470 statt 810 Prozent Berlin senkt Hebesatz für reformierte Grundsteuer drastisch
21.02.2024, 15:05 Uhr Artikel anhören
Noch immer ist auch für Berliner Immobilienbesitzer ungewiss, wie hoch die Grundsteuer ab 2025 ausfallen wird.
(Foto: picture alliance/dpa)
Noch immer fehlen landauf, landab gut eine Million Grundsteuererklärungen. Trotzdem geht das Land Berlin bei der Reform der für Immobilienbesitzer unliebsamen Abgabe den nächsten Schritt. Um übergroße Härten zu vermeiden, senkt der Senat den Hebesatz zur Berechnung der Steuer auf fast die Hälfte.
Im Zuge der Grundsteuerreform im kommenden Jahr senkt Berlin den sogenannten Hebesatz deutlich. Wie Finanzsenator Stefan Evers mitteilte, beträgt er künftig 470 statt 810 Prozent. Der Schritt sei notwendig, um untragbare Belastungen für Grundstückseigentümer und Mieter durch die Neuregelung der Grundsteuer zu vermeiden, sagte der CDU-Politiker.
Die Grundsteuer wird bundesweit auf Anordnung des Bundesverfassungsgerichts reformiert, ab 2025 gelten neue Berechnungsgrundlagen. Grundstücks- und Immobilieneigentümer wurden verpflichtet, dazu Erklärungen mit einer Vielzahl von Informationen abzugeben. Auf dieser Basis erließ die Steuerverwaltung sogenannte Grundsteuerwertbescheide.
Über die tatsächliche Grundsteuerbelastung sagt das aber noch nichts. Denn dazu müssen noch der Hebesatz und die sogenannte Messzahl zusätzlich einberechnet werden. Und auch bei letzterem Wert ändert sich 2025 etwas: Um eine höhere Belastung von Wohngrundstücken im Vergleich zu anderen Flächen zu vermeiden, wird die Steuermesszahl zugunsten bewohnter Grundstücke verändert, wie Evers erläuterte.
Manche Länder schätzen, falls keine Erklärung vorliegt
Der Senator unterstrich erneut, dass das Ziel der Grundsteuerreform mehr Gerechtigkeit sei. Es gehe ausdrücklich nicht darum, die Einnahmen des Staates zu steigern. Die Grundsteuer gehört zu den wichtigsten Einnahmequellen der Kommunen. In Berlin lag das Aufkommen im vergangenen Jahr bei rund 860 Millionen Euro.
Erst vor wenigen Wochen ergab eine Umfrage der dpa bei den Finanzbehörden der Bundesländer, dass rund ein Jahr nach Ablauf der Abgabefristen noch mehr als eine Million Grundsteuererklärungen fehlten. Bis Mitte Januar fehlten in Niedersachsen und Baden-Württemberg beispielsweise jeweils noch rund 250.000 Erklärungen und in Brandenburg etwa 150.000. In Bayern wurden zum Jahreswechsel rund 6,2 von 6,5 Millionen notwendigen Erklärungen abgegeben. In Rheinland-Pfalz fehlten Ende vergangenen Jahres noch rund 245.000 Dokumente und in Thüringen etwa 100.000. In Hessen fehlten zuletzt noch mehr als 60.000 Erklärungen, in Sachsen und Sachsen-Anhalt waren es jeweils rund 50.000.
Aus Nordrhein-Westfalen hieß es, dass etwa 94 Prozent der Erklärungen bei den Finanzämtern eingegangen sind. Mehr als fünf Prozent wurden zudem bislang geschätzt, wie die Oberfinanzdirektion mitteilte. Somit würden für fast alle Grundstücke im bevölkerungsreichsten Bundesland Daten vorliegen. Wenn die Angaben nach einiger Zeit nicht vorliegen, werden diese in Deutschland mancherorts geschätzt. Mehrere Finanzressorts wiesen darauf hin, dass die Zahl der fehlenden Erklärungen noch größer sein könnte, da manche mehrfach eingingen. Eigentümer müssten mit Verspätungszuschlägen rechnen, sofern sie ihre Angaben nicht einreichten.
36 Millionen Grundstücke werden neu bewertet
Ursprünglich war als Abgabefrist der Grundsteuererklärung Ende Oktober 2022 gesetzt gewesen. Wegen des schleppenden Eingangs wurde die Frist aber in fast allen Bundesländern bis Ende Januar 2023 verlängert - in Bayern bis zum Frühjahr vergangenen Jahres. Wer seine Erklärung nicht rechtzeitig abgab, erhielt in vielen Bundesländern ein Erinnerungsschreiben. Bundesweit waren dies mehrere Millionen Schreiben, wie aus den Zahlen der Finanzministerien hervorgeht.
Die Reform geht auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 2018 zurück, wonach die bisherige Bemessungsgrundlage in Deutschland verfassungswidrig ist. Bis zuletzt kalkulierten die Finanzämter den Wert einer Immobilie auf Grundlage völlig veralteter Daten (West 1964, Ost 1935). Trotz der vielfach fehlenden Erklärungen gingen die Finanzressorts davon aus, dass der Beginn der neuen Berechnung eingehalten werden kann.
Für die Berechnung müssen laut Bundesfinanzministerium rund 36 Millionen Grundstücke in Deutschland neu bewertet werden. Das geschieht auf Grundlage von Angaben, die Eigentümer einreichen müssen. Dies geht etwa über das Meldeportal Elster, das viele bereits von Steuererklärungen kennen. Für die Kommunen ist die Grundsteuer eine der wichtigsten Einnahmequellen. Eigentümer können die Grundsteuer über die Nebenkosten an Vermieter weiterreichen. Laut Bundesfinanzministerium wird die Grundsteuer zu je einem Viertel Mitte Februar, Mai, August und November fällig. Auf Antrag könne die Steuer auch in einem Betrag gezahlt werden. Bundesweit wurden bislang Millionen neue Grundsteuermessbescheide von den Finanzämtern an die Eigentümer und Kommunen verschickt.
Quelle: ntv.de, jog/dpa