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Zum achten Mal im Super Bowl "GOAT" Brady ist das ewige NFL-Monster

"The Greatest Of All Times".

"The Greatest Of All Times".

(Foto: AP)

Wer die New England Patriots nicht liebt, der hasst sie. Gleiches gilt für ihren Star-Quarterback Tom Brady, dessen fragwürdige Nähe zu US-Präsident Trump immer wieder für Ärger sorgt. Aus sportlicher Sicht ist "The GOAT" Brady schon vor dem Super Bowl LII eine Legende.

Es gibt eine eiserne Regel, die das Phänomen Tom Brady ziemlich treffend beschreibt. "Tom", sagt sein deutscher Ex-Mitspieler Sebastian Vollmer über den Ausnahmekönner, "hat niemals einen schlechten Tag. Er hat höchstens mal eine schlechte Stunde." Anders wäre es wohl kaum zu erklären, dass der Quarterback der New England Patriots nach fast 18 Jahren Profikarriere immer noch in seiner eigenen Liga spielt. Im American Football, wo die durchschnittliche Karriere gerade einmal drei Spielzeiten dauert, wohlgemerkt. Schon vor dem Super Bowl LII ist der wertvollste Spieler der Saison (MVP) schlicht "The GOAT" - "The Greatest Of All Time".

Tom Brady, das ist ein Besessener, ein unermüdlicher Arbeiter, ein Perfektionist. Einer, für den im in Superlativen denkenden Sport eigentlich kein Steigerungsgrad den eigenen Errungenschaften würdig ist. Achtmal führte er die Patriots in den Super Bowl, fünfmal gewann er mit dem Team aus Massachusetts die Vince Lombardy Trophy. Als erster Quarterback überhaupt könnte er gegen die Philadelphia Eagles seinen sechsten Ring holen. Eine Bestmarke, die schon jetzt für die Ewigkeit gemacht ist.

Wenn Brady heute Nacht (ab 00:30 Uhr im Liveticker bei n-tv.de) das Spielfeld im U.S. Bank Stadium in Minnesota betritt, dann wird er 40 Jahre und 185 Tage alt sein. Gerüchte über sein Karriereende gibt es immer wieder, zuletzt hatte Jonathan Kraft, Sohn des Patriots-Teambesitzers Robert Kraft, gesagt, Brady habe "sich das Recht verdient hat, eine Entscheidung zu treffen, wenn er es will." Brady beantwortete das mit einem Grinsen: "Warum wollen alle unbedingt mein Karriereende? Das verstehe ich nicht. Ich habe Spaß und das Team ist in guter Verfassung." Momentan deutet in der Tat nichts darauf hin, dass es seine letzte Teilnahme am Super Bowl sein wird.

Wer sie nicht liebt, hasst sie

Brady habe "gottgegebenes Talent", sagt Football-Experte Vollmer im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur über den Quarterback - das allein erklärt allerdings kaum seinen Erfolg. Er ist Teil eines beispiellos erfolgreichen Systems - des Systems New England Patriots. Gemeinsam mit Trainer Bill Belichick bildet Brady seit 18 Jahren ein monströses Duo, die beiden sind eine Einheit auf und abseits des Platzes. In der National Football League (NFL), die mit ihrer Gehaltsobergrenze dermaßen auf Chancengleichheit ausgelegt ist, dominiert das Team aus Foxborough seit fast zwei Jahrzehnten die Konkurrenz. Möglich ist das auch, weil Brady in der Vergangenheit immer wieder auf Gehalt verzichtet hat, damit sein Team in andere Spieler investieren konnte. Mit fünf gemeinsamen Super-Bowl-Siegen macht der Star-Quarterback seinen Trainer Belichick zum erfolgreichsten Head Coach aller Zeiten. Zusammen sind die beiden das vielleicht beste Team, das es in der NFL je gegeben hat.

Brady und Belichick sind seit 18 Jahren ein Team.

Brady und Belichick sind seit 18 Jahren ein Team.

