FC Sion kündigt neun Profis Fußballboss rechtfertigt Rausschmiss-Eklat
28.03.2020, 11:03 Uhr
Sion-Boss Christian Constantin verteidigt seine Entscheidung vehement.
(Foto: imago images/Frédéric Dubuis)
Inmitten der Coronavirus-Pandemie verlieren neun Profis des Schweizer Fußball-Erstligisten FC Sion ihren Job. Der Präsident des Klubs statuiert offenbar ein Exempel. Es gelingt: Das restliche Team willigt in seine Gehaltskürzung ein. Der Boss sieht darin kein Problem - und beschuldigt die Gefeuerten.
Massive Kritik lässt Christian Constantin völlig kalt. Der Präsident des Schweizer Fußball-Erstligisten bleibt hart: Die fristlose Entlassung der neun ältesten Spieler inmitten der Coronavirus-Krise sei die richtige Entscheidung gewesen. Das erklärte er gegenüber Sport1. Schließlich hätten die gekündigten Profis die angeordnete Kurzarbeit und die damit zusammenhängende Gehaltskürzung nicht akzeptieren wollen, begründete der 64-Jährige den Rauswurf.
Im Gegenteil: Unter anderem der Kapitän hätte "auf die jüngeren Spieler Druck ausgeübt, damit sie das Angebot ablehnten". Constantin behauptete: "Ihre einzige Sorge war, ihr volles Gehalt zu behalten. Ein paar Spieler haben sich nicht beeinflussen lassen, andere schon." Er begründete seine Maßnahme damit, dass eine offizielle Ansage des Schweizer Bundesrates es ermöglicht hätte, dass Angestellte mit einem befristeten Arbeitsvertrag seit der Coronavirus-Pandemie Anspruch auf Kurzarbeit haben. Und dieses habe er nun auch für seinen Klub durchgesetzt.
"Ab zehn Spieler eine Kollektiv-Entlassung"

Trainer Ricardo Dionisio Pereira hat plötzlich deutlich weniger Spieler zur Verfügung.
(Foto: imago images/Pius Koller)
Zweifel an seiner Vorgehensweise, die Spieler einfach vor vollendete Tatsachen zu stellen, hat Constantin, der seit 1992 Sion-Präsident ist, nicht. Im Gegenteil: "Sie wurden durch einen offiziellen Brief vom Verein informiert, dann per Telefon und auch noch per Videokonferenz für die, die noch weitere Erklärungen benötigten." Warum er nur neun Profis gekündigt hat? "Ab zehn Spielern zählt es als eine Kollektiv-Entlassung, deshalb habe ich nur die neun ältesten Spieler ausgesucht." Die restliche Mannschaft hätte anschließend das Angebot zur Kurzarbeit akzeptiert. Sie hätten wegen der kurzen eingeräumten Frist für eine Zustimmung aber keine dahingehende Vereinbarung unterschrieben.
Auch Trainer Ricardo Dionisio Pereira verzichtet auf einen Teil seines Lohns. Er sagte gegenüber dem Walliser Portal 1815.ch: "Ich habe das sofort unterschrieben, ohne nur eine Sekunde zu überlegen. Auch ich will meinen Beitrag leisten, keine Frage." Er lebe in einem stabilen Land, wo Löhne pünktlich gezahlt werden, da sei so ein Verzicht verschmerzbar. Doch nun muss er mit einer geschwächten Mannschaft weiterarbeiten - ihm fehlen schließlich neun Spieler. Dass er unter anderem auf seinen Kapitän verzichten muss, "schockiert" ihn. Der 37-jährige Portugiese will dennoch nicht "über das Vorgehen des Präsidenten" oder "die Entscheidung der betroffenen Spieler urteilen". "Ich bin angestellt, um mit den Spielern zu arbeiten, die da sind."
Constantin, der als äußerst streitbar gilt, hatte sich mit seiner Maßnahme reichlich Kritik eingehandelt. Unter anderem hatte die schweizerische Spielergewerkschaft SAFP gegen die Entlassung protestiert. Daraufhin hatte Constantin deren Präsidenten Lucien Valloni einen Brief geschickt, aus dem die Zeitung "Blick" zitierte. Darin spreche Constantin von einem "Krieg", und er werfe Valloni vor, die Realität nicht erkannt zu haben. Constantin schrieb nach Angaben von "Blick": "Wir sind daran, Feldlazarette auf die Beine zu stellen, um Leben zu retten. Wir sind daran, die Toten ohne Abdankung zu beerdigen. Wir sind daran, diejenigen Personen auszuwählen, die sterben müssen und jene, die wir retten können. Das alles heißt Krieg. Kein üblicher Krieg. Der sanitarische Krieg. Das Resultat ist dasselbe. Leute sterben oder werden sterben."
Quelle: ntv.de, ara