Fußball

Zeitenwende im Weltfußball Das war's dann für Lionel Messi

Ein letztes Mal Weltfußballer: Lionel Messi.

Ein letztes Mal Weltfußballer: Lionel Messi.

(Foto: IMAGO/MAXPPP)

Ein letztes Mal darf sich Lionel Messi über den Ballon d'Or freuen. Ein letztes Mal wird der Argentinier Weltfußballer. Dass es in diesem Jahr schon äußerst eng war, weiß er selbst. Und so leitet er die Zeitenwende im Kampf um die Krone mit tröstenden Worten ein.

Lionel Messi wusste, dass es in diesem Jahr verdammt eng geworden war. Erling Haaland hatte in der Premier League und in Europa keine Gnade gezeigt und war über nahezu jeden Gegner hinweggewalzt. Unaufhaltsam, ganz anders als Messi. Nicht filigran, selten zum Zungeschnalzen, aber dafür gnadenlos. Rekorde sind für ihn keine Visionen, sondern nur Wegmarken. In der vergangenen Spielzeit, seiner ersten in England, knackte er direkt den Torrekord, gehalten von den legendären Stürmern Alan Shearer und Andy Cole. Und er gewann die Meisterschaft und die Champions League. Mehr geht kaum, auch nicht als Argument für den Ballon d'Or.

Der aber geht nicht zum ersten Mal nach Norwegen, sondern zum achten Mal nach Argentinien. Messi hat es wieder geschafft. Und das ist in Ordnung so. Immer mal wieder war angefochten worden, ob die Leistungen des Argentiniers besser waren als die der anderen. Vor allem das Duell mit Cristiano Ronaldo wurde zur emotionalen GOAT-Frage: Wer ist der Größte aller Zeiten? Bis heute stehen sich die Lager unversöhnlich gegenüber. Dabei ist dieses Duell längst Geschichte. Ronaldo hatte sich im vergangenen Jahr wütend aus Europa, von Manchester United verabschiedet und verdient sich seither in der Saudi Pro League dumm und dusselig. Highlights für eine abermalige, finale Bewerbung um den Ballon d'Or konnte er nicht mehr liefern. Seine Zeit ist vorbei.

Herausragende Leistungen bei der WM

Das gilt nun auch für Messi. Auch der war aufs Jahr betrachtet nicht der beste Spieler der Welt. Das war Haaland. Dafür war seine Zeit bei Paris St. Germain zu schwach, genauso wie in der MLS, bei Inter Miami. Aber der 36-jährige Genie hat seit dem 18. Dezember 2022 etwas Einzigartiges in seiner Vita stehen. Auf der letzten Rille der Karriere führte er Argentinien zum WM-Titel, stillte damit die Sehnsucht seiner Nation und seiner selbst. Es war seine Vollendung. Und "führen" ist das richtige Wort, Messi lieferte noch einmal beeindruckend ab. Sieben Tore erzielte er, unter anderem zwei im Finale gegen Frankreich. Drei Treffer legte er seinen Teamkollegen vor. Er wurde mit dem "Goldenen Ball" als bester Spieler des Turniers ausgezeichnet. Die FIFA lobte: "Dass es endlich mit dem WM-Titel klappen sollte, unterstrich Messi im Turnierverlauf mit einigen seiner besten Leistungen auf der Weltbühne des Fußballs."

Über das, was Messi dem Fußball in den vergangenen beiden Dekaden gegeben hat, ist alles erzählt. In 889 Pflichtspielen auf Klubebene (Miami schon eingeschlossen) hat er unfassbare 721 Tore geschossen und 344 vorbereitet. Sein ewiger Widersacher Ronaldo steht kaum schlechter da: 982 Spiele, 729 Tore, 188 Vorlagen. Hinzu kommen zig Scorerpunkte in Länderspielen. Und Titelsammlungen, die so kaum jemand anders vorweisen kann. Ob es jemals ein spektakuläreres Duell gab oder geben wird? Niemand kann das vorhersagen, auch Messi nicht. Er bereitete seinen Nachfolgern aber nun, bei der Ballon-d'Or-Gala in Paris, mit großen Worten den Weg.

