Politik

Über Belarus-Route Illegale Einreise nach Deutschland nimmt ab

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Die Zahl der Menschen, die illegal über die Belarus-Route nach Deutschland einreisen, nimmt ab. Gleichzeitig spitzt sich die Lage am polnisch-belarussischen Grenzübergang Kuznica weiter zu. Derweil verschärft die EU Sanktionsvorgaben.

Die Zahl der via Belarus nach Deutschland einreisenden Migranten und Flüchtlinge sinkt. Laut vorläufigen Zahlen der Sicherheitsbehörden wurden von Freitag bis Sonntag insgesamt rund 225 unerlaubte Einreisen auf dieser Route registriert. Im gleichen Zeitraum waren in der Vorwoche noch fast 400 Ausländer eingereist, die sich zuvor in Belarus aufgehalten hatten. Ein Grund für den Rückgang sind nach Einschätzung der deutschen Behörden Maßnahmen des polnischen Grenzschutzes. Derweil verschärft sich die Situation an der polnisch-belarussischen Grenze, wo laut den polnischen Behörden Tausende Migranten an einem Grenzübergang zusammenkommen. Polen rechnet mit einem Sturm auf die Grenze. Unterdessen beschloss die EU verschärfte Sanktionsvorgaben gegen Minsk.

Drohnenaufnahme vom Grenzübergang Bruzgi-Kuznica Bialostocka an der belarussisch-polnischen Grenze.

Drohnenaufnahme vom Grenzübergang Bruzgi-Kuznica Bialostocka an der belarussisch-polnischen Grenze.

(Foto: via REUTERS)

Die in Belarus festsitzenden Migranten sollten auf einem sicheren Weg in ihre jeweiligen Heimatländer zurückkehren können - "das ist neben der jetzt anstehenden humanitären Hilfe, für diejenigen, die im Grenzgebiet sind, der richtige Weg", antwortete Regierungssprecher Steffen Seibert auf die Frage, ob es Überlegungen zur Aufnahme einiger dieser Menschen in Deutschland oder anderen EU-Staaten gebe.

Auch Bundesaußenminister Heiko Maas sprach sich dagegen aus, Geflüchtete aus dem EU-Grenzgebiet zu Belarus in Deutschland aufzunehmen. Maas nannte dies nach Beratungen mit seinen EU-Kollegen in Brüssel ein wichtiges Signal an Belarus und mögliche Nachahmer-Länder, "dass die EU nicht erpressbar ist". Er plädierte dafür, alle Menschen zurück in ihre Herkunftsländer zu bringen.

Die EU wirft dem autoritären belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko vor, Menschen aus Krisengebieten einschleusen zu lassen und sie dann in Richtung EU-Außengrenze zu drängen. Seit einer Woche warten Tausende Migranten im Grenzgebiet zwischen Polen und Belarus in der Kälte auf Hilfe. Sie stammen teilweise aus dem Irak, aus Afghanistan, Pakistan, Syrien und dem Jemen.

Migranten stehen vor Reihen polnischer Sicherheitskräfte.

Migranten stehen vor Reihen polnischer Sicherheitskräfte.

(Foto: via REUTERS)

"Belarus führt eine hybride Kampagne gegen die Einheit Europas und missbraucht das Leid der Flüchtlinge in einer menschenverachtenden Weise für politische Zwecke", sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes. Deutschland stehe hier "solidarisch an der Seite seiner Partner und Verbündeten".

Polen rechnet mit Sturm auf Grenze

Derweil wird die Lage im Grenzgebiet zwischen Polen und Belarus immer verzweifelter: An der EU-Außengrenze zwischen Polen und Belarus kommen nach polnischen Angaben auf der belarussischen Seite des Übergangs Kuznica immer mehr Migranten zusammen. Nach Angaben der Polizei seien dort mittlerweile rund 3500 Menschen versammelt, twitterte der Sprecher des Koordinators der Geheimdienste, Stanislaw Zaryn. Dazu postete er ein Video mit Luftaufnahmen. Sie zeigen eine große Menschenmenge bei den Abfertigungsanlagen des geschlossenen Grenzübergangs auf belarussischer Seite.

Das Verteidigungsministerium twittere, das Zeltlager in der Nähe sei praktisch leer. Den Angaben zufolge kommt es auch zu Provokationen durch belarussische Uniformierte. "Das Geräusch von Schüssen, vermutlich aus blinder Munition, gehört zu den alltäglichen Ereignissen, mit denen unsere Soldaten und Beamten fertig werden müssen." Polen bereite sich angesichts erwarteter Versuche von Grenzdurchbrüchen "auf jegliches Szenario" vor. Warschau wirft Minsk vor, die Menschen daran zu hindern, die Grenzregion zu verlassen.

"Immer mehr Gruppen von Migranten werden von belarussischen Truppen zum Grenzübergang Kuznica gebracht", teilte das polnische Verteidigungsministerium mit. Videos der polnischen Grenztruppen und des Militärs zeigten Hunderte Migranten vor Reihen polnischer Polizisten und Soldaten. Die Videos der polnischen Behörden konnten nicht unabhängig überprüft werden, da Journalisten der Zugang zu dem Grenzgebiet verwehrt ist.

EU stellt Instrumentalisierung von Migranten unter Strafe

In Brüssel beschlossen die EU-Außenminister eine weitere Verschärfung der Sanktionsvorgaben. Damit kann die EU nun auch "die Instrumentalisierung von Migranten für politische Zwecke" unter Strafe stellen. Die neuen Strafmaßnahmen sollen Fluggesellschaften, Reisebüros und andere Verantwortliche treffen, die sich an Schleusungen beteiligen. Die genaue Sanktionsliste soll laut Diplomaten in den kommenden Wochen ausgearbeitet werden.

Bundesaußenminister Heiko Maas drohte damit, Fluggesellschaften aus Drittländern die Überflug- und Landegenehmigungen in Europa zu entziehen. Für die belarussischen Airlines hatte die EU bereits im Mai ein entsprechendes Verbot verhängt.

Lukaschenko kündigte an, sein Land bemühe sich um die Rückführung der Flüchtlinge in ihre Heimatländer. Allerdings seien "diese Leute sehr stur", keiner wolle zurückkehren. Belarus wolle nicht, dass sich die Situation an der Grenze zu einem "Konflikt" mit Polen ausweite, versicherte Lukaschenko.

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Zugleich sagte er, Belarus könne auch ein Angebot der Stadt München annehmen, die Flüchtlinge mit der staatlichen Airline Belavia direkt nach Deutschland zu fliegen, sollte Polen keinen "humanitären Korridor" zur Verfügung stellen. Die Organisation einer "Flüchtlingsbewegung" durch Belarus wäre für sein Land teurer. Er berief sich auf ein Angebot der Stadt München, Geflüchtete aus dem polnisch-belarussischen Grenzgebiet aufzunehmen.

Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis sagte in Brüssel, er habe "keinen Grund", Lukaschenkos Worten zu einer Rückführung von Flüchtlingen in ihre Heimatländer Glauben zu schenken. "Lassen Sie uns einfach hoffen, dass er diesmal etwas Wahres sagt." Nach Angaben von Hilfsorganisationen starben bereits zehn Migranten. Sie warnten vor einer humanitären Krise angesichts von Temperaturen unter dem Gefrierpunkt.

Quelle: ntv.de, hul/dpa/AFP

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