Chronologie des Streits Wie Djokovic für Chaos in Australien sorgt
06.01.2022, 07:54 Uhr
Für Novak Djokovic sind es sehr ungemütliche Stunden: Er fliegt für die Teilnahme an den Australian Open nach Melbourne, wird aber festgesetzt. Als Ungeimpfter darf der Serbe nicht einreisen, seine Ausnahmegenehmigung wird nicht akzeptiert. Das Thema ist längst in höchsten Regierungskreisen angekommen. Eine Chronologie.
2021: Strikte Regeln empören Djokovics Vater
Nur Geimpfte oder Genesene dürfen nach Australien einreisen, da gibt es für Teilnehmer der Australian Open keine Ausnahme, so die Direktive vor dem ersten Tennis-Highlight des Jahres. Ein Turnier ohne den Weltranglisten-Ersten Novak Djokovic? Dies droht, denn der Serbe ist bekennender Impfskeptiker, lässt über seinen Impfstatus alle im Unklaren. Sein Vater ist ob der strengen Regeln Australiens empört: "Unter diesen Erpressungen und Umständen ist es wahrscheinlich, dass er nicht teilnehmen wird", sagt Srdjan Djokovic im serbischen Fernsehsender Prva TV. "Jeder hat das Recht, über seine eigene Gesundheit zu entscheiden. Geimpft zu sein oder nicht, ist jedermanns ureigenste Entscheidung", meint er.
Turnierdirektor Craig Tiley reagiert nicht darauf, betont weiter, dass Spielerinnen und Spieler sich an die Regeln halten müssten. Einziger Ausweg: eine Sonderbefreiung wegen medizinischer Gründe. Er rechne mit einem "sehr kleinen Prozentsatz" von Spielerinnen und Spielern ohne Impfung, sagt Tiley. "Wenn Novak zu den Australian Open kommt, wird er entweder geimpft sein oder eine medizinische Ausnahmegenehmigung haben."
4. Januar: Djokovic kündigt Einreise an
Vor zwei Tagen dann teilt Djokovic mit: "Ich fliege mit einer Ausnahmegenehmigung nach Down Under." Es ist ein kurzer Satz, der aufgrund der Vorgeschichte aber brisant ist. Warum er die Ausnahmegenehmigung erhalten hat, sagt der 34-Jährige nicht. Es ist unklar, woran ein Leistungssportler wie er leiden könnte, das ihn an einer Impfung hindert. Australiens stellvertretende Premierminister James Merlino sagte ABC: Die Möglichkeit auf eine Ausnahmegenehmigung sei "kein Schlupfloch für privilegierte Tennisspieler. Es ist eine medizinische Ausnahme unter außergewöhnlichen Umständen, wenn man eine akute Erkrankung hat."
Die Ausnahmeerlaubnis sei nach strenger Überprüfung, an der zwei unabhängige Expertengremien beteiligt waren, erteilt worden, teilen die Turnier-Veranstalter mit. Es seien faire und strenge Vorschriften für die Bewerbungen für medizinische Ausnahmen eingeführt worden, damit die Australian Open "sicher und angenehm für jeden seien", so Turnierdirektor Tiley.
4. Januar: Australier empören sich
In Medien und sozialen Netzwerken machen viele Menschen ihrem Ärger über die Entscheidung zugunsten des 20-fachen Grand-Slam-Turniersiegers Luft. Es ist von einer "Ohrfeige für alle Australier" die Rede, von "Zorn und Konfusion" im ganzen Land. "Es ist mir egal, wie gut er als Tennisspieler ist. Wenn er sich weigert, sich impfen zu lassen, sollte er nicht reingelassen werden", betont der prominente Arzt Stephen Parnis aus dem Bundesstaat Victoria. Die Ausnahmegenehmigung für Djokovic sei "eine erschreckende Botschaft" an Millionen Australier.
Der Sportreporter Andy Maher aus Melbourne erklärt, selbst zahlreichen Australiern sei zwei Jahre lang eine solche Ausnahmegenehmigung zur Einreise in ihr Heimatland verweigert worden, "aber dieser Kerl - der sich angesichts des Coronavirus außergewöhnliche Freiheiten herausgenommen hat - bekommt seine Ausnahme". Die Journalistin Samantha Lewis twittert, es sei "die patriotische Pflicht" aller Zuschauer, Djokovic während seines gesamten Aufenthalts auszubuhen.
