Fußball

"Schalke-Bayern-Dimension" Drittligist feiert Aufstieg versehentlich zu früh

Da ist die Nachricht schon durchgesickert: Wehen Wiesbaden muss noch in die Relegation.

Da ist die Nachricht schon durchgesickert: Wehen Wiesbaden muss noch in die Relegation.

(Foto: picture alliance/dpa/Eibner-Pressefoto)

Nach dem Abpfiff denkt ganz Wiesbaden, der SV Wehen sei in die 2. Fußball-Bundesliga aufgestiegen. Doch das Parallelspiel in Osnabrück läuft noch. Und dort spielt sich Spektakuläres ab: Der VfL dreht seine Partie in der Nachspielzeit. Am Ende müssen in Wiesbaden die Feierlichkeiten abgebrochen werden.

Den etwas voreiligen Tweet musste der "Aufsteiger der Herzen" rasch wieder löschen. "Durch unseren Sieg und die zeitgleiche Niederlage des VfL Osnabrück steigen wir direkt in die 2. Bundesliga auf", hatte die Social-Media-Abteilung des SV Wehen Wiesbaden im Freudentaumel geschrieben - und rund um die verfrühten Feierlichkeiten mit den Fans auf dem Platz die Rechnung ohne den furiosen Endspurt der Osnabrücker gemacht. Am Ende des dramatischen Saisonfinals in der 3. Liga jubelte am Samstagnachmittag der VfL.

"Das war, glaube ich, Schalke-Bayern-Dimension", gestand Wiesbadens Co-Trainer Nils Döring, der seinen gesperrten Chef Markus Kauczinski vertrat, nach dem 1:0 (1:0) gegen den Halleschen FC bei MagentaSport geknickt ein. Dass der ganze Ablauf tatsächlich an das Herzschlag-Finale im Kampf um die Meisterschaft zwischen Schalke 04 und Bayern München vor 22 Jahren erinnerte, machte Döring am Ende sprachlos: "Mir fehlen jetzt ein Stück weit die Worte."

Denn die Nachricht brauchte ihre Zeit, um in Wiesbaden anzukommen. Nach dem 1:0-Erfolg über den Halleschen FC stürmen die Fans den Rasen, sie spulen das übliche Programm ab: Jubeltrauben, Polonaisen, Bierduschen. Zu diesem Zeitpunkt beginnt in Osnabrück gerade die Nachspielzeit - der VfL liegt gegen die zweite Mannschaft des BVB mit 0:1 zurück. Wiesbaden jubelt also berechtigterweise: Denn Osnabrück müsste mit diesem Ergebnis in die Relegation.

Doch in der Nachspielzeit spielt sich in Niedersachsen Unglaubliches ab. Dafür sorgen die zwei späten Osnabrücker Tore (90.+4 und 90.+6) zum 2:1 (0:0). Ba-Muaka Simakala und Jannes Wulff sorgen für den siebten Aufstieg des VfL in die eingleisige 2. Liga - mit nur einem Tor Vorsprung vor Wehen Wiesbaden. "Ich glaube, wir können nur kranke Sachen", sagte Torhüter Philipp Kühn inmitten der lila-weißen Flut, die nach dem Schlusspfiff auf den Rasen an der Bremer Brücke geschwappt war: "Leck mich am A..., das muss man erst mal verarbeiten."

Stadionsprecher wünscht schon "schönen Sommer"

Unterdessen wird auch in Wiesbaden weiter gejubelt, die TV-Bilder zeigen das. Fans stürmen weiter den Rasen. Garniert wird das von einem irritierten TV-Kommentator, der immer wieder versucht zu erklären, dass Wiesbaden doch noch in die Relegation muss. "Das Problem ist: Sie glauben, sie sind aufgestiegen", ruft er fast schon verzweifelt. Auf dem Feld geht derweil die Party weiter. Es wird gesungen, getanzt. "Ach, du liebe Güte", entfährt es dem Kommentator. Während Osnabrück das zweite Tor macht, werden in Wiesbaden noch Umarmungen verteilt.

Doch dann kippt es allmählich. Menschen haben plötzlich ihre Handys in der Hand. Man sieht, wie sich die feiernden Fans nach und nach gegenseitig erklären, dass es mit dem Aufstieg doch noch nicht geklappt hat. Nicht bei allen kommt die Nachricht an. Während Kinder noch in die Kameras jubeln, der Stadionsprecher schon voreilig einen "schönen Sommer" wünscht, ist klar, dass vor dem Urlaub noch zwei Relegationsspiele anstehen. Im Off wundert sich der Kommentator darüber, dass sich die Meldung nicht schneller herumspricht. "Oder sind sie so zufrieden mit der Relegation? Ne, das glaube ich nicht", entfährt es dem Reporter.

Dann aber doch: die alles erklärende Stadiondurchsage. "Wenn man mal das Handy rausholt und auch die Ergebnisse schaut, wird klar: Wir in Wiesbaden haben leider nichts zu feiern." Der Sprecher nennt es eine "schlechte Botschaft". "Leider muss ich mitteilen, dass Osnabrück mit 2:1 führt." Das Raunen ist deutlich hörbar, die Feiernden schlagen kollektiv die Hände über dem Kopf zusammen. Und die Gästefans vom Hallenschen FC beginnen zu jubeln.

Dann eben Relegation

Derweil spielt sich Gegenteiliges in Osnabrück ab. Der Platzsturm dort soll jedoch der Auftakt zu einer gewaltigen Party sein, für die VfL-Torhüter Kühn "mindestens vier Tage" veranschlagte. Nach der Feier auf dem Rathausplatz verschwanden die Spieler später gemeinsam mit den Anhängern bis in die frühen Morgenstunden in den Kneipen der Altstadt. Zuvor hatte Trainer Tobias Schweinsteiger grünes Licht für die Sause gegeben: "Heute können sie trinken, was sie wollen."

Getränke gegen den Frust wurden dagegen nicht nur in Wiesbaden, sondern auch beim 1. FC Saarbrücken und bei Dynamo Dresden gebraucht. Der FCS und die Dresdner von Coach Markus Anfang ("Es tut mächtig weh") lagen am Ende einen Punkt hinter Osnabrück und Wehen. "Es ist bei allen eine sehr große Leere", sagte FCS-Trainer Rüdiger Ziehl. Schnell schütteln müssen sich die Wiesbadener, die es in der Relegation am Freitag und am 6. Juni gegen den Tabellen-16. der 2. Liga doch noch schaffen können.

Der bereits als Zweitligist feststehende SV Elversberg sicherte sich durch ein 2:1 (1:0) beim FC Ingolstadt die Meisterschaft vor dem SC Freiburg II, der nicht aufsteigen darf. Bereits als Absteiger festgestanden hatten der SV Meppen, Oldenburg, der FSV Zwickau und die SpVgg Bayreuth. Aufsteiger in die 3. Liga sind bislang Preußen Münster, der VfB Lübeck und der SSV Ulm.

Quelle: ntv.de, ses/sid

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