Flüchtlingsstreit mit Minsk Irak will Migranten aus Belarus zurückholen
15.11.2021, 09:38 Uhr
Die EU wirft Belarus vor, absichtlich Menschen aus dem Nahen Osten ins Grenzgebiet zu befördern, um Druck auf Brüssel auszuüben.
(Foto: picture alliance/dpa/BelTA-Pool/AP)
Bei klirrender Kälte harren Tausende Flüchtlinge im Grenzgebiet zwischen Polen und Belarus aus. Hilfsorganisationen warnen vor einer humanitären Katastrophe. Nun könnte sich die Lage etwas entspannen: Der Irak will eigene Staatsbürger zurück in die Heimat fliegen.
Die irakische Regierung hat einen ersten Flug zur Rückführung von Migranten an der belarussisch-polnischen Grenze angekündigt. Irakische Staatsbürger könnten am Donnerstag auf "freiwilliger" Basis in ihre Heimat zurückkehren, sagte Außenamtssprecher Ahmed al-Sahaf im irakischen Fernsehen. Die irakischen Behörden hätten im Grenzgebiet "571 Iraker registriert", die sich bereit erklärt hätten, freiwillig in ihre Heimat zurückzukehren.
Zuvor hatte die private syrische Fluggesellschaft Cham Wings ihre Flüge nach Belarus wegen der Flüchtlingskrise eingestellt. Die türkische Regierung hatte Menschen aus Syrien, dem Irak und dem Jemen die Weiterreise nach Belarus verboten. Der Flugverkehr zwischen Bagdad und Minsk wurde bereits im August eingestellt.
Tausende Menschen vor allem aus dem Nahen Osten sitzen derzeit bei Temperaturen um den Gefrierpunkt im belarussisch-polnischen Grenzgebiet fest. Die EU wirft dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko vor, absichtlich Menschen aus dem Nahen Osten in die EU zu schleusen, um so Vergeltung für Brüsseler Sanktionsbeschlüsse zu üben. Hilfsorganisationen warnen vor einer humanitären Katastrophe, sollten die Migranten noch länger dort festsitzen. Bislang sind bereits über zehn Menschen gestorben.
Die polnischen Behörden riegeln die Grenze bislang ab und haben mit dem Bau einer befestigten Grenzschutzanlage begonnen. Zuletzt äußerte Warschau die Befürchtung, belarussische Sicherheitskräfte bereiteten die Migranten auf einen Durchbruch der Sperranlage vor. Unter den Flüchtlingen hatte sich offenbar das Gerücht verbreitet, zu Wochenbeginn werde die Grenze geöffnet und die Menschen weiter nach Deutschland gelassen. Sowohl Polen als auch die Bundesregierung dementierten dies von offizieller Seite.
Angesichts des Flüchtlingsandrangs an der Grenze beraten die Außenminister der EU-Mitgliedsländer heute über neue Sanktionen. Nach Angaben von Bundesaußenminister Heiko Maas sollen die Sanktionen auf Menschen erweitert werden, "die mittelbar oder unmittelbar" die Schleusungen von Migranten nach Belarus unterstützen. Fluggesellschaften, die sich weiter am Transport von Flüchtlingen über Belarus beteiligten, könnten nach den Worten von Maas Überflugrechte und Landegenehmigungen in der EU entzogen werden.
Quelle: ntv.de, jpe/AFP/dpa