5. Januar: Australiens Regierung macht Druck
Die Ausnahmegenehmigung gefällt der australischen Regierung nicht. Premierminister Scott Morrison fordert den Tennisstar auf, Belege zu bringen, warum er die Genehmigung erhalten habe: "Er muss das tun, denn wenn er nicht geimpft ist, muss er einen akzeptablen Nachweis erbringen, dass er aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden kann, um Zugang zu den gleichen Reiseregeln wie vollständig geimpfte Reisende zu erhalten", sagt Morrison. Sonst werde der 34 Jahre alte Superstar aus Serbien "im ersten Flieger nach Hause" sitzen, warnt Morrison.
Auch Innenministerin Karen Andrews spricht Klartext: "Jede Person, die nach Australien einreisen möchte, muss unsere strengen Grenzbestimmungen einhalten", betont sie. Die Regionalregierung des Bundesstaates Victoria und Tennis Australia könnten einem nicht geimpften Spieler zwar die Teilnahme an dem Turnier gestatten, die Grenzregeln würden jedoch von der Nationalregierung überwacht.
5. Januar: Australien verweigert die Einreise
Novak Djokovic tritt seine Reise nach Australien an, scheitert aber am Flughafen in Melbourne. Dort wird er von den Behörden festgesetzt. Die Nummer eins der Tenniswelt soll versucht haben, mit einem Visum einzureisen, das keine medizinischen Ausnahmen für ungeimpfte Personen zulasse, heißt es laut "The Age" und "The Herald". Djokovic sei demnach ungeimpft.
Daraufhin soll die Grenzschutzbehörde die Regierung von Victoria um Unterstützung gebeten haben, um dem Tennisprofi die Einreise zu ermöglichen. Die Beamten des Bundesstaats sollen die Bundesbehörde aufgefordert haben, ihren Antrag schriftlich zu formulieren, und haben schließlich den Antrag auf Unterstützung abgelehnt. Die Sportministerin des Bundesstaats Victoria, Jaala Pulford, schrieb in zwei Tweets: "Die Regierung hat uns gefragt, ob wir den Visa-Antrag von Novak Djokovic unterstützen. Wir werden Novak Djokovic mit seinem individuellen Visa-Antrag, um bei den Australian Open teilzunehmen, nicht unterstützen." Zwei Punkte habe man in Victoria stets klar kommuniziert: "Visa-Genehmigungen sind immer eine Sache der Regierung. Und medizinische Ausnahmen eine Sache der Ärzte."
6. Januar: Australien weist Djokovic aus
Die Behörden teilen mit: Australien lehnt die Erteilung eines Visums ab, Djokovic wird ausgewiesen. Statt mit einer Ausnahmegenehmigung für Ungeimpfte bei den Australian Open aufzuschlagen, soll die Nummer eins der Weltrangliste noch an diesem Donnerstag ausgeflogen werden. Bis dahin ist der mutmaßlich ungeimpfte Sportler in einem Quarantänehotel untergebracht.
Djokovics Vater reagierte zutiefst empört. "Es ist beschämend. Abschiebung", sagte Srdjan Djokovic der serbischen Zeitung "Blic". "Ich kann nicht mit meinem Sohn reden, sie stellen ihn als Kriminellen dar. Ich habe keine Worte für alles, was sie ihm angetan haben."
6. Januar: Djokovic geht gerichtlich gegen Visums-Entzug vor
Der Serbe kämpft gegen seine Abschiebung. Anwälte des Weltranglisten-Ersten legen vor einem Gericht in Melbourne Rechtsmittel gegen den Visumsentzug ein, wie das australische Nachrichtenportal "The Age" berichtet. Nachdem es zunächst heißt, Richter Anthony Kelly werde noch im Laufe des Tages entscheiden, erhält Djokovic nun Aufschub. Eine endgültige Entscheidung soll nicht vor einer für Montag angesetzten Gerichtsverhandlung fallen, wie ein australischer Regierungsanwalt sagte. Die Anwälte des Serben müssen zunächst einen Antrag stellen, der vom Richter gelesen wird.
Premier Morrison erklärt, Djokovic habe es versäumt, den Beamten einen Nachweis über die doppelte Impfung oder eine angemessene medizinische Ausnahmegenehmigung vorzulegen. "Regeln sind Regeln und es gibt keine Sonderfälle", sagt Morrison.
Quelle: ntv.de, ara/dpa/sid