(Foto: AP)

Die Patriots bewegen sich an der Grenze zur Perfektion - allerdings auch an der zur Legalität und darüber hinaus. Kein anderes Team polarisiert wie die Patriots, wer sie nicht liebt, der hasst sie. In der Vergangenheit gab es Kontroversen um mit heimlichen Videoaufnahmen ausgespähte Gegner, der sogenannte Deflate-Gate um Brady und manipulierte luftreduzierte Spielgeräte dominierte 2015 wochenlang die Schlagzeilen. Dass der uneinsichtige Brady anschließend monatelang gegen seine Sperre vor Gericht zog, hat ihm kaum Sympathiepunkte gebracht. Noch übler nehmen ihm viele NFL-Fans seine Nähe zu US-Präsident Donald Trump. Brady bezeichnet Trump als "guten Freund", die beiden spielten zusammen Golf, er dekorierte seinen Spind bei den Patriots mit einer "Make America Great Again"-Flagge. Selbst als Trump den Hymnen-Streit mit teils rassistischen Äußerungen eskalieren ließ, blieb Brady verdächtig still - seine Teamkollegen, die zu mehr als der Hälfte Afroamerikaner sind, nahm er in der Öffentlichkeit nie glaubwürdig in Schutz.

Man muss die Patriots jedoch nicht mögen um anzuerkennen, dass sie es seit fast zwei Jahrzehnten schaffen, um ihren Star-Quarterback herum ein Team aufzubauen, dass wie eine gut geölte Maschine funktioniert. Einzelne Profis spielen dabei weniger eine Rolle als die Fähigkeit, sämtliche Akteure mit ihren Stärken in das bestehende Konzept einzubinden. Die individuelle Klasse bringt ohnehin Brady. Wie kein anderer beherrscht der Quarterback die "Presnap Read", also die Fähigkeit, seine gegnerische Defense zu lesen und im Bruchteil einer Sekunde Entscheidungen zu treffen, Spielzüge umzustellen und die Offense so einzusetzen, dass in der Verteidigung Mann gegen Mann ein Vorteil entsteht. Dazu gehört Talent, aber auch die Bereitschaft, sich Hunderte Stunden lang sämtliche Spielzüge wieder und wieder anzusehen und zu prüfen, was verbessert werden kann.

Tom vs. Time

Adjustments, das heißt blitzschnelle Anpassung - das ist neben seiner überragenden Passsicherheit das, was Brady und seine Offensive ausmacht. Das haben die New England Patriots im Halbfinale gegen die Jacksonville Jaguars eindrucksvoll bewiesen. Als im dritten Viertel die Universal-Offensivkraft Rob Gronkowski mit einer Gehirnerschütterung vom Feld musste, wäre der Traum vom Super Bowl wohl für fast jedes andere NFL-Team beendet gewesen. Der Tight End Gronkowski ist für das Spiel der Patriots exorbitant wichtig - er kann als Blocker eingesetzt werden, dient Brady aber gleichzeitig als Sicherheitsoption beim Pass, wenn der den Ball in letzter Sekunde noch loswerden muss. Den Ausfall kompensierten die Patriots mit atemberaubender Leichtigkeit. Brady setzte stattdessen immer und immer wieder seinen Passempfänger Danny Amendola in Szene - der Wide Receiver machte das Spiel seines Lebens. Weil Brady eben die Fähigkeit besitzt, seine Mitspieler besser zu machen. Amendola fing sieben Bälle für 84 Yards Raumgewinn inklusive zweier später Touchdowns, mit denen die Patriots den 10:24-Rückstand drehten.

Auch das ist Tom Brady: Er ist der Comeback-König der NFL, er zeichnet sich verantwortlich für 42 Aufholjagden im letzten Viertel (Fourth-Quarter-Comebacks) und 53 spielentscheidende letzte Spielzüge (Game-Winning-Drives) der Franchise. Ebenfalls NFL-Rekord. Belichick, Brady und Offensive-Coordinator Josh McDaniels - das Trio beherrscht es perfekt, Gegner im Laufe eines Spiels zu analysieren und die richtigen Konsequenzen für das eigene Spiel zu finden. Wer Brady frühzeitig abschreibt, hat eigentlich schon verloren. Unvergessen ist der epische Super Bowl LI im vergangenen Jahr, als die Atlanta Falcons wie der sichere Sieger aussahen - nachdem sie sich einen zwischenzeitlichen 28:3-Vorsprung erarbeitet hatten. Dann aber kam Brady und vollbrachte das größte Comeback der NFL-Geschichte - mit 34:28 nach Overtime krönten sich die Patriots zum Champion.

Auch gegen Philadelphia könnte es Bradys individuelle Qualität sein, die den Unterschied macht. Dass er die Gabe auch mit seinen 40 Jahren noch besitzt, daran bestehen keine Zweifel. Auf seiner Facebook-Seite ist derzeit eine Dokumentation mit dem Titel Tom vs. Time zu sehen. Wer Brady spielen sieht, bekommt mitunter das Gefühl, dass er auch in diesem Duell der Sieger bleiben wird.

Quelle: ntv.de

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