Nach "Massaker" von Butscha EU will russische Gräueltaten vor Gericht bringen
03.04.2022, 11:55 Uhr
Das Bild der Zerstörung, verursacht offenbar durch die russischen Truppen.
(Foto: REUTERS)
Die Europäische Union will nach Angaben von Ratspräsident Charles Michel die Untersuchung von "Gräueltaten" der russischen Armee in Vororten von Kiew unterstützen. Michel teilt via Twitter mit, wie "erschüttert" er über Bilder aus dem ukrainischen Ort Butscha ist und spricht von einem "Massaker".
EU-Ratspräsident Charles Michel macht Russland für Gräueltaten in der Umgebung der ukrainischen Hauptstadt Kiew verantwortlich. Der belgische Politiker warf den russischen Truppen via Twitter vor, in der Vorortgemeinde Butscha ein "Massaker" angerichtet zu haben. Er sei "erschüttert" über die Bilder. Die EU werde beim Sammeln von notwendigen Beweisen helfen, um die Verantwortlichen vor internationale Gerichte stellen zu können. Zugleich kündigte er weitere EU-Sanktionen gegen Russland und Unterstützung für die Ukraine an.
Mit der Rückeroberung der Region um Kiew hatte sich der ukrainischen Armee nach wochenlangen Kämpfen ein Bild des Schreckens geboten. In Butscha wurden nach dem Abzug der russischen Soldaten zahlreiche Leichen auf den Straßen entdeckt, wie Reporter berichteten. Es soll sich dabei überwiegend um Zivilisten handeln. Viele von ihnen seien von russischen Soldaten erschossen worden, twitterte der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak. "Sie waren nicht beim Militär, sie hatten keine Waffen, sie stellten keine Bedrohung dar", schrieb er. "Wie viele derartige Fälle ereignen sich gerade in den besetzten Gebieten?"
Die Behörden beerdigten unterdessen rund 280 Zivilisten in Butscha in einem Massengrab. Die Leichen konnten während der russischen Besatzungszeit nicht beigesetzt werden, verlautete nach Angaben der "Ukrajinska Prawda" aus der Verwaltung. Auf einem Foto, das Präsidentenberater Podoljak in seinem Tweet teilte, waren erschossene Männer zu sehen, bei einem von ihnen waren die Hände auf dem Rücken gefesselt. Die Echtheit des Bildes konnte indes nicht unabhängig geprüft werden. Auch weitere Berichte ukrainischer Medien über die Gräueltaten konnten nicht unabhängig bestätigt waren. Butscha war durch die russischen Angriffe massiv verwüstet worden. Wohnhäuser wurden durch Granatenbeschuss beschädigt, und auf den Straßen waren zerstörte Autos zu sehen.
"Irpin, Butscha, Hostomel und die gesamte Region Kiew wurden von den Invasoren befreit", hatte die Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar am Samstag auf Facebook geschrieben. Die russischen Streitkräfte hätten "eine totale Katastrophe und zahlreiche Gefahren" hinterlassen, schrieb Präsident Wolodymyr Selenskyj ebenfalls bei Facebook. Er warnte vor vermintem Gebiet und weiteren Luftangriffen. Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko wirft Russland offen Kriegsverbrechen vor. "Das, was in Butscha und anderen Vororten von Kiew passiert ist, kann man nur als Völkermord bezeichnen", sagte er der "Bild"-Zeitung. Es seien grausame Kriegsverbrechen, die Präsident Wladimir Putin zu verantworten habe.
Auch der ukrainische Außenminister Dymtro Kuleba wirft Russland Kriegsverbrechen vor. "Das Massaker in Butscha war beabsichtigt", schreibt er auf Twitter. Die russischen Truppen zielten darauf, so viele Ukrainer wie möglich zu töten. Kuleba fordert neue Sanktionen der G7 sowie ein sofortiges Öl-, Gas- und Kohleembargo, das Schließen aller Häfen für russische Waren und das Abtrennen aller russischen Banken vom Zahlungssystem Swift.
Quelle: ntv.de, tno/AFP/rts/dpa