Ricciardo neu bei AlphaTauri Was das Red-Bull-Beben in der Formel 1 auslöste
12.07.2023, 18:07 Uhr
Ricciardo hatte schon vor seinem Aufstieg ins Cockpit von AlphaTauri gute Laune, die dürfte jetzt noch gestiegen sein.
(Foto: picture alliance / empics)
Die Sommerpause in der Formel 1 steht kurz bevor, doch so lange will Red Bull nicht warten. Nyck de Vries ist sein Cockpit im Rennstall AlphaTauri schon wieder los. Die Hoffnungen in ihn kann er nicht bestätigen. Von seinem Aus profitiert ein alter Bekannter. Und Daniel Ricciardo schlägt offenbar sofort ein.
Der Dienstag war ein wegweisender Tag für Daniel Ricciardo. Der Australier setzte sich erstmals überhaupt in den aktuellen Wagen des Weltmeister-Teams von Red Bull. Bei den schon längere Zeit angesetzten Pirelli-Reifentests in Silverstone fuhr der Australier im RB19 munter durch das "Home of British Motor Racing". Endlich Strecke statt Simulator. Der 34-Jährige enttäuschte nicht und versetzte sich einmal mehr in gute Laune. Berichten zufolge soll Ricciardo performt haben. Einige Zeiten hätten angeblich sogar für eine Top-Platzierung beim Großen Preis von Großbritannien am vergangenen Sonntag gereicht.
Wie der F1-Reporter Lawrence Barretto berichtet, erreichte Ricciardo eine Zeit von 1:27,415 - das hätte Platz zwei im Qualifying hinter Max Verstappen bedeutet. Wobei an dieser Stelle gesagt werden muss, dass die Streckenbedingungen besser waren als am Samstag und in den Tests auch schnellere Reifentypen verwendet werden dürfen. Dennoch ist die erste Ausfahrt von Ricciardo im RB19 als Ausrufezeichen zu werten.
Falls Red Bull um Berater Helmut Marko noch Argumente für eine Beförderung gebraucht hätten, da waren sie. Noch während des Tests platzte die Nachricht in die Formel-1-Welt, dass Ricciardo künftig Nyck de Vries ersetzen wird und ab dem kommenden Grand Prix in Ungarn für AlphaTauri fährt. Vom Ersatzmann zum Hoffnungsträger binnen Minuten.
De Vries kann Vorschusslorbeeren nicht bestätigen
Der spektakuläre Wechsel hatte sich schon seit längerer Zeit angedeutet, bedurfte also nur noch der Vollendung. Zu schwach, zu inkonstant waren die Vorstellungen von AlphaTauri-Pilot de Vries in den ersten zehn Saisonrennen. Dabei war der frühere Formel-E-Champion mit einigen Vorschusslorbeeren beim Team aus Faenza gestartet. Sein kurzfristiger Einsatz in Monza 2022 für Alex Albon im Williams, bei dem er auf Rang neun gelandet war, hatte die RB-Bosse aufhorchen lassen. Marko überzeugte de Vries in persönlichen Gesprächen vom Red-Bull-Schwesterteam und setzte sich in den Verhandlungen gegen Williams und Alpine durch.
Doch auf der Strecke blieben die Ergebnisse aus. Im wohl schwächsten Wagen im Grid steht er neben Rookie Logan Sargeant im Williams als einziger Pilot ohne Punkte da. In keinem der zehn Saisonrennen kam de Vries über Platz zwölf hinaus, die Qualifying- und Rennbilanz gegen Teamkollege Yuki Tsunoda lautet jeweils 2:8. Aus Formel-1-Kreisen ist zu hören, dass de Vries im Laufe der Saison mehrere Warnungen von Marko erhalten habe. Nach dem Motto: Gib Gas, sonst ist dein Cockpit weg.
Genau so kam es jetzt, als Marko die Ankündigung wahr machte und Red-Bull-Ersatzmann Ricicardo beförderte. Wirklich überraschend ist die Rochade nicht. Der Rennstall ist bekannt dafür, hart durchzugreifen, auch während der Saison. Ein Beispiel dafür war Pierre Gasly, der 2019 zur Halbzeit von Red Bull zu Toro Rosso (Vorgänger von AlphaTauri) versetzt wurde.
Vettel begrüßt Ricciardo beim Training
Ricciardo war für Red Bull und AlphaTauri die naheliegendste und logische Lösung. Er kennt das Team aus seiner Zeit zwischen 2014 und 2018, er verfügt über die Erfahrung von 232 Grand-Prix-Rennen. Ursprünglich wollte Ricciardo erst nach der Saison wieder als Stammpilot angreifen. Da die Tür dann aber möglicherweise schon wieder zu gewesen wäre, sagte er zu.
In seiner neuen Rolle ist Ricciardo umso mehr eine Gefahr für Red-Bull-Pilot Sergio Perez, der auch in dieser Saison im Schatten von Verstappen zu verschwinden droht. Denn ab dem Rennen auf dem Hungaroring (21. bis 27. Juli) hat Ricciardo nun Zeit, sich im AlphaTauri zu präsentieren und sich auch für ein Red-Bull-Cockpit 2024 zu beweisen. Zwar betonte Teamberater Marko zuletzt, dass Perez auch im kommenden Jahr für die "Bullen" fahren soll. Doch die Formel 1 ist mitunter ein Geschäft, in dem das "Geschwätz von gestern" schnell keinen mehr interessiert.
Für Ricciardo ist der AlphaTauri-Deal auch die Möglichkeit, die Flaute bei McLaren auszumerzen. Die zwei Jahre bei dem Traditionsrennstall verliefen für den Australier extrem enttäuschend, gegen Youngster Lando Norris machte er kaum mal einen Stich. Im Ricciardo-Lager hofft man, dass er sich in der Red-Bull-Familie zu Hause fühlt und wie in seiner ersten Red-Bull-Zeit aufblüht. Erinnerungen daran gab es auch beim Test am Dienstag. Plötzlich stand Ex-Kollege Sebastian Vettel neben Ricciardos Wagen. Plaudernd und grinsend. Fast wie früher.
Quelle: ntv.de