Morddrohungen von BVB-Anhängern Bundesliga-Schiri bekam nach Fehler Polizeischutz
04.09.2024, 10:31 Uhr
Der BVB fühlte sich im späten April 2023 mal wieder verschaukelt.
(Foto: picture alliance / SVEN SIMON)
Nach einem spielentscheidenden Fehler, über den sich vor allem Borussia Dortmund im Titelrennen ärgert, erhält Schiedsrichter Stegemann im Jahr 2023 Morddrohungen. Nun berichtet er über die Reaktionen seiner Frau und der Polizei.
Bundesliga-Schiedsrichter Sascha Stegemann hat nach einem schwerwiegenden Fehler eigenen Angaben zufolge vier Wochen unter Polizeischutz gestanden. Der Unparteiische hatte zuvor Borussia Dortmund im Spiel beim VfL Bochum Ende April 2023 einen berechtigten Foulelfmeter verweigert. Durch das 1:1 büßte der BVB damals zwei Punkte im Duell mit dem FC Bayern ein, der sich dann am letzten Spieltag noch die deutsche Fußball-Meisterschaft aufgrund des besseren Torverhältnisses gegenüber den am 34. Spieltag mit 2:2 gegen Mainz versagenden Dortmundern holte.
FIFA-Schiedsrichter Stegemann hatte sich bereits am folgenden Tag für seinen Fehler entschuldigt und später Morddrohungen gegen ihn öffentlich gemacht. Wie der "General-Anzeiger" berichtet, schilderte der 39-Jährige aus Niederkassel nun vor anderen Schiedsrichtern in der Sporthochschule Köln weitere Einzelheiten aus den Stunden und Tagen nach der damaligen Partie.
In der Kabine habe er auf seinem Handy eine Nachricht seiner Frau vorgefunden. Sie habe ihm geschrieben: "Oh mein Gott, sie zerreißen dich." Stegemann war sich auf dem Platz seiner Entscheidung sicher gewesen, der Videoassistent hatte ihn nicht zur Überprüfung aufgefordert. Erste Zweifel kamen ihm erst nach dem Schlusspfiff aufgrund von Reaktionen der Dortmunder.
Mit einer einzigen Entscheidung die Meisterschaft entschieden?
Ihm sei bewusst geworden, dass er mit einer einzigen Entscheidung womöglich die deutsche Meisterschaft beeinflusst habe. An die ersten 30 Kilometer der Rückfahrt erinnere er sich überhaupt nicht mehr, schilderte der Unparteiische aus dem Rheinland. Den Ausflug am folgenden Tag, den er seinem Sohn versprochen hatte, habe er abgesagt, um Interviews zu geben und Verantwortung für seinen Fehler zu übernehmen.
Am Abend hätten dann daheim zwei Polizisten bei ihm geklingelt und von konkreten Morddrohungen gegen ihn und seine Familie berichtet, sagte Stegemann dem Bericht zufolge. Er sei dann auch am folgenden Tag zu einem Fernsehauftritt nach München begleitet und vier Wochen lang geschützt worden.
Seine Frau habe ihn darin bestärkt, Schiedsrichter zu bleiben. Vielleicht sei ihm nach der Leitung des DFB-Pokalfinales zwischen Freiburg und Leipzig 2022 ein Stück weit die Leidenschaft verloren gegangen, räumte er ein. "Vielleicht fühlte ich mich unverwundbar. Aber du musst demütig sein. Die meisten Fehler machst du im Erfolgsfall."
Erinnerungen an Felix Zwayer
Bereits eine Saison zuvor sollen die Fans von Borussia Dortmund einen Schiedsrichter bedroht haben. Felix Zwayer war nach dem Wirbel um seine Person beim Bundesliga-Gipfel im Dezember 2021 zwischen Borussia Dortmund und Bayern München laut eigener Aussagen heftig angefeindet worden.
"Auf meinem dienstlichen E-Mail-Account sind zahlreiche Nachrichten eingegangen, die unglaublich sind und mit denen es sehr schwer ist, umzugehen und diese zu ignorieren", hatte der Schiedsrichter damals erklärt. Die Berliner Polizei habe ihm geschrieben, "dass eine Morddrohung gegen mich im Internet existiert". Zwayer war von den Dortmundern nach deren 2:3-Niederlage Anfang Dezember 2021 kritisiert worden.
Besonders hart hatte ihn der damalige BVB-Star Jude Bellingham verbal attackiert. Der Engländer hatte Zwayer in Anspielung auf den Skandal um Robert Hoyzer in den 2000er-Jahren indirekt Bestechlichkeit vorgeworfen.
Zwayer hatte danach für fast drei Jahre keine Spiele der Dortmunder gepfiffen und war erst beim ersten Saisonspiel der aktuellen Spielzeit, einem 2:0 des BVB gegen Eintracht Frankfurt, wieder im Westfalenstadion als Bundesliga-Schiedsrichter eingesetzt worden. Stegemann ist seit dem 28. April 2023 ohne Einsatz in Spielen von Borussia Dortmund.
Quelle: ntv.de, sue/dpa