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Ukraine auf dem Weg in die NATO Was Putin sagt, ist ganz egal

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Putin am Dienstag bei einem Treffen mit einem russischen Bank-Vorstandschef.

Putin am Dienstag bei einem Treffen mit einem russischen Bank-Vorstandschef.

(Foto: IMAGO/ITAR-TASS)

Russland sieht eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine als Bedrohung seiner Sicherheit. Dieses Argument war schon immer fadenscheinig. Durch die russische Invasion ins Nachbarland ist es komplett lächerlich geworden.

Dass jeder Staat frei entscheiden kann, ob er einem Bündnis beitritt und welches das dann ist, sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Für Russland ist es das nicht: Einer der vielen immer wieder wechselnden Gründe, mit denen der russische Präsident Wladimir Putin den Überfall auf die Ukraine gerechtfertigt hat, war eine Ausdehnung der NATO auf das Gebiet des Landes, das Wladimir Putin wahlweise als seinen Hinterhof ansieht oder als russisches Stammland.

"Selbstverständlich hat jedes Land das Recht, sich für das Sicherheitssystem seiner Wahl zu entscheiden und militärische Bündnisse einzugehen", sagte Putin ein paar Tage vor der russischen Invasion. Er schränkte ein, es gebe aber das "Prinzip der gleichen und unteilbaren Sicherheit". Soll heißen: Sicherheit für den einen Staat dürfe keine Bedrohung für andere Staaten darstellen. Aus Putins Sicht wäre das bei einem Beitritt der Ukraine zur NATO der Fall.

Diese Argumentation war schon immer höchst fadenscheinig: Es gibt kein Recht auf Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten. Der Westen hat trotzdem jahrelang auf diese Befindlichkeiten Rücksicht genommen; noch kurz vor Kriegsbeginn argumentierte Bundeskanzler Olaf Scholz bei einem Besuch in Moskau, die Aufnahme der Ukraine stehe doch gar "nicht auf der Tagesordnung", das wisse auch jeder. Putin hat das nicht interessiert.

Dass die Ukraine Schutz braucht, ist offensichtlich

Mit dem russischen Überfall auf die Ukraine, mit dem Vernichtungskrieg, den Russland gegen sein angebliches Brudervolk führt, mit den Kriegsverbrechen, den Zerstörungen und den Angriffen auf zivile Ziele ist Putins Argument der "unteilbaren Sicherheit" komplett lächerlich geworden. Es ist offensichtlich, dass die Ukraine Schutz vor einem imperialistischen Aggressor braucht, auch nach dem Ende dieses Kriegs, wann immer das sein wird. Das ist übrigens auch im deutschen Interesse - nicht nur, weil Kriege Fluchtbewegungen auslösen, sondern auch, weil es sonst keine Stabilität in Europa gibt.

Noch während des NATO-Gipfels in Vilnius hat Russland das Argument der unteilbaren Sicherheit erneut vorgebracht, kombiniert mit einer Drohung: Wenn die G7-Staaten der Ukraine Zusagen gäben, "verletzen sie Russlands Sicherheit", behauptete Kremlsprecher Dmitri Peskow. So werde Europa "für viele, viele Jahre noch viel gefährlicher".

Aus ukrainischer Sicht liegt es dennoch nahe, den NATO-Beschluss von Vilnius als abermalige Rücksichtnahme auf Russland zu lesen - entsprechend hatte sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj geäußert. Er beklagte sich darüber, dass das Verhalten der Staats- und Regierungschefs der NATO darauf hindeute, dass sie die Mitgliedschaft seines Landes als Druckmittel für eventuelle Verhandlungen mit Russland nutzen wollten.

Allein ein Thema zwischen Kiew und der NATO

Er lag damit nicht komplett falsch: In Vilnius wurde diskutiert, ob es im NATO-Beschluss heißen solle, dass eine Einladung an die Ukraine ergeht, "wenn die Bedingungen das erlauben". Diese Formulierung hätte bedeutet, dass die Umstände insgesamt stimmen müssen, dass also vielleicht auch an Russland gedacht werden sollte. Gewählt wurde schließlich aber eine andere Wortwahl: "wenn die Bündnispartner zustimmen und die Bedingungen erfüllt sind". Das bedeutet, dass es allein an der Ukraine liegt, ob sie die Bedingungen für einen NATO-Beitritt erfüllt.

Auf Nachfrage machte Scholz deutlich, dass Putin bei diesem Thema keine Mitsprache hat: Die Frage der NATO-Mitgliedschaft werde "kein Gegenstand sein, der anderen zur Disposition steht", sagte der Kanzler in Vilnius. "Russland wird da nicht drüber verfügen können", das sei "sehr klar".

Natürlich ändert das nichts daran, dass die Ukraine erst dann der NATO beitreten kann, wenn der Krieg zu Ende ist. Es ändert auch nichts daran, dass Kiew noch einige Reformen zu bewältigen hat und dass jeder Beitritt einstimmig von den Mitgliedstaaten genehmigt werden muss - man denke nur an Ungarn. Dennoch ist der Beschluss eindeutig: Ob die Ukraine NATO-Mitglied wird, ist allein ein Thema zwischen der NATO und Kiew. Was der Imperialist im Kreml dazu sagt, darf dabei keine Rolle spielen.

Quelle: ntv.de

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