Fußball

Blutleerer Auftritt in Eindhoven Der Profi-Mannschaft des BVB gehört der Fußball nicht

Mats Hummels (l.) schimpfte über den Schiedsrichter, Nico Schlotterbeck sah "Steigerungspotenzial".

Mats Hummels (l.) schimpfte über den Schiedsrichter, Nico Schlotterbeck sah "Steigerungspotenzial".

(Foto: IMAGO/Steinbrenner)

Borussia Dortmund ist nur noch 90 Minuten entfernt vom Einzug in das Viertelfinale der Champions League. Der blutleere Auftritt in Eindhoven sollte dem Rekordvizemeister jedoch Sorgen bereiten. Sie müssen sich extrem steigern, um ihre Saisonziele zu erreichen. Nur wie?

Es ist die Frage dieser Wochen: Wem gehört der Fußball? Die Profi-Mannschaft von Borussia Dortmund fand darauf am Dienstag im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League bei PSV Eindhoven ihre ganz eigene Antwort. Sie lautete: uns nicht! Trotz eines über weite Teile sedierten Auftritts erbeuteten die Teilzeit-Defensivmaschinen des Bundesliga-Giganten ein 1:1 und somit eine gute Ausgangsposition für das Rückspiel in drei Wochen. Im Kalenderjahr 2024 sind sie immer noch ungeschlagen. Das war es dann auch schon mit den guten Nachrichten.

Später fühlten sie sich mal wieder benachteiligt. Nach einer Grätsche von Mats Hummels im eigenen Strafraum fiel erst Eindhovens Malik Tillman und dann der BVB vom Glauben ab. Wiederholt nun machen die Dortmunder Schiedsrichterentscheidungen in Auswärtsspielen der Champions League zum zentralen Thema der Spielnachbetrachtung. Wenn jemand benachteiligt wird, dann die Deutschen und natürlich auch der BVB, sagte BVB-Berater Matthias Sammer in seiner Funktion als Amazon-Experte.

Hummels bereits 2021 vom VAR benachteiligt

"Welch ein Witz von einem Elfmeter gegen uns", kommentierte "Sündenbock" Hummels die Szene nur wenige Minuten nach Abpfiff in den sozialen Medien. "Schon wieder! Ich kann nicht glauben, dass es Entscheidungen wie heute, gegen Chelsea oder gegen PSG mit dem VAR geben kann." Vergessen hatte er dabei noch seinen Platzverweis bei einem 1:3 gegen Ajax Amsterdam im November 2021. Damals hatte der Verteidiger für eine Grätsche an der Mittellinie gegen den damaligen Ajax-Spieler Antony, der einen Sekundentod starb, nur um bald wieder fröhlich aufzuspringen, von Schiedsrichter Michael Oliver Rot gesehen. Der BVB verlor, schied wenig später aus der Champions League aus und Hummels schimpfte, vollkommen zu Recht, über eine "absurde Fehlentscheidung" des englischen Schiedsrichters. Er haderte mit dem Nichteingriff des VARs.

Trainer Edin Terzić fühlte sich zum wiederholten Male hinters Licht geführt. "Es ist das dritte Mal, dass wir nach einem Spiel in der K.-o.-Phase der Champions League über den Schiedsrichter diskutieren", sagte er und spielte wohl auf das letztjährige Spiel beim FC Chelsea und das Viertelfinale 2021 gegen Manchester City an. "Langsam reicht es", schimpfte der 2025 scheidende Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke über die Entscheidung von Srdjan Jovanovic im Spiel bei PSV Eindhoven und man wollte ihm beipflichten: "Ja, langsam reicht es! Spielt endlich wieder Fußball!"

Die Krise ist nur eine Niederlage entfernt

Trotz des ewigen Lamentierens auf dem Nebenkriegsschauplatz VAR darf es nach diesem Spiel keine Ausreden mehr geben. Borussia Dortmund irrlichtert weiter durch die Saison, nur die Ergebnisse verhindern momentan noch den totalen Zusammenbruch. Ungeschlagen im Jahr 2024 schlittert der BVB jedoch weiter in Richtung Krise, die bereits nach der ersten Niederlage ausbrechen dürften.

Zu blutleer, langweilig und ohne jede Inspiration spielt der Rekord-Vizemeister der Bundesliga und befindet sich erneut in einer Phase, die Trainer Edin Terzić in der Hinrunde mit breiter Brust so beschrieb: "Wir haben versucht, im Sommer unsere Schlüsse zu ziehen. Weniger sexy, mehr Erfolg. Wir haben lange genug in den letzten zehn Jahren schönen und sexy Fußball gezeigt, der am Ende aber nicht dazu geführt hat, unsere maximalen Ziele zu erreichen."

