Polizei sorgt für Skandal Israelfahne beim Fußball als Gefahr?
28.04.2015, 15:38 Uhr
Die israelische Fahne muss weg: Ingolstädter Fans in Berlin.
(Foto: imago/Matthias Koch)
Bei einem Zweitligaspiel des 1. FC Union Berlin lässt die Polizei eine israelische Fahne entfernen - weil sie in ihr eine Gefahr sieht. Für wen auch immer. Nach der Bitte um Entschuldigung bleibt die Frage, wie es zu dieser seltsamen Anweisung kam.
Eigentlich war es eine Aktion, wie sie in Fußballstadien oft vorkommt: Fans befestigen eine Flagge am Zaun, um so einen Spieler, der aus diesem Land kommt, zu unterstützen. Normalerweise nimmt niemand daran Anstoß. Beim Zweitligaspiel zwischen Union Berlin und dem FC Ingolstadt am Sonntag war das jedoch anders. Da nämlich wurden Gästefans im Stadion An der Alten Försterei von einem Ordner angewiesen, das Stück Stoff unverzüglich wieder abzunehmen und verschwinden zu lassen. Angeordnet hatte das die Polizei - zur "Gefahrenabwehr", wie es hieß. Und damit kam ein handfester Skandal ins Rollen.
Denn bei der angeblich gefahrbringenden Fahne handelte es sich um die des Staates Israel, aufgehängt zur Unterstützung des Ingolstädter Spielers Almog Cohen, der seit 2013 für den derzeitigen Tabellenführer der Zweiten Bundesliga aktiv ist. "Keine Fahnen von Juden erlaubt" habe der Ordner gesagt, twitterte Cohen selbst nach