Vorzugsbehandlung für Sinner? Djokovic "wirklich frustriert" von Doping-Aufarbeitung
29.12.2024, 13:48 Uhr
Djokovic glaubt Sinner seine Erklärung für den positiven Dopingtest, ist aber genervt vom System.
(Foto: picture alliance / ipa-agency)
Mit Jannik Sinner und Iga Swiatek sind gleich zwei Tennis-Superstars des Dopings überführt. Beide kommen jedoch überaus glimpflich davon - und es gibt viele Unklarheiten bei der Vorgehensweise. Das erzürnt weitere Größen des Sports.
Novak Djokovic und Nick Kyrgios haben nach den jüngsten Fällen um Jannik Sinner und Iga Swiatek den Umgang mit Dopingsperren im Tennissport scharf kritisiert. Olympiasieger Djokovic stellt "die Funktionsweise des Systems infrage", Kyrgios sieht sogar "die Integrität des Tennissports gefährdet". Der Australier bezog sich damit vor allem auf den Fall Sinner. "Ich denke einfach, dass es in unserem Sport schrecklich gehandhabt wurde", sagte Kyrgios. Jeder wisse es, "aber niemand möchte darüber sprechen."
Der Weltranglistenerste Sinner war im März zweimal positiv auf Clostebol getestet worden. Die zuständige International Tennis Integrity Agency (ITIA) akzeptierte jedoch sein Argument, dass das Steroid unabsichtlich in seinen Körper gelangt sei. Er wurde nicht suspendiert. Die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) legte daraufhin beim Internationalen Sportgerichtshof CAS Berufung ein, ein Urteil steht noch aus. Swiatek wurde im August als Nummer eins in einer Probe außerhalb von Wettkämpfen positiv auf das Herzmedikament Trimetazidin getestet. Wie bei Sinner akzeptierte die ITIA, dass Swiateks Verstoß nicht vorsätzlich war, sie erhielt nur eine einmonatige Sperre.
Wird Sinner noch gesperrt?
"Warum werden bestimmte Spieler nicht gleich behandelt wie andere Spieler?", fragte Djokovic und lieferte gleich mögliche Antworten mit: "Vielleicht gibt es Gründe wegen der Rangliste oder vielleicht haben andere mehr finanzielle Unterstützung oder bessere juristische Hilfe." Zugleich bemängelte er mangelnde Transparenz: "Einige unserer Spieler warten seit über einem Jahr auf die Lösung ihres Falles."
Er habe Sinner geglaubt, als dieser sagte, er sei aufgrund einer Verunreinigung durch seinen Physiotherapeuten positiv getestet worden, meinte aber, die Spieler seien während des gesamten Prozesses nicht informiert worden. "Ich war wirklich frustriert, wie die meisten anderen Spieler auch, dass wir fünf Monate lang im Dunkeln gelassen wurden", sagte Djokovic. Sinner hatte die Nachricht vom positiven Test im April erhalten, aber erst im August, kurz vor den US Open, wurde der Fall offiziell bekannt gegeben. Einen Grund für die Verzögerung sei von der ATP nicht genannt worden.
Zudem dürfte die Verunreinigung durch einen Physiotherapeuten, der das Steroid an den Händen hatte, Sinner nicht von seiner Verantwortung befreien, so Doping-Experte Fritz Sörgel bei "Münchner Merkur/tz": "Verantwortung lässt sich nicht abgeben. Er muss sich um seine Entourage kümmern, da beißt die Maus keinen Faden ab." Dem deutschen Pharmakologen zufolge müsse der Italiener nachträglich gesperrt werden. "Sinner wird bestraft werden müssen, weil er verantwortlich ist, was in seinen Körper kommt. Da hilft es auch nichts, wenn wirklich der Physio etwas an den Händen hatte."
Djokovic und Kyrgios treten in Brisbane ab Montag gemeinsam im Doppel an. Für den exzentrischen Australier ist es das Comeback nach langer Verletzungspause, er hat 2024 kein Match bestritten, 2023 nur eines in Stuttgart. Djokovic und Kyrgios hatten 2022 im Wimbledonfinale gestanden, damals siegte der Serbe.
Quelle: ntv.de, ara/sid