Auch Sahin und Bender bringen bislang keine Heilung

Diese maximalen Ziele sind längst abgeschrieben, denn nur gute zwei Wochen nach den Aussagen von Terzić nach dem achten Spieltag dieser Saison, endete die Dortmunder Serie von 17 ungeschlagen Liga-Spielen in Serie mit einem 0:4-Debakel zu Hause gegen den FC Bayern München. Den 21 Punkten der ersten neun Spiele fügten sie in den folgenden sieben bis zur Winterpause nur noch sechs Punkte hinzu. Im DFB-Pokal folgte das Aus in Stuttgart, in der Champions League setzten sie sich überraschend als Gruppenerster durch. Das dürfte Trainer Terzić den Job gerettet haben.

Im Winter bekam er trotzdem Verstärkung von zwei Vereinslegenden. Mit Nuri Şahin und Sven Bender gibt es neue Co-Trainer. Auch auf dem Transfermarkt fanden sich mit Rückkehrer Jadon Sancho und dem Niederländer Ian Maatsen zwei kurzfristige Leihlösungen für den wackelnden Giganten. Doch trotz vier Siegen und drei Unentschieden seit dem Re-Start der Liga zeigt der Trend mittlerweile erneut dramatisch in Richtung Rückschritt.

Ballpassagen, die nach fünf Pässen unterbrochen werden. Ein im Spielaufbau heillos überfordertes Mittelfeld um Marcel Sabitzer und Emre Can, ein übereifriger Maatsen, der mit einer Passquote von 63 Prozent und schlampigen Ballverlusten immer wieder Gefahr für das eigene Tor brachte, dazu ein vor jedem Ball in die Knie gehender, in der Luft hängender Niclas Füllkrug sowie der auf dem Flügel stets falsche Entscheidungen treffende Sancho, ließen das im Aufbau planlose Spiel der Dortmunder für jeden Zuschauer zur Qual werden.

Erschreckende Pass-Statistiken

Allein Donyell Malens sehenswerter Treffer zum 1:0 versprach so etwas wie Heilung. Doch das Traumtor war letztlich ein Strohfeuer. Nach 90 Minuten standen nur 77 Prozent angekommene Pässe, nur 46 Prozent Ballbesitz und nur acht Torschussversuche, sechs allein von Malen, der es gegen seinen alten Klub wenigstens versuchte. Besonders düster lasen sich die Statistiken von Niclas Füllkrug. Er spielte nur 13 Pässe, von denen sieben einen Mitspieler erreichten, es waren sechs Pässe weniger als die von Keeper Alexander Meyer auf Verteidiger Nico Schlotterbeck, der den Ball insgesamt achtmal zu Meyer zurückspielte. Nur die 13 Pässe von Hummels auf Meyer schoben sich noch dazwischen. Füllkrug versuchte einen Torschuss. Das war es schon. Er hing in der Luft. War abgeschnitten.

"Weniger sexy, mehr Erfolg" also. Und niemand konnte Terzić widersprechen, als er auf der Pressekonferenz sagte: "Wenn wir in drei Wochen unser Heimspiel gewinnen, ziehen wir in die nächste Runde ein." Niemand wollte auch gegen Nico Schlotterbeck argumentieren, der seiner Mannschaft mit dem Ball "Steigerungspotenzial" attestiert. Bei Hummels wurde es dann schon komplizierter. Nach seiner Schimpftirade ging er, wie Schlotterbeck, auf die Probleme des BVB ein und sagte dann: "Ich habe heute ein schlagbares Eindhoven gesehen."

Eindhoven nicht unzufrieden

Der ehemalige BVB-Trainer Peter Bosz, mittlerweile bei Eindhoven aktiv, sah es anders und war trotz alledem nicht unzufrieden. "Eine Niederlage wäre angesichts des Spieles ungerechtfertigt gewesen", hielt er Hummels entgegen: "Mit einem Unentschieden kann ich leben."

Es waren überraschende Töne, die zeigten, wie groß der Respekt vor dieser Borussia noch ist, von der man im besten Fall sagen kann, dass es eklig ist, gegen sie zu spielen. "Wir haben noch eine Chance, aber wir hätten es uns auch etwas leichter machen können", sagte Mittelfeldspieler Joey Veerman und verwies auf die mangelnde Erfahrung seiner Mannschaft. Genau diese hat den BVB in den Gruppenspielen gegen Newcastle United, Paris Saint-Germain und AC Mailand bereits in das Achtelfinale getragen und könnte nun vielleicht sogar für das Viertelfinale reichen. Die Frage ist nur, was dann sein soll und natürlich, wem der Fußball gehört? Der aktuellen Mannschaft des BVB mit Sicherheit nicht.

Quelle: ntv.de

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