Fußball

Kaum Worte, dafür Torte Bayerns 60-Millionen-Hoffnung schweigt bei Sekunden-Vorstellung

Michael Olise bekam von Max Eberl eine Torte zum Auftakt beim FC Bayern.

Michael Olise bekam von Max Eberl eine Torte zum Auftakt beim FC Bayern.

(Foto: picture alliance/dpa)

Endlich ist er da, der neue Wunschspieler des FC Bayern: Die Münchner stellen Michael Olise vor, doch der junge Franzose ist kein Mann der großen Worte. In der FCB-Offensive könnte er aber ein neues Prunkstück formen - und Trainer Vincent Kompany vor schwierige Aufgaben stellen.

Michael Olise schlägt die Hände über dem Gesicht zusammen. Vergräbt sich gerade zu in ihnen. Er bläst die Wangen auf, während die feuchten Augen glänzen. Lässt den Kopf hängen. Die französische Fußball-Nationalmannschaft hat bei den Olympischen Spielen gerade das Finale gegen Spanien in der Verlängerung verloren und der 22-jährige Neuzugang des FC Bayern München will nichts mit der Silbermedaille zu tun haben. Als einziger Franzose nimmt er sie direkt ab. Sein Zeichen: Unbedingter Siegeswille, nur Titel zählen. Wenn nicht bei Olympia, dann jetzt beim deutschen Rekordmeister.

Bei seiner offiziellen Vorstellung am heutigen Nachmittag erhält der 60-Millionen-Einkauf (inklusive Bonuszahlungen), der teuerste dieser Saison beim FC Bayern, eine Torte von Sportvorstand Max Eberl überreicht. Darauf sind die olympischen Ringe und "FCB" abgebildet. Das war es dann aber schon mit den Highlights, der 360 Sekunden, die Olise auf dem Podium Platz nimmt. Schnell wird klar: Dieser Mann kann ein Star auf dem Platz werden, am Mikrofon ist er es nicht. Er ist kein Lautsprecher, sondern zurückhaltend, wortkarg und bescheiden. Das kann der FC Bayern, wo es gerne mal zu laut und großspurig hergeht und wo zu viel gesprochen wird, gut gebrauchen.

Wie er in München angekommen und wie er in der Mannschaft aufgenommen worden sei, lautet die erste Frage an Olise. "Good", seine Antwort. Schweigen. Als Nächstes: Schieße er denn lieber Tore oder bereite er lieber vor? "Ich mag beides, was auch immer." Pause. Dann: Ob es eine Bürde sei, der teuerste Neuzugang des Sommers zu sein? "Ich schaue nicht auf die Schlagzeilen. Der Klub will, dass ich einen Job erledige und dafür bin ich da." Sein Job ist Fußball spielen und nicht sprechen. Nach sechs Minuten gibt es Foto mit Eberl, dann ist die kurze Nebenaufgabe vorbei.

Neue Ära mit Olise und Musiala

Olise kommt vier Tage nach dem olympischen Finale nach München, will keine Pause. Auch das ist eine Ansage. Der Flügelstürmer ist Bayerns "Wunschspieler" vom englischen Premier-League-Klub Crystal Palace. Der 22-Jährige sei "ein Unterschiedsspieler", sagte Eberl bei seiner Verpflichtung. Nun fügte er hinzu: "Michael hat beim Olympia-Turnier gezeigt, was er kann. Er hat in England in knapp 200 Spielen fast 100 Torbeteiligungen und hat sich so zu Bayern München gespielt." Olise sei "ein sehr kreativer Spieler. Er ist ein Spieler, der uns sehr viel Freude machen wird."

Eberl sieht Olise als "schnell, trickreich, torgefährlich und offensiv sehr variabel einsetzbar." Meist kommt er jedoch über die rechte Seite. Mit seinem starken linken Fuß zieht er nach innen und schließt in den langen Winkel ab. Ob der FC Bayern Arjen Robben vermisst hat? Zumindest erinnert diese Abschlussweise an die Niederlande-Ikone.

