Fußball

So läuft das "beste Finale" FC Bayern subtil, BVB bissig, DFB bigott

BVB-Kapitän Mats Hummels wechselt im Sommer die Seiten.

BVB-Kapitän Mats Hummels wechselt im Sommer die Seiten.

(Foto: imago sportfotodienst)

Die letzte Guardiola-Gala, ein finales Hummels-Hurra, das nächste Bayern-Double oder endlich das Ende des BVB-Titelfluchs: Im Pokalendspiel fordert Borussia Dortmund wieder den FC Bayern heraus - und es geht um mehr als eine Trophäe.

Worum geht es?

Wie viel Zeit haben Sie? Also, um einen tiptiptopsupersupersupertoptip Abschied für Messias und Missverständnis Josep Guardiola. Wobei, eigentlich eher um die Antwort auf die Frage, wie groß der Schatten genau wird, der auf die Bayern-Ära des fußballerischen Penetrationsverweigerers fallen wird. Klein wird er nicht, da mag ihm Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge noch so schöne Lorbeerkränze zum Abschied flechten. Wie groß genau hängt halt maßgeblich davon ab, wie dieses vierte DFB-Pokalfinale (ab 20 Uhr im n-tv.de Liveticker) binnen neun Jahren zwischen den Münchner Abo-Meistern und dem ewigen, aber neuerdings immerhin auch besten Zweiten der Liga ausgeht, auch als Borussia Dortmund bekannt. Zwischenstand: 2:1 für die Bayern nach Titeln, 1:0 für den BVB nach Phantomtoren. Womit geschickt zu Dortmunds Phantomtorschützen im Finale 2014 übergeleitet wäre, Mats Hummels. Der BVB-Kapitän verabschiedet sich ja ebenfalls in Berlin, auch auf die Beratschlagung seiner Gattin Cathy hin siedelt das Ehepaar im Sommer nach München über, in Dortmund stapeln sich schon die Umzugskartons. Bevor er künftig Titel im Abo gewinnt, will Hummels vorher unbedingt noch einmal den Pokal mit dem BVB gewinnen. So wie 2012, als er bei der legendären 5:2-Finaldemontage des FC Bayern sogar selbst traf. Sein Traum ist eine achtstündige Abschiedsrunde, im Bus, quer durch Dortmund, nach einer speziellen Nacht: "Wenn wir gewinnen, werde ich fragen, ob ich den Pokal mit in mein Bett nehmen darf." Den Gefallen könnte ihm allerdings Marco Reus verwehren. Denn der ist nicht nur führerschein-, sondern tatsächlich auch titellos. Das "Monster", das BVB-Coach Thomas Tuchel so gern im Marco wecken würde, döst noch. Wird es in Berlin endlich geweckt, könnte Tuchel nebenbei seinen Ruf als risikoaverser Guardiola-Groupie abschütteln. Auf Unentschieden, wie bei der leichtfertig vergebenen Meisterchance Anfang März, kann er diesmal jedenfalls nicht spielen lassen. Es ist ja Pokalfinale – und es ging schonmal um weniger.

Wie stehen die Vorzeichen?

Bayern - Dortmund 4:3 n. E. (0:0 (0:0))

Bayern: : Neuer - Lahm, Kimmich, Boateng, Alaba - Thiago - Costa, Müller, Vidal, Ribéry (108. Coman) - Lewandowski. Trainer: Guardiola

Dortmund: Bürki - Piszczek, Bender, Sokratis, Hummels (78. Ginter), Schmelzer (70. Durm) - Weigl, Castro (106. Castro), Mchitarjan, Reus - Aubameyang. Trainer: Tuchel

Ergebnis nach 120 Minuten: 0:0 (0:0)

Elfmeterschießen: 0:1 (Kagawa), 1:1 (Vidal), 2:1 (Lewandowski), 2:2 (Aubameyang), 3:2 (Müller), 3:3 (Reus), 4:3 (Costa). Bender und Sokratis verschießen für Dortmund, Kimmich für die Bayern.

