kurs gegenüber China beziehungsweise provoziert er einen Handelskrieg mit der zweitwichtigsten Volkswirtschaft der Welt? Baut er die Mauer an der Grenze zu Mexiko? Donald Trump muss zu diesen Fragen Antworten geben.

Die Tendenz, dass die USA nicht mehr Weltpolizist sein wollen, ist bereits unter Präsident Obama zu erkennen. Unter einem nationaler agierenden Donald Trump könnte sich daraus ein dynamischer, unkontrollierter Prozess entwickeln. Darauf müssen sich auch die Deutschen einstellen. Fakt ist: Bundeskanzlerin Angela Merkel bekommt nun einen weiteren schwierigen Gesprächspartner.

Quelle: ntv.de

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