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Blockade von Ukraine-Hilfen Trump bringt seine Partei telefonisch auf Linie

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Da war er noch Präsident, und er will es wieder werden: Donald Trump am Telefon.

Da war er noch Präsident, und er will es wieder werden: Donald Trump am Telefon.

(Foto: AP)

Der Deal ist fragwürdig, aber praktikabel: Die Republikaner wollen die US-Südgrenze dichtmachen, dafür würden sie die Ukraine weiterhin gegen Russland unterstützen. Wäre da nicht Donald Trump. Texas stellt zugleich die USA infrage.

Was haben die US-Südgrenze und die Ukraine gemeinsam? Ihre Zukunft ist abhängig vom Kongress in Washington, D.C. - und davon, was Ex-Präsident Donald Trump in seinem Rachefeldzug gegen die Demokraten für opportun hält. Ohne noch strengeres Durchgreifen an der Grenze keine neuen Hilfen für den Krieg in Europa, das ist die Grundhaltung der Republikaner. Die Fronten sind ziemlich klar. Doch der Wahlkampf ums Weiße Haus spielt für den Kuhhandel eine wichtige Rolle.

Auf der einen Seite steht Präsident Joe Biden. Dessen Überzeugung folgen die Demokraten: Eine Niederlage der Ukraine im Verteidigungskrieg gegen die russischen Invasoren würde demnach einen globalen Dominoeffekt auslösen, in dem autokratisch regierte Länder sich bestärkt fühlen könnten, dass niemand, auch nicht die Vereinigten Staaten, ihren Begehrlichkeiten etwas entgegensetzen wird. China könnte Taiwan angreifen, Russland eines Tages das Baltikum, und so weiter. Also will die US-Regierung der Ukraine unbedingt weiter mit Militärhilfen und Geld unter die Arme greifen. Die bislang letzten Hilfen wurde Ende 2023 geliefert.

Auf der anderen Seite stehen die Republikaner, die ihre Zustimmung zu neuen Ukraine-Hilfen von drastischen neuen Abschottungsmaßnahmen an der Südgrenze zu Mexiko abhängig machen. Im vergangenen Jahr kamen dort so viele Menschen wie nie abseits der offiziellen Übergänge in die Vereinigten Staaten, mehr als 2,5 Millionen. Auch der Dezember 2023 markierte einen einsamen Monatsrekord. Das verkompliziert die Lage für Biden, der bei den Wählern ohnehin nicht besonders beliebt ist, dramatisch.

Container und NATO-Draht - so versucht die texanische Nationalgarde, die Migranten davon abzuhalten, US-amerikanischen Boden zu betreten.

Container und NATO-Draht - so versucht die texanische Nationalgarde, die Migranten davon abzuhalten, US-amerikanischen Boden zu betreten.

(Foto: REUTERS)

"Wir wissen schon lange, dass die Grenze nicht funktioniert", teilte der Präsident vergangene Woche mit. Nach mehr als zwei Monaten seien die Verhandlungen mit den Republikanern im Kongress über ein neues Gesetz abgeschlossen: "Es würde mir als Präsident im Notfall ermöglichen, die Grenze dichtzumachen." Was er auch tun werde. "Falls ihr die Krise ernst nehmt, verabschiedet ein Gesetz und ich werde es unterschreiben", versicherte Biden. Darin ist vorgesehen, dass bei mehr als 35.000 Übertritten pro Woche die Grenzbehörde keine weiteren Migranten mehr ins Land lassen darf. Dies käme einer maximalen jährlichen Obergrenze von 1,8 Millionen Menschen gleich.

Trumps langer Arm in den Kongress

Die Abstimmung sollte in dieser Woche stattfinden. Doch vorher griff Donald Trump zum Telefon. Er drängte Abgeordnete im Repräsentantenhaus, die Übereinkunft zu blockieren. Dort haben die Republikaner eine Mehrheit, im Senat die Demokraten. Der Ex-Präsident greift mit seinem langen Arm schon neun Monate vor der Wahl aktiv ins Tagesgeschehen im Kongress ein. Dabei ist bisher nicht beschlossen, dass er wirklich Kandidat ist, geschweige denn, ob er die Republikaner tatsächlich zurück in die Regierung bringen kann.