Schiedsrichter: Marco Fritz

Bundestrainer Joachim Löw schnalzt schon seit Tagen vorfreudig mit der Zunge, nur kurzzeitig unterbrochen von dieser lästigen EM-Kader-Nominierung. Dort zeigte er den Dortmundern freilich, dass er sie eigentlich gar nicht meint, wenn er vor dem Endspiel flötet: "Bayern gegen Dortmund ist das Beste, was derzeit in Deutschland zu sehen ist." Nur drei Borussen im vorläufigen EM-Kader, das stieß BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke sauer auf. "Dem deutschen Fußball muss es schon sehr gut gehen, wenn von einer Mannschaft, die 78 Punkte in der Bundesliga geholt hat, nur drei Spieler benötigt werden", mopperte er Richtung DFB und kuschelte lieber mit dem FC Bayern, lange Jahre sein Intimfeind. "Unser Verhältnis ist so gut wie lange nicht mehr", verriet er Sport1. Eine "Freundschaft" werde es zwar nie werden, aber "es ist auch nicht unangenehm". Das gilt ja auch für die knapp 40 Millionen Euro Ablöse, die für Seitenwechsler Hummels nach Dortmund fließen. Der dürfte sich insgeheim aber vielleicht schon fragen, wie klug sein Wechsel war. Nicht nur, weil die Kollegen von der "Zeit" in München eine Titel-Abo-Falle vermuten. Sondern weil dem Hoeneß-Humbug inzwischen weiterer Unfug aus München folgte. So hielt es Bayern-Boss Rummenigge für nötig, Hummels im Finale von einer Sabotage des BVB-Spiels zugunsten der Münchner abzuraten. Und Hoeneß riet dem künftigen Assistenten von Jerome "Ich sehe mich auch weiter als Abwehrchef" Boateng ab, in einem möglichen Elfmeterschießen anzutreten – um die Bayern-Fans mit einem Treffer nicht zu verärgern.

Wie ist der FC Bayern drauf?

Die Abteilung subtile Attacke ist wie beschrieben in Hochform. Vorm Anpfiff fehlt jetzt nur noch ein Wortbeitrag von Helmut Markwort. In diesem wird er offenbaren, dass sich neben Hummels auch Watzke (als Sekretär von Hoeneß) und Thomas Tuchel (als Jugendtrainer) dem FC Bayern eigeninitativ angeboten und als Antrittsgeschenk ein lebenslanges BVB-Stadionverbot für Norbert Dickel offeriert haben. Auf dem Rasen hatten Josep Guardiolas Münchner in den letzten Wochen mit einigen Holpereien zu kämpfen, sogar bei der Meisterfeier. Favorit sind sie trotzdem, das elfte Double soll her. "Wir werden alles tun, zu gewinnen", versprach Guardiola artig für sein Abschiedsspiel gegen die "beste Borussia der Geschichte", nachdem ihn Bayern-Boss Rummenigge auf der Meisterfeier nochmal eingenordet und klargestellt hatte: "Das ist ein wichtiges Spiel, das weißt du." Es geht ja immerhin um den Trostpreis für das verpasste Champions-League-Finale. Fehlen wird Arjen Robben, der 2014 in der Verlängerung den Weg zum ersten Guardiola-Double geebnet hatte, auch Innenverteidiger Javi Martinez droht auszufallen. Mit dabei ist dafür ein "Extrakick", den der BVB den Bayern laut Thomas Müller immer wieder verpasst – sofern dieser Müller auch spielen darf.

Und wie läuft es bei Borussia Dortmund?

Pierre-Emerick Aubameyang trägt die Kampfansage der Dortmunder auf seinem Kopf.

Pierre-Emerick Aubameyang trägt die Kampfansage der Dortmunder auf seinem Kopf.

