Verurteilt Kriegsverbrechen Scholz kündigt weitere Sanktionen an
03.04.2022, 16:21 Uhr
In Butscha bei Kiew haben die inzwischen vertriebenen russischen Truppen vermutlich etliche Kriegsverbechen verübt.
(Foto: REUTERS)
Kanzler Scholz wirft Russland Kriegsverbrechen vor und verurteilt die "Ermordung von Zivilisten" in Butscha. Gleichzeitig kündigt er weitere Sanktionen gegen Russland an. Ab morgen will der Westen darüber beraten.
Nach den Berichten über die Tötung zahlreicher Zivilisten während der russischen Besatzung des Kiewer Vororts Butscha hat Bundeskanzler Olaf Scholz weitere Sanktionen gegen Moskau angekündigt. "Die Ermordung von Zivilisten ist ein Kriegsverbrechen", sagte der SPD-Politiker am Abend in Berlin. "Diese Verbrechen der russischen Streitkräfte müssen wir schonungslos aufklären." Außenministerin Annalena Baerbock twitterte: "Die Bilder aus Butscha sind unerträglich." Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erklärte: "Die von Russland verübten Kriegsverbrechen sind vor den Augen der Welt sichtbar."
Die Täter und die Auftraggeber der "Gräueltaten" müssten "zur Rechenschaft gezogen werden", sagte Scholz weiter. "Wir werden im Kreis der Verbündeten in den nächsten Tagen weitere Maßnahmen beschließen. Russlands Präsident Wladimir Putin und seine Unterstützer "werden die Folgen spüren, und wir werden der Ukraine weiterhin Waffen zur Verfügung stellen, damit sie sich gegen die russische Invasion verteidigen kann", betonte der Kanzler. Zuvor hatte er Russland zum wiederholten Male aufgefordert, "endlich in einen Waffenstillstand einzuwilligen und die Kampfhandlungen einzustellen". "Ich verlange, dass internationale Organisationen wie das Internationale Komitee vom Roten Kreuz Zugang erhalten zu diesen Gebieten, um die Gräueltaten unabhängig zu dokumentieren", so Scholz weiter.
Die angekündigten weiteren EU-Sanktionen gegen Russland werden nach den Worten von Wirtschaftsminister Robert Habeck zügig kommen. "Schnell, noch diese Woche", sagte der Grünen-Politiker am Abend im ZDF. Das dann fünfte Sanktionspaket könne Maßnahmen umfassen "in der ganzen Bandbreite von persönlichen Sanktionen gegen weitere Menschen aus dem Putin-Regime über technische Güter. Den Finanzmarkt werden wir uns auch noch einmal anschauen". Bundesfinanzminister Christian Linder twitterte, die Bilder aus Butscha "belegen erneut den verbrecherischen Charakter des Krieges". "Gemeinsam mit unseren Partnern werden wir ab morgen beraten, wie die Sanktionen gegen Putin weiter verschärft werden können", schrieb er weiter.
Baerbock forderte eine strafrechtliche Verfolgung von russischen Kriegsverbrechen in der Ukraine. "Putins hemmungslose Gewalt löscht unschuldige Familien aus und kennt keine Grenzen", sagte sie mit Blick auf Russlands Präsident Wladimir Putin. "Die Verantwortlichen für diese Kriegsverbrechen müssen zur Rechenschaft gezogen werden." Baerbock sagte der Ukraine zu, sie "noch stärker bei ihrer Verteidigung (zu) unterstützen".
EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen zeigte sich entsetzt. "Eine unabhängige Untersuchung ist dringend erforderlich", twitterte sie. Zugleich versicherte sie, dass die Verantwortlichen für Kriegsverbrechen zur Rechenschaft gezogen würden.
Blinken: Schlag in die Magengrube
US-Außenminister Antony Blinken sagte bei CNN, die Bilder von toten Ukrainern in Butscha kämen einem Schlag in die Magengrube gleich. Strategisch habe Russland in der Ukraine eine Niederlage erlitten. Er verwies darauf, dass die US-Regierung bereits im vergangenen Monat zu dem Schluss gekommen sei, dass russische Truppen in der Ukraine Kriegsverbrechen begingen. "Das ist die Realität, die sich jeden Tag abspielt, solange Russlands Brutalität gegen die Ukraine anhält. Deshalb muss es ein Ende haben."
In Butscha nahe der ukrainischen Hauptstadt Kiew waren nach dem Rückzug der russischen Armee zahlreiche Tote gefunden worden. Die ukrainische Staatsanwaltschaft teilte mit, nach dem Abzug der russischen Truppen aus dem Großraum Kiew seien in dem Gebiet mehr als 400 tote Zivilisten gefunden worden. Der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak teilte auf Twitter ein Foto, auf dem erschossene Männer zu sehen waren. Einem waren die Hände auf dem Rücken gefesselt. Die Echtheit konnte nicht unabhängig geprüft werden. Podoljak schrieb dazu: "Sie waren nicht beim Militär, sie hatten keine Waffen, sie stellten keine Bedrohung dar."
Die EU hat wegen des seit mehr als fünf Wochen dauernden Angriffskriegs bereits beispiellose Sanktionen gegen Russland verhängt, auch gegen Präsident Wladimir Putin persönlich.
Quelle: ntv.de, jwu/dpa/AFP/rts