"Erling hätte es auch sehr verdient gehabt"

Er sei sicher, so betonte er, dass Haaland und Kylian Mbappé, sein alter Klubkollege bei PSG und Widersacher im WM-Finale von Katar, in Zukunft an seine Stelle treten würden. "Erling hätte es auch sehr verdient gehabt. Er hat die Premier League und die Champions League gewonnen und war gleichzeitig der beste Torschütze aller Zeiten. Diese Auszeichnung hätte heute auch Ihnen gehören können …", sagte der Weltmeister und schob nach: "Ich bin mir sicher, dass du es in den nächsten Jahren gewinnen wirst." Haaland wurde Zweiter, Mbappé Dritter.

Aber sehr viel deutet darauf hin, dass es einen solch heroischen Zweikampf, der nur je einmal von Luka Modrić und Karim Benzema unterbrochen worden war, wie zwischen Messi und Ronaldo künftig nicht mehr geben wird. Zu viele junge Spieler bringen sich in diesen Monaten mit herausragenden Leistungen in Stellung. Allen voran Jude Bellingham, der den Schritt vom Anführer des BVB zum Anführer von Real Madrid mit einer absurden Leichtigkeit vollzogen hat, dass selbst die Königlichen sich nur wundern können. Den Clasico zuletzt entschied er nach Rückstand mit zwei Toren. Barcelonas Torhüter Marc-André ter Stegen gestand danach: "Er hat das Spiel verändert." Bellingham gelingt derzeit alles, jetzt braucht es nur noch große Titel. Mit Real, mit England. Beides ist machbar. Nicht nur in dieser Saison, die mit der EM in Deutschland endet, sondern für viele Jahre.

Zwei Deutsche spielen groß auf

Aber auch in Deutschland kommen Spieler auf, die in den kommenden Jahren weit vorne landen können. Allen voran Jamal Musiala, der bei der Wahl 2023 "nur" auf Rang 26 kam. Was angesichts einer versemmelten WM des DFB-Teams und einem wilden ersten Halbjahr seines FC Bayern auch okay ist. Aber die Entwicklung des 20-Jährigen ist phänomenal. Beim Rekordmeister ist er jetzt schon Schlüsselspieler, hat den ewigen Thomas Müller auf die Bank geschickt. Fast alle Gigantenklubs aus Europa sollen Musiala auf dem Zettel haben. Es kommen immer mehr Gerüchte auf, dass ein Sommerwechsel denkbar wäre. Womöglich ersetzt der FC Bayern sein Supertalent (Obacht, nur Spekulation!) mit einem anderen: mit Florian Wirtz. Im erstaunlichen Bayer-Ensemble ist er die größte Attraktion, am Wochenende verzauberte er die Bundesliga mit einem Traumtor gegen Freiburg.

Aber Obacht: Das letzte deutsche Weltklasse-Talent, Kai Havertz, hat zuletzt einen bitteren Absturz erlebt. Vom Champions-League-Helden des FC Chelsea ist er zum Joker des FC Arsenal geworden. Und auch in der Nationalmannschaft ist er längst kein Stammspieler mehr. Die Fallhöhe ist immens. Bester Deutscher bei der Wahl wurde übrigens İlkay Gündoğan, erst Kapitän von Haalands unglaublichen Citizens und nun Chef im Mittelfeld des FC Barcelona. Mit dem hatte Messi seine beste Zeit erlebt, lange her. Lange vorbei. Das war's für Messi, sein letztes Statement als Aktiver auf der Weltbühne war schillernd. Das von Ronaldo staubig, in Saudi-Arabien, wo sich ebenfalls eine Zeitenwende im Fußball vollziehen soll. Aber auf ganz anderer Ebene.

Quelle: ntv.de

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