Trumps Kalkül: Solange es an der Grenze rund geht, können er und die Republikaner damit Wahlkampf machen und mit dem Finger auf Biden zeigen. Die schlechte Presse für den Präsidenten gibt es gratis. Nicht nur Demokraten, selbst manchen Republikanern ist das zu dreckig. "Die Grenze ist für Donald Trump eine sehr wichtige Angelegenheit", sagte der republikanische Senator Mitt Romney, ein ausgesprochener Gegner des Ex-Präsidenten: "Dass er sich mit republikanischen Senatoren und Abgeordneten in Verbindung setzt, um uns zu sagen, dass er das Grenzproblem nicht lösen will, weil er dann Biden beschuldigen kann, ist wirklich erschreckend."

Biden sei verantwortlich für die Lage an der Südgrenze, sagten in den vergangenen Tagen in einer Umfrage 60 Prozent der Wähler aus den sieben Bundesstaaten, die als Schlüssel für einen Wahlerfolg im November angesehen werden. Die dortigen Umfragen kombiniert liegt Biden derzeit 6 Prozent hinter Trump. Landesweit sind nur 18 Prozent der Wähler laut einer Umfrage von ABC News/"Washington Post" mit Bidens Grenzpolitik zufrieden. So schlecht stand kein anderer Präsident seit 2004 da, seitdem die Frage gestellt wird. Zwei Drittel der Wähler halten Immigration für eines der wichtigsten Themen der Präsidentschaftswahl.

Renitentes Texas und 25 Unterstützer

Außerhalb Washingtons haben sich nicht wenige auf Trumps Seite geschlagen. Die Grenzsicherung ist Sache der Regierung und ihrer Institutionen - eigentlich. Doch Texas geht seit März 2021 seinen eigenen Weg. In der "Operation Lone Star" hat der republikanische Gouverneur Greg Abbott seither 4 Milliarden US-Dollar für zusätzliche Grenzanlagen und -personal ausgegeben. "Wir fragen nicht nach Erlaubnis", teilte Abbott mit. Tausende Nationalgardisten sind am Grenzfluss Rio Grande im Einsatz, zogen ohne Genehmigung aus der Hauptstadt zunächst mindestens 60 Meilen lang Klingendraht am Ufer ein, um Migranten vom Übertritt abzuhalten. Die verletzen sich daran - aber es gibt keine Zahlen dazu, ob die Anlagen sie wirklich abschrecken.

Im Juli beschwerte sich ein Grenzer, er sei angewiesen worden, Migranten mit Müttern und Kindern wieder zurück in den Fluss zu stoßen, statt sie zu registrieren, "damit sie zurück nach Mexiko gehen". Die Nationalgarde installierte danach schwimmende Grenzbefestigungen im Fluss. Kurz vor Weihnachten unterzeichnete Abbott ein neues Gesetz: Der Übertritt von Mexiko nach Texas ist seither ein Verbrechen. Trump hatte zuvor gesagt, Immigranten würden "das Blut unseres Landes vergiften". Ein Aufschrei folgte, dem Ex-Präsidenten wurde Nazi-Rhetorik vorgeworfen.

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Zuletzt äußerten die republikanischen Gouverneure von 25 anderen Bundesstaaten ihre Unterstützung für Abbott und Texas' eigenmächtiges Handeln. Dabei hatte sogar der konservativ dominierte Supreme Court einen Tag zuvor entschieden: "Operation Lone Star" sei verfassungswidrig, in Grenzangelegenheiten sei Washington verantwortlich. Die Bundesbehörden könnten die eigenmächtig installierten Grenzanlagen wieder entfernen.

Doch die Reaktion ließ Historiker sich die Augen reiben. Abbott ignorierte das Urteil des Obersten Gerichts und behauptete, die Regierung in Washington habe "den Pakt mit den Bundesstaaten gebrochen", weshalb Texas "das Recht auf Selbstverteidigung" habe; ähnlich wie die Sezessionsstaaten vor dem Bürgerkrieg mit dem Norden vor mehr als 160 Jahren. Eine politische Lösung ist durch Bidens Ankündigung zwar in Aussicht, sowohl für die Grenze als auch neue Ukraine-Hilfen. Aber Trump macht eben Wahlkampf.

Quelle: ntv.de

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