Olise soll die Zukunft des FC Bayern prägen. Eine neue Ära einläuten, die Post-Thomas-Müller-Zeit. Mit Spielern wie Jamal Musiala, der seine Fußstapfen bereits eindrucksvoll hinterlassen hat, und welchen, die noch dabei sind, sich zu beweisen: Mathys Tel (19 Jahre), dem von den Bayern-Bossen mehr Spielzeit versichert wurde. Aleksandar Pavlović (20 Jahre), der den Offensivkräften auf Jahre hin den Rücken freihalten soll.

Thomas Müller kämpft um Stammplatz

Vor allem mit Musiala könnte Olise schnell ein gutes Spielverständnis aufbauen, schließlich haben beide in der Jugend beim FC Chelsea zusammengespielt. Der Franzose lobt den Deutschen auf der Vorstellung als "Top-Spieler". Wird es gar eine neue Robbery-Ära geben, wie damals, als die Flügelzange mit Arjen Robben auf dem rechten und Franck Ribéry auf dem linken Flügel die Bundesliga und Europa durcheinanderwirbelten? Immerhin erklärt Olise in München, dass er Ribéry "sehr mag".

Weil Musiala wohl den zentralen Platz hinter Harry Kane sicher hat, dürfte eher ein magisches Dreieck der Zukunft entstehen: mit Tel auf links, Musiala in der Mitte und Olise auf rechts. So oder so: Das offensive Mittelfeld der Bayern könnte zu einem neuen Prunkstück heranwachsen. Olise wurde deshalb langfristig bis 2029 gebunden.

Da sind ja auch noch die etablierten Kräfte. Serge Gnabry, den die Bayern-Bosse auf keinen Fall hatten abgeben wollen. Leroy Sané, der wie Olise auch meist über rechts kommt und seinen Spind in der Kabine ausgerechnet direkt neben dem französischen Neuzugang hat. Kingsley Coman, der womöglich noch wechseln wird. Und natürlich Urgestein Thomas Müller, der jüngst im "Kicker" erzählte: "Meine Stärken sehe ich immer noch darin, Torchancen zu kreieren und Tore zu erzielen. Natürlich gefällt es mir, dass wir wieder einen Pressingansatz haben, das kommt meinen Stärken entgegen."

Besonderes Lob für Olise

Pressen kann aber auch Olise wie kein Zweiter, schließlich hat er sich in der im Vergleich zur Bundesliga schnelleren und körperlicheren Premier League behauptet. Sein Nationaltrainer, die französische Legende Thierry Henry, die die Équipe bei Olympia trainierte, adelte den Youngster dementsprechend: "Ein sehr wichtiger Spieler für uns. Er kann passen, er kann treffen, er hat ein sehr gutes Raumverständnis. Er weiß, wie er zu pressen hat." Zwei Turniertore und fünf Vorlagen standen am Ende zusätzlich zur Silbermedaille auf Olises Konto.

Vincent Kompany sieht sich durchaus einem Überangebot in der Offensive gegenüber. Keine einfache Aufgabe für den neuen Bayern-Coach, der ohnehin noch seine Note finden muss. Aber die vielen Kräfte, die auf einen Startplatz drängen, schaden den Münchnern bei der Jagd nach Titel garantiert nicht. Es könnte genau dieser Konkurrenzkampf sein, der nach der Pleiten-Saison wieder das Erreichen der stets hochgesteckten Ziele der Bayern ermöglicht.

"Michael hat wieder den Unterschied gemacht. Er vollbringt mit seinem Fuß ziemlich außergewöhnliche Dinge." Mit diesen Worten schwärmte Thierry Henry nach dem 3:1 nach Verlängerung im Halbfinale gegen Ägypten bei den Olympischen Spielen von Olise, seinem Unterschiedsspieler auf dem Weg zur Silbermedaille. Der nun auch außergewöhnliche Dinge für die Münchner vollbringen soll. Ebenfalls mit dem Fuß, versteht sich. Mit dem Mund will es Michael Olise ja ohnehin nicht so.

Quelle: ntv.de

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