(Foto: dpa)

"Mit einem Messer zwischen den Zähnen", so erwartet Bayern-Müller die Borussen in Berlin. Dortmunds Thomas Tuchel auch – wieder, nachdem er sich nach den letzten beiden Bundesliga-Spieltagen noch zu einer Wutrede genötigt gesehen hatte. 0:1 in Frankfurt, 2:2 daheim gegen Köln, zehn statt fünf Punkte Rückstand auf die Münchner in der Endabrechnung, das trieb Tuchel zornesrote Sorgenfalten ins Gesicht. "Wir haben einen Spannungsverlust in der Haltung, den ich nicht akzeptiere", wütete er: "Wir haben aufgehört, am Limit zu spielen." Dass er dazu mit taktischen und personellen Experimenten beigetragen hatte, unterschlug er. Richtig ist ja: Ein Spiel am Limit muss es in Berlin schon werden, wenn der BVB eine Chance haben will, das sieht auch Bundestrainer Löw so. Tuchel forderte von seinem Team deshalb unbedingten Siegeswillen, "es ist nötig, dass wir nicht vor Ehrfurcht erstarren" – wobei Bundestrainer Löw findet, es sei nicht nötig, vor Ehrfurcht zu erstarren. Abseits von richtigen Wortplatzierungen sagt es laut Tuchel "etwas aus über diesen Verein", dass der BVB im fünften Jahr in Folge in einem Endspiel stehe, als erste deutsche Mannschaft wohlgemerkt. Allerdings sagt es auch etwas aus, dass die Borussen die letzten drei Finals verloren haben, zweimal davon gegen die Bayern, wobei BVB-Sportdirektor Michael Zorc Wert darauf legt: "Die letzten beiden Finals gegen Bayern wurden durch Fehlentscheidungen entschieden." Dennoch: Bei einer erneuten Berlin-Pleite würde der BVB unrühmliche Geschichte schreiben, als erste Mannschaft mit drei verlorenen Pokalendspielen in Folge. Als Glücksbringer haben die Borussen ihren Rekordtrainer Jürgen Klopp nach Berlin eingeladen. Der kommt nach dem verlorenen Europa-League-Finale mit dem FC Liverpool nun schon auf fünf verlorene Endspiele in Serie.

Was gibt es sonst noch?

DFB-typische Bigotterie, diesmal in Form eines Bierduschenverbots fürs Finale. Grund für die schon wieder aufgeweichte Maßnahme war nicht etwa der Muskelfaserriss, den sich Leipzigs Ralf Rangnick kürzlich auf der Flucht vor einem vollen Bierglas bei der RB-Aufstiegsfeier zugezogen hatte, sondern die Mitwirkung des DFB am "Aktionsbündnis alkoholfrei Sport genießen". Da die Suchtprävention dem Verband ein wichtiges Anliegen sei, wolle man grundsätzlich "ein wirkungsvolles Zeichen gerade im Juniorinnen- und Juniorenbereich" setzen, ließ DFB-Präsident Reinhard Grindel mitteilen. Das ist bekanntlich der Mann, der den DFB aus dem Sommermärchen-Korruptionssumpf führen soll, sich aber 2014 im Bundestag bei der Verabschiedung des Gesetzes zur Strafbarkeit der Abgeordnetenbestechung als einer von nur zehn Parlamentariern nicht zu einem Ja durchringen konnte. Und das ist auch der Mann, der nun als DFB-Präsident ganz augenscheinlich keinen Widerspruch zum Ziel der Suchtprävention darin sieht, dass es während des Finals Bier-Bandenwerbung geben wird. Und dass eine deutsche Großbrauerei offizieller Sponsor des Pokal-Wettbewerbs ist. Wie der Zufall es will, darf in Berlin nun doch gebierduscht werden – nach dem Siegerfoto.

Quelle: ntv.de

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