Goretzka "extrem enttäuscht" Gnadenloser Flick serviert Lieblingsspieler eiskalt ab
31.08.2023, 13:51 Uhr
Leon Goretzka kann sein Unglück kaum fassen. Auch Thomas Müller kehrt erst einmal nicht zurück in den Kader.
(Foto: picture alliance / SvenSimon)
Vor der WM-Revanche gegen Japan räumt Bundestrainer Hansi Flick nach den zuletzt mehr als mageren Leistungen im DFB-Kader auf. Eiskalt serviert er viele Spieler ab. Unter ihnen befindet sich auch Leon Goretzka, der es kaum fassen kann. Der Star in Deutschland soll jetzt die Mannschaft sein. Viel Glück.
Hansi Flick servierte seine gnadenlosen Entscheidungen bei einer guten Tasse Kaffee. Mit dem Rücken zur Wand räumte der Bundestrainer am Donnerstag knallhart in der deutschen Fußball-Nationalmannschaft auf: Über Jahre etablierte Stammspieler wie Leon Goretzka oder Timo Werner dürfen nicht mehr dabei helfen, die Heim-EM in neun Monaten zu retten - und damit wahrscheinlich Flicks Job.
Neben Goretzka und Werner traf Flicks Bannstrahl für die WM-Revanche gegen Japan (9. September/Wolfsburg /20.45 Uhr bei RTL und im ntv.de-Liveticker) und den Klassiker gegen Frankreich (12. September in Dortmund/21 Uhr in der ARD und im ntv.de-Liveticker) auch David Raum, Matthias Ginter, Thilo Kehrer oder Marius Wolf. Sie alle können aus den unmissverständlichen Äußerungen des Bundestrainers ohne Zweifel herauslesen, warum sie gestrichen wurden.
"Wir haben uns gefragt: Wer gibt dieser Mannschaft Energie?", sagte Flick in einer Medienschalte aus einem Besprechungsraum im Frankfurter DFB-Campus heraus eindringlich. "Das schauen wir uns ganz genau an! Die Mannschaft ist der Star, nicht der Einzelne." Er "begnadigte" mit seinem September-Aufgebot den zuletzt abgestraften Innenverteidiger Niklas Süle. Das überraschende neue Gesicht im 24er Kader ist der langjährige Premier-League-Profi Pascal Groß von Brighton and Hove Albion, den Flick als "sehr intelligenten Spieler" lobte.
Goretzka hatte sich "brutal darauf gefreut"
Erklärungsbedarf gab es aber besonders bei Leon Goretzka, der nach 53 Länderspielen und 14 Toren plötzlich aussortiert ist. Der Mittelfeldspieler von Bayern München hatte im Sommer offensichtlich gut gearbeitet, seine ersten beiden Spiele in der Liga waren stark. Andererseits enttäuscht er in der Nationalelf seit langer Zeit. "Ich habe mit Leon gesprochen, am Mittwoch noch. Er weiß Bescheid über die Gedanken, die ich habe", sagte Flick und versicherte, die Ausbootung sei wie bei den anderen "nichts Endgültiges". Auch an Werner hatte er zuvor stets eisern festgehalten.
"Ich bin extrem enttäuscht von der überraschenden Entscheidung, im September nicht dabei zu sein. Gerade die letzten Wochen haben sich wieder richtig gut angefühlt, und ich habe mich brutal darauf gefreut, auch in der Nationalmannschaft meinen Beitrag zu leisten, dass wir als Team zurück in die Erfolgsspur kommen", schrieb Goretzka bei Instagram.
Doch dieser Kader umreißt eindeutig Flicks EM-Idee - bei weiteren Nachfragen wurde der Bundestrainer deshalb brummig. "Wie groß ist denn so ein Kern?", fragte er bissig zurück. "Ich kann doch keine 20 Spieler ständig spielen lassen, sondern acht, zehn, bestenfalls elf", gab er mit erhobener Stimme zu verstehen. Zu diesem "Kern" jedenfalls zählen Goretzka und Werner (57 Spiele/24 Tore) nicht. Zieht Flick das bis zur EM durch, ist es eine kleine Zeitenwende.
Erfolg darf nicht mehr ausbleiben
"Jeder muss nun sein Ego hinten anstellen, sich in den Dienst der Mannschaft stellen", forderte der Bundestrainer. Eine eingeschweißte Einheit, keine müde Ansammlung von Einzelspielern - Flick weist den Weg in die von vielen eingeforderte Richtung der alten Tugenden. Der Schnitt könnte ihn intern stärken, Flick kann dadurch den Eindruck vermeiden, starr auf die nächste Turnier-Enttäuschung zuzusteuern. "Wir haben einiges gutzumachen. Der Kader ist interessant und gut", sagte er.
Dazu gehört Pascal Groß, der als kreativer Mittelfeldmann mit Stärken bei Standards seit 2017 in Brighton 195 Premier-League-Einsätze gesammelt hat. 27 Tore und 35 Vorlagen sprechen für sich - Groß zu testen, war überfällig. "Wir freuen uns sehr, da kriegen wir einen guten Typen zu sehen", sagte Flick. Doch der Zeitpunkt verwundert: Hatte er nicht erklärt, die Zeit der Experimente sei definitiv vorbei?
Anscheinend will der Bundestrainer Reizpunkte setzen. "Für uns sind neben Qualität und Leistung auch das Verhalten und die Einstellung wichtig", betonte er. "Diese Punkte wollen wir immer wieder fördern und fordern, dann können wir nachhaltig Erfolg haben." Zeit wird's.
Quelle: ntv.de, Thomas Nowag, sid