Olympia-Thema immer brisanter Die Welt drängt, das IOC eiert in der Russland-Frage
20.02.2023, 14:21 Uhr
Dürfen russische und belarussische Sportler unter neutraler Flagge zurück auf die internationale Sportbühne?
(Foto: Hannibal Hanschke/epa/dpa)
Das IOC stellt klar: In der Frage, ob Russland und Belarus bei Olympia in Paris antreten dürfen, gibt es noch keine Entscheidung. Derzeit werde lediglich ein "primäres Konzept für mögliche Teilnahmebedingungen geprüft". Darauf aber drängt nicht nur die Ukraine.
Die ganze Welt drängt, doch das IOC spielt auf Zeit. In der Frage, ob Russland und Belarus Teams zu den Olympischen und Paralympischen Spielen 2024 nach Paris schicken dürfen, sei noch keine Entscheidung gefallen, teilte das Internationale Olympische Komitee mit. Derzeit werde lediglich ein "primäres Konzept für mögliche Teilnahmebedingungen geprüft".
Die in der Kritik stehende Weltregierung des Sports reagierte damit auf eine Resolution des Europäischen Parlaments, in der die 27 EU-Mitgliedstaaten aufgefordert werden, das IOC unter Druck zu setzen. Die Überlegungen hinsichtlich einer Olympia-Teilnahme der beiden Aggressoren Russland und Belarus seien "eine Peinlichkeit für die internationale Welt des Sports".
Klarer Widerspruch zur Autonomie von Sportorganisationen
Das EU-Parlament, so das IOC an diesem Montag, habe dabei allerdings "bedauerlicherweise" die von zwei Sonderberichterstattern des UN-Menschenrechtsrates geäußerten Bedenken nicht berücksichtigt. Die UN-Vertreter hätten ausdrücklich die Überlegungen zur Zulassung sogenannter "neutraler Athleten" gelobt und das IOC aufgefordert, eine Diskriminierung jeglicher Sportlerinnen und Sportler auf Basis ihrer Nationalität auszuschließen.
Die Forderung des EU-Parlaments nach einer "vielfältigen Isolierung" aller Russen und Weißrussen widerspreche dieser Aussage eindeutig, teilte das IOC nun mit. Die Resolution stehe auch in klarem Widerspruch zur Autonomie von Sportorganisationen, die ein wesentlicher Bestandteil des europäischen Sportmodells und von EU-Institutionen bei vielen Gelegenheiten anerkannt worden sei.
"3000 aktive Sportler kämpfen direkt an der Front"
In der seit einem Jahr unter dem russischen Angriffskrieg leidenden Ukraine hat man für eine solche Argumentation wenig Verständnis. Der ukrainische Sportminister Wadym Hutzajt verurteilte im Gespräch mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" die Haltung des IOC: "Während die russische Armee auf ukrainischem Boden Menschen tötet, Frauen, Kinder, die wichtige Infrastruktur zerstört, die Ukrainer ausharren müssen ohne Licht und Wärme, darf man nicht daran denken, Russen und Belarussen zu den Olympischen Spielen und den Qualifikationswettbewerben zuzulassen."
Die Ukraine werde sich "dafür einsetzen, dass das nicht geschieht, wir werden dagegen kämpfen. Viele Länder und deren Nationale Olympische Komitees unterstützen uns." Die Ukrainer "können es in solch furchtbaren Zeiten nicht ertragen, dass neben uns bei internationalen Wettbewerben Athleten aus Russland und Belarus antreten", sagte Hutzajt: "Falls sie es doch dürfen, dann wird das Nationale Olympische Komitee der Ukraine entscheiden, ob wir zu den Spielen fahren oder nicht."
Die russische Invasion, deren Beginn sich am 24. Februar zum ersten Mal jährt, habe unter anderem dem Sport in der Ukraine extrem zugesetzt. "343 verschiedene sportliche Einrichtungen sind zerstört worden. 231 Athleten wurden getötet, 35 Athleten befinden sich in Gefangenschaft, 3000 aktive Sportler kämpfen direkt an der Front", sagte Hutzajt. Dabei sei Sport in seiner Heimat ein wesentlicher Faktor: "Unsere Athleten treten in den ukrainischen Farben an, sie stehen auf den Podesten mit unserer Flagge in den Händen. Die ganze Welt soll sehen, dass die Ukraine war, ist und auch weiterhin sein wird."
Quelle: ntv.de, tno/sid