"Russland oder die freie Welt" Polnischer Minister droht IOC mit Olympia-Ultimatum
23.02.2023, 10:02 Uhr
Kamil Bortniczuk denkt über ein Ultimatum nach.
(Foto: picture alliance / PAP)
Die Frage, ob russische oder belarussische Athleten an den Olympischen Spielen 2024 teilnehmen dürfen, spaltet die internationale Sportgemeinschaft. Das IOC um den deutschen Präsidenten Thomas Bach will die Tür öffnen, zahlreiche Länder gehen auf die Barrikaden. Die Fronten sind verhärtet.
Der polnische Sportminister hat erneut bekräftigt, dass die internationale Sportgemeinschaft keinen Boykott der Olympischen Spiele 2024 in Paris anstrebt. Ein Boykott der Spiele sei nicht ihr Ziel, Spiele ohne die Ukraine, Polen, Lettland oder ein anderes ihrer Länder seien es auch nicht, sagte Kamil Bortniczuk im Interview der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". "Wir wollen Olympische Spiele ohne Russland und Belarus feiern. Um das Ziel zu erreichen, müssen wir vielleicht ein Ultimatum stellen - entweder Russland oder wir", sagte der polnische Sportminister: "Die freie Welt muss vereint bleiben."
Zuletzt hatten Sportpolitiker aus 35 Ländern auf Initiative von Großbritannien bei einer Video-Konferenz den Ausschluss von russischen und belarussischen Sportlern von den Paris-Spielen wegen des russischen Krieges gegen die Ukraine gefordert. Damit hatten sie darauf reagiert, dass das Internationale Olympische Komitee (IOC) unter Führung des Deutschen Thomas Bach nach Möglichkeiten sucht, Sportler der genannten beiden Länder als neutrale Athleten bei internationalen Wettkämpfen starten zu lassen.
Bortniczuk äußerte seine Zweifel daran, dass es noch sowas wie neutrale russische oder belarussische Athleten und Athletinnen gibt. "Es gibt in Russland keinerlei Unabhängigkeit der Sportgemeinschaft – einschließlich des nationalen olympischen Komitees ROC – von den höchsten Staatsorganen", sagte er und öffnete eine Tür für die, die sich gegen das Regime positionieren.
Timanowskaja als Türöffner?
Die belarussische Leichtathletin Kristina Timanowskaja könne als Beispiel dienen. Ihr Fall und ihre spektakuläre Flucht nach Polen hatten im Sommer 2021 international für großes Aufsehen gesorgt. Sie sollte nach einem Konflikt mit Sportfunktionären bei den Olympischen Spielen 2021 in Tokio gegen ihren Willen in ihr Heimatland zurückgebracht werden. Sie hatte sich dann an die japanische Polizei und das Internationale Olympische Komitee gewandt und floh nach Polen, das ihr ein humanitäres Visum ausstellte. Mittlerweile besitzt sie auch einen polnischen Pass und will auch für ihr neues Heimatland antreten. Doch eine dreijährige "Quarantäne" nach einem Wechsel der Nationalität würde derzeit ihren Start bei den Spielen in Paris verhindern.
"Aus meiner Sicht ist es elementar, dass das ROC die Sportler nicht nominiert. Machen wir uns nichts vor: ansonsten wird jemand, der gegen den Krieg gegen die Ukraine ist, nicht nominiert", sagte der polnische Sportminister und erinnerte an den Fall Timanowskaja: "Viele Sportler leben außerhalb Russlands und Belarus. Hätten sie die Gelegenheit, würden sie sie nutzen, sich gegen die Obrigkeit ihrer Heimatländer und den Krieg gegen die Ukraine zu stellen."
Doch ob ausschließlich russische und belarussische "Dissidenten" als neutrale Athleten an den Olympischen Spielen teilnehmen dürfen, bleibt mehr als ungewiss. Deswegen sieht Bortniczuk wenig Alternativen zu dem momentanen Szenario, das einen Boykott eben nicht explizit ausschließt. "Man kann schwerlich von uns Sportministern erwarten, dass wir schweigen, wenn wir die Versuche des IOC sehen, russischen und belarussischen Sportlern die Rückkehr zu ermöglichen. Man kann die Sportwelt nicht völlig vom Krieg isolieren", sagte der polnische Minister.
Quelle: ntv.de, sue/dpa