"Laberladen" vs. "gute" Debatte Taskforce-Ergebnisse spalten Profis und Fans
04.02.2021, 12:58 Uhr
Die Pandemie deckt schonungslos die Missstände des deutschen Fußballs auf. Um in Zukunft nachhaltiger zu werden, beruft die DFL die "Taskforce Zukunft Profifußball" ein. Die ersten Reaktionen auf die Ergebnisse von Fans und Profis fallen wenig überraschend sehr unterschiedlich aus.
Während sich Deutschland im Schock der ersten Pandemie-Welle befand, durfte die Fußball-Bundesliga als erste europäische Profi-Liga im Mai des vergangenen Jahres den Spielbetrieb wieder aufnehmen. Allerdings gab es nicht nur ein viel diskutiertes und hochgelobtes DFL-Hygienekonzept, das weltweit zum Vorbild wurde, die Corona-Krise deckte auch schonungslos die Missstände im deutschen Profifußball auf.
Im September trat deshalb die "Taskforce Zukunft Profifußball" zusammen, mit dem Ziel, den Fußball bis 2030 wirtschaftlich deutlich gesünder und nachhaltiger zu machen. Im Abschlussbericht des 37-köpfigen Gremiums mit Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik, Sport und Zivilgesellschaft, der am Mittwoch von der Psychologie-Professorin Heidi Möller vorgestellt wurde, finden sich 17 Handlungsempfehlungen. "Es geht um Leitplanken", sagte Möller.
In neun Sitzungen mit über 30 Stunden Arbeit entwickelt die Taskforce 17 Vorschläge, darunter unter anderem die Bildung einer Arbeitsgruppe zur Stärkung der wirtschaftlichen Stabilität, ein Bekenntnis zu Nachhaltigkeit, die Gründung einer DFL-Kommission für den Fandialog und die Förderung des Frauenfußballs und der Geschlechtergerechtigkeit im Fußball. Zunächst soll das DFL-Präsidium entscheiden, welche Empfehlungen umgesetzt werden sollten. Die finale Entscheidung treffen die 36 Profiklubs der Bundesliga und 2. Bundesliga.
Beim Frauenfußball liegt "einiges im Argen"
Die Ergebnisse der "Taskforce" werden derweil sehr unterschiedlich bewertet. Andreas Luthe, Torwart von Union Berlin und Mitgründer eines Spielerbündnisses um Mats Hummels, lobte die "zum Teil hitzigen, zum Teil übereinstimmenden Diskussionen" im Gespräch mit RTL/ntv. Der 33-Jährige sieht ein "klares Bekenntnis zu Nachhaltigkeitsthemen" und begrüßt auch die Förderung des Frauenfußballs, "weil da tatsächlich noch einiges im Argen liegt."
Einen möglichen Gehaltsverzicht lehnt der Bundesligaspieler nicht ab: "Wenn es Teil einer Gesamtlösung ist, sind wir Profis bereit, unseren Beitrag zu leisten." Positiv sieht er auch, dass "alle Taskforce-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter sich einig waren, dass sie einen ausgeglichenen Wettbewerb haben möchten." Dennoch dürfe man erfolgreiche Klubs wie Serienmeister FC Bayern nicht für ihre "gute Arbeit" bestrafen.
Grünen-Politiker Cem begrüßt die Arbeit der "Taskforce": "Die Zeit hat sich gewandelt, die Themen Klimaschutz, Nachhaltigkeit, Frauenrechte, Partizipation haben heute in der Gesellschaft einen ganz anderen Stellenwert als noch vor 10 oder 20 Jahren." Der Fan des VfB Stuttgarts hat auch einen klaren Appell: "Das müssen die Vereine in ihren Satzungen widerspiegeln und auch in der Art wie sie arbeiten." Für ihn "liegt der Ball auf dem Elfmeterpunkt", die DFL müsse nur schießen.
Deutlich kritischer bewerten Fanvertreter das Gespräch. Manuel Gaber von der Fan-Initiative "Zukunft Profifußball" begrüßt im RTL/ntv-Gespräch zwar die "guten Diskussionsrunden" zum Thema Fandialog. Dennoch merkt der aktive Anhänger des SC Freiburg an, dass "vieles, was wir Fanvertreter anregt haben, sich jetzt im Abschlussbericht nicht wiederfindet". Dabei gehe es vor allem um ein nationales Financial Fairplay, eine Begrenzung der Gehälter und eine Abgabe vergleichbar einer Luxussteuer. Die Taskforce setze bei diesen Themen vor allem auf eine europäische Lösung.
Er mahnt, dass der Profifußball vor einer "entscheidenden Weichenstellung" stehe. Die Corona-Krise führe zu einer weiteren Entfremdung. Beim Bündnis "Pro Fans" äußert man sich am Morgen wenig enttäuscht. Man habe bei dem nichts anderes erwartet. "Mutige Schritte sehen anders aus. Für eine wirkliche Kursänderung fehle der Wille", bilanziert Sprecher Sig Zelt. Bündnismitglied Jörn Bauer wird sogar deutlicher: "Es ist der Kompromiss eines Laberladens, wo keiner dem anderen wehtun will". Auch Gaber fordert bei RTL/ntv, dass der Fußball jetzt in die Gänge kommen müsse.
Quelle: ntv.de, ses/dpa/sid