Mit überraschendem Vergleich Darmstadt-Coach fühlt sich in Bundesliga unerwünscht
23.09.2023, 13:50 Uhr
Torsten Lieberknecht machte seinem Ärger Luft.
(Foto: IMAGO/Michael Weber)
Fünf Spiele, vier Niederlagen, Platz 18: Der SV Darmstadt 98 ist schlecht in die Saison gestartet. Trainer Torsten Lieberknecht wählt nun einen überraschenden Vergleich, um auszudrücken, dass die Lilien sich in der Bundesliga nicht besonders freundlich aufgenommen fühlen.
Ziemlich genau zehn Jahre ist es her, dass Torsten Lieberknecht seinen Ärger schon einmal in blumige Worte verpackte. "Es gab dann wieder Momente, wo du merkst, du bist dieser kleine Piss-Verein", schimpfte der damalige Trainer von Eintracht Braunschweig Ende August 2013 nach einer 0:4-Niederlage gegen den Hamburger SV, damals noch ein Bundesliga-Duell. "Du bist dieser Piss-Verein, der auch bei den Schiedsrichtern nicht diese Wahrnehmung hat", wähnte Lieberknecht am NDR-Mikrofon eine systematische Benachteiligung seiner Mannschaft: "Sind es 50:50-Entscheidungen, fallen sie immer für die Großen aus."
Braunschweig und der HSV sind mittlerweile zweitklassig, während Lieberknecht den SV Darmstadt 98 in der Vorsaison zurück in die erste Liga geführt hat. Dort allerdings scheint sich der 50-Jährige nicht sonderlich willkommen zu fühlen, wie er am DAZN-Mikrofon mit einem bemerkenswerten Vergleich ausführte. Die Bundesliga sei so etwas wie ein "Cluburlaub", sagte Lieberknecht: "Seit 25 oder 30 Jahren fahren immer die gleichen Gesichter in den Club - und dann kommen irgendwann ein paar neue Gäste dazu und dann wird halt geguckt: Wie benehmen die sich? Was ziehen die an?" So weit, so verständlich: Die Darmstädter stehen als Neuling unter Beobachtung, es ist schließlich erst ihre dritte Bundesliga-Spielzeit in den vergangenen 40 Jahre.
Die hat mit vier Niederlagen aus fünf Spielen miserabel begonnen, zumal der einzige Punktgewinn aus einem 3:3 gegen Gladbach stammt, bei dem der SVD zur Halbzeit noch mit 3:0 geführt hatte. Durch das jüngste 1:3 (1:2) beim VfB Stuttgart rutschten die Lilien aufgrund des Torverhältnisses auf den 18. und letzten Rang der Tabelle ab. Für Lieberknecht haben dazu auch die Unparteiischen ihren Teil beigetragen. "Dann hast du den Barkeeper, der sitzt im Keller in Köln", sagte er und meinte den in der Rheinmetropole beheimateten Videoschiedsrichter, "und hat auch noch eine Meinung und sagt: 'Pass mal auf, die neuen Gäste sind nicht so ganz, wie wir uns das vorstellen.'"
"Darmstadt wurde zweimal benachteiligt"
Lieberknecht hat also das Gefühl, der SV Darmstadt 98 sei eine Art ungebetener Gast in der Bundesliga, werde womöglich gar benachteiligt. Dabei dürften weniger die Eindrücke aus der Niederlage in Stuttgart eine Rolle spielen, sondern die Schiedsrichter-Entscheidungen vom 3:3 gegen Gladbach und dem 1:5 in Leverkusen nachwirken. Der Gladbacher Aufholjagd war ein harter Platzverweis gegen Matej Maglica kurz nach Beginn der zweiten Halbzeit vorausgegangen, initiiert vom Videoschiedsrichter.
In Leverkusen waren zwei Darmstädter unmittelbar vor dem 0:1 mit den Köpfen zusammengestoßen und sichtlich benommen zu Boden gegangen, ohne dass der Schiedsrichter die Partie unterbrochen hätte. Die "Hessenschau" resümiert dazu: "Die Darmstädter, das lässt sich auch objektiv festhalten, wurden zweimal benachteiligt und regten sich zu Recht auf."
Eben jene Aufregung formulierte Lieberknecht dann auch nicht nur bei DAZN, sondern auch am ARD-Mikrofon. Wegen bestimmter Dinge "auf und neben dem Platz" müsse sich seine Mannschaft "noch etwas rotziger präsentieren", sagte der Darmstadt-Coach. Angesprochen auf den Cluburlaub-Vergleich wiederholte er, dass der SVD dort wohl nicht hereinpasse: "Das merkt man ab und zu, das haben wir letzte Woche gemerkt, das haben wir heute gemerkt. Mancher Klubchef an der Bar hat vielleicht was dagegen."
Womöglich "brauchen wir einen neuen Anzug", fasste Lieberknecht zusammen, was seine Mannschaft nun ändern könne. Vor zehn Jahren waren die von ihm trainierten Braunschweiger am Saisonende als Tabellenletzter gleich wieder abgestiegen. Davon sind die Lilien noch ein gutes Stück entfernt, zumal ja noch 29 Spiele auf dem Plan stehen und damit reichlich Chancen, die Abstiegsränge wieder zu verlassen.
"Wir wollen vieles zu gut machen und sind manchmal übermotiviert", zeigte sich Lieberknecht außerdem selbstkritisch. "Wir haben, glaube ich, gezeigt, dass wir Gegner vor Probleme stellen können. Es hat aber eben nicht gereicht." Die Statistiken wiesen derweil eine klare Unterlegenheit Darmstadts an diesem Freitagabend aus. So brachten die Lilien keinen einzigen Schuss aufs Tor, durchaus bemerkenswert angesichts des Endstands von 1:3 - allerdings traf Stuttgarts Dan-Axel Zagadou mit einer missglückten Abwehraktion für den SVD, der auch bei den gewonnenen Zweikämpfen (88:121) deutlich abfiel.
Quelle: ntv.de, tsi