Fußball

Löst er Flicks großes Problem? Der Hoffnungsträger, den niemand kennt

Timo Werner ist der Hoffnungsträger im Sturm. Aber hier geht's um David Raum.

Timo Werner ist der Hoffnungsträger im Sturm. Aber hier geht's um David Raum.

(Foto: dpa)

Zwar fehlt Deutschland ein echter Stoßstürmer, aber in der Offensive hat Bundestrainer Hansi Flick eigentlich keine Probleme. Anders sieht es in der Defensive aus. Da ist die Lage angespannter. Für zwei Talente ist das nun eine herausragende Chance, sich zu beweisen.

Für David Raum könnte es in den nächsten Stunden oder Tagen tatsächlich noch ziemlich blöd laufen. Denn womöglich muss der Fußballer der TSG Hoffenheim Dinge tun, die er offenbar überhaupt nicht gerne tut. Womöglich muss er ein Lied singen. Das muss man nämlich normalerweise tun, wenn man für die A-Nationalmannschaft von Deutschland gespielt hat. Und genau das hatte Raum ja getan. Vor ein paar Wochen, als es für das Team von Bundestrainer Hansi Flick in der WM-Qualifikation gegen Armenien ging. In der 83. Minute war Raum für Thilo Kehrer eingewechselt worden.

Noch ohne Sorgen vor einer musikalischen Einlage kann Nico Schlotterbeck sein. Der Abwehrspieler des SC Freiburg ist zwar wie Raum zum zweiten Mal nominiert worden, aber zum Einsatz kam er noch nicht. Das könnte und soll sich ändern. Denn der Innenverteidiger möchte sich schon gerne beweisen und zeigen, dass er eine gute Option ist. Gerade auch mit Blick auf die Weltmeisterschaft 2022. Und auch wenn viele Menschen womöglich denken "träum weiter, Junge", könnte es für Schlotterbeck im kommenden Jahr nach Katar gehen. Denn der 21-Jährige spielt bislang nicht nur eine phänomenale Saison in der Sensationself aus Freiburg, sondern ist auch ein polyvalenter Fußballer.

Das ist ein ziemlich dämliches Wort. Aber gerade groß in Mode. Wenn die Marktzwänge es schon nicht mehr zulassen, dass alle Mannschaften alle Positionen doppelt besetzt haben, dann ist es eben gut, wenn es Spieler gibt, die mehrere Rollen einnehmen können. Und das ohne großen Verlust an Qualität und ohne große Anpassungsprobleme. Jonas Hofmann ist auch so einer. Der eigentlich offensiv ausgerichtete Mittelfeldmann bewirbt sich gerade fleißig um das Amt hinten rechts. Eine Problemstelle im deutschen Team. Auch, weil Joshua Kimmich unumstößlich im Mittelfeldzentrum gesetzt ist. Eine andere Problemstelle ist hinten links.

Dort galt Robin Gosens als Mann der Wahl und Mann der Hoffnung. Aber der 27-Jährige, der gerade zum ersten Mal Papa geworden ist, hatte sich vor wenigen Tagen in der Champions League schwer verletzt. Unter Tränen hatte der Spieler von Atalanta Bergamo den Platz verlassen. Er fällt offenbar mindestens bis Jahresende aus. Weil auch Marcel Halstenberg von RB Leipzig schon eine ganze Weile verletzt ist, ist die Lage ziemlich dünn. Gut für Raum. Und womöglich eben auch für Schlotterbeck. Dem die linke Seite als eine von mehreren Polyvalenzen bescheinigt wird. Und eine Chance bietet. Denn im Zentrum ist gerade alles dicht. Die formstarken Antonio Rüdiger und Niklas Süle sind klar gesetzt. Mats Hummels wäre das wohl auch, wenn er fit wäre. Robin Koch lauert noch und sogar Jérôme Boateng weiß nach einem Gespräch mit Flick nun wieder, dass er weiter ein Kandidat ist.

Höflich, aber unmissverständlich

Aktuell dürfte aber der Mann aus Hoffenheim der erste Kandidat für einen Einsatz auf links sein. Und mit Rumänien wartet am Freitagabend (20.45 Uhr bei RTL im Liveticker bei ntv.de) ein durchaus solider Gegner. Nicht direkt die härteste Aufgabe im Weltfußball, aber durchaus eine Mannschaft, die einem etwas abverlangen kann. Als Bewerbung für höhere Aufgaben in Zukunft taugt das durchaus. Aber auch Raum weiß: Der Sprung vom U21-Spieler, gemeinsam mit Schlotterbeck war er im Sommer Europameister geworden, zu den großen Jungs ist erheblich. "Im Training ist da schon eine andere Qualität", bekennt er in seiner ersten Medienrunde fürs DFB-Team.

Raum und Schlotterbeck sitzen zusammen auf dem Podium. Und sind sich in allem einig: Sie sind jetzt hier und wollen es bleiben. Sie sagen das dezent und höflich, aber unmissverständlich. Sie geben sich als Lehrlinge, fremdeln aber nicht. Denn sie wissen ja auch, was sie können.

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Während es für Schlotterbeck in der Bundesliga bereits prima läuft, kämpft Raum noch um die Form, die ihn in der vergangenen Saison zu einem der besten Zweitligaspieler gemacht hat. Damals noch bei Aufsteiger Greuther Fürth unter Vertrag, war er eine Sensation auf der Außenbahn und bereitete herausragende 15 Treffer vor. In Hoffenheim läuft es noch nicht so, auch weil es bei der TSG noch nicht stabil funktionieren will. Anders als bei der Nationalmannschaft. Die hat sich unter Hansi Flick erstaunlich schnell gefangen. Der erste Lehrgang mit drei Spielen hat eine zarte Euphorie entfacht. Und der Trainer ist schon wieder auf dem Weg einen Blitz-Riesen zu erschaffen, so wie einst beim FC Bayern, als er aus einer darbenden und verunsicherten Mannschaft innerhalb von zehn Monaten ein allesfressendes Titelmonster geformt hatte. Aufgabe und Zeitfenster sind für Flick vergleichbar.

Aber was macht der ehemalige Co-Trainer von Joachim Löw eigentlich anders als einstiger Chef, der im Sommer aus dem Amt geschlichen war und im November beim Länderspiel in Wolfsburg offiziell verabschiedet werden soll? Nun, Oliver Bierhoff, der den Übergang der Trainer ja zu verantworten hat, weiß es selbst nicht so ganz genau. Es sei eben auch sehr schwer, das im Detail zu vergleichen. Was Bierhoff aber weiß und lobt die "klare Philosophie". Die findet sich auch im System wieder. Vor allem in der Defensive. Viererkette ist die klare Ansage. Experimente? Nur noch personell. Bedeutet: Chancen für den polyvalenten Schlotterbeck und viel Platz für Raum. Auch auf der Gesangsbühne.

Quelle: ntv.de

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