Fußball

Duell mit Boxhandschuhen Als Rummenigge seinen Trainer schlug

Kalle Rummenigge konnte ganz schön martialisch sein.

Kalle Rummenigge konnte ganz schön martialisch sein.

(Foto: imago images/Kicker/Eissner, Liedel)

Kaum zu glauben: Bayerns Nationalspieler Kalle Rummenigge duelliert sich mit seinem eigenen Trainer - und verpasst ihm dabei auch noch richtig einen auf die Zwölf. In Bremen hingegen schreibt ein betrunkener Schiri Geschichte.

Als sich Bayerns Stürmerstar Karl-Heinz Rummenigge viele Jahre später an die Saison 1975/76 erinnerte, erzählte er lachend eine Anekdote aus den Hinterzimmern des Rekordmeisters: "Als Dr. Spannbauer noch unser Vereinsarzt war, lud er mal die ganze Truppe in sein Landhaus ein, das über sämtliche Schikanen verfügt: Kegelbahn, Schwimmbad etc. Dort hingen auch Boxhandschuhe herum, und Dettmar Cramer schlug mir vor, mal ein paar Runden mit ihm zu boxen. Während es für mich ein unheimlicher Jux war, geriet Cramer nach und nach in Rage und bedrängte mich. Da habe ich ihm auf einmal blitzschnell eins voll auf die Nase gegeben. Das war es dann auch! Er wollte nicht mehr. Die anderen Spieler haben sich köstlich amüsiert. Aufgestellt hat mich der Trainer trotzdem wieder."

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Es war sowieso eine vollkommen kuriose Spielzeit - und das hat besonders mit einem Mann und einer Anekdote für die Ewigkeit zu tun. Es war der 8. November 1975, als Schiedsrichter Wolf-Dieter Ahlenfelder zusammen mit seinen beiden Linienrichtern gemütlich in der Vereinsgaststätte von Werder Platz genommen hatte und zu Mittag aß. Der Jahreszeit entsprechend wurde eine Gans mit Rotkohl und Klößen aufgetischt. Die Drei speisten genüsslich, klönten ein bisschen und vergaßen darüber die Zeit. Als um 14:30 Uhr Werders Schiedsrichterbetreuer Richard Ackerschott an ihren Tisch kam und fragte, wann die Männer in Schwarz sich denn warmmachen wollten, packten sie sich an ihre prall gefüllten Bäuche.

So würde das heute nichts werden, dachten sie und wollten den Magen erst einmal mit ein oder zwei schnellen Bieren durchspülen. Und das klappte auch gut. Die Gans begann zu schwimmen. Doch mittlerweile war es schon 14:45 Uhr geworden, und noch wollten das gebratene Federvieh, der Rotkohl und die Klöße nicht richtig absacken. Man entschloss sich, das widerborstige Essen nun härter zu bekämpfen und bestellte neben einer neuen Runde Pils auch einen Malteser. Und weil das so gut funktionierte, wiederholten die drei fröhlichen Männer den Spaß noch ein, zwei Mal und gingen dann runter zum Umziehen - schließlich stand ja noch die Bundesligapartie des SV Werder Bremen gegen Hannover 96 auf dem Programm.

"Schiri, sind Sie sicher, dass schon Halbzeit ist?"

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Doch wo war nur diese verflixte Kabine? Ahli und seine zwei Begleiter irrten durch die Katakomben und fanden trotz längerem Suchen ihren Raum nicht. Erst auf Nachfragen wurden sie fündig. Lachend schmissen sie sich in ihre schwarze Kluft und warteten auf den Schiedsrichterbetreuer, der sie aufs Feld führen sollte. Als dieser jedoch die Kabine der drei Offiziellen betrat, ging er schnurstracks wieder hinaus und besorgte erst einmal eine Flasche Mundwasser. Der Alkoholgeruch war ihm auf den Magen geschlagen.

Die folgenden Geschehnisse schildert Schiedsrichter Ahlenfelder am besten selbst: "Nach dreißig Minuten habe ich zur Halbzeit abgepfiffen. Nicht fragen, weshalb, wieso, warum. Da hatten wir wohl einen zu viel getrunken, ich weiß es auch nicht. Ja, das ist Ahlenfelder." Genau so war es. Die Partie wurde schon nach einer halben Stunde unterbrochen. Völliges Unverständnis bei den Spielern, Irritationen bei den Zuschauern und blankes Entsetzen bei den Offiziellen beider Vereine.

Als Ahlenfelder gerade Richtung Katakomben abmarschieren wollte, stellte sich ihm der Bremer Abwehrrecke Horst-Dieter Höttges in den Weg. Freundlich wendete er sich an den Mann in Schwarz: "Schiri, sind Sie sicher, dass schon Halbzeit ist?" Jetzt war auch Ahlenfelder irritiert: "Warum denn nicht, Höttges?" Der Bremer zeigte auf sein Jersey: "Mein Trikot, wissen Sie, ist in der Halbzeit immer klitschnass. Und schauen Sie mal, das ist ja noch fast staubtrocken!"

Einen Ahlenfelder, bitte!

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Ahlenfelder fasste das Shirt an, nickte Höttges fast beschwörend zu und fragte mit trotzig-zittriger Stimme: "Und was nun, Höttges?" Der Bremer deutet zur Seitenlinie. Dort tippte einer der beiden Linienrichter intensiv auf seine Armbanduhr und zeigte dann hoch zur großen Stadionuhr. Es war erst kurz nach vier. Ahlenfelder verstand geistesgegenwärtig, was zu tun war, pfiff seine dritte Bundesligapartie erneut mit einem Schiedsrichterball an - und nach insgesamt nur 42 Spielminuten dann endgültig in die Halbzeitpause.

Findige Geschäftsleute reagierten schnell und boten in ihren Kneipen eine echte Neuerung an, die sich bis heute in der Werder-Vereinsgaststätte gehalten hat. Der legendäre Schiedsrichter, der es als einziger Unparteiischer bis auf den heutigen Tag schaffte, ein Bundesligaspiel bereits nach knapp dreißig Minuten in die Halbzeit zu pfeifen, sagte selbst über den Kneipen-Clou: "Wenn man in Bremen einen Ahlenfelder bestellt, bekommt man ein Malteser-Bier-Gedeck. Da bin ich stolz drauf." Mittlerweile hat sich sogar eine Gaststätte unweit des Weserstadions nach dem legendären Schiedsrichter benannt.

Den Titel holte schließlich - wie in der Vorsaison - erneut die Fohlen-Elf aus Mönchengladbach. Schon vor der Spielzeit hatte der scheidende Gladbacher Trainer Hennes Weisweiler gefrotzelt: "Die Borussia wird wieder Meister, das wird auch der Udo Lattek nicht verhindern können." Und er hatte auch deshalb Recht, weil Weisweilers Schatten in die neue Spielzeit hineinragte. Berti Vogts erinnert sich: "Wir waren traurig, dass Hennes Weisweiler nach Barcelona gegangen ist. Wir wollten ihm beweisen, das wir auch ohne ihn Meister werden können, dass wir erwachsen geworden sind." Es klappte - und der neue Trainer der Borussia, Udo Lattek, bewies in der Folge, dass er wahrhaft einer der Größten seiner Zunft ist.

Quelle: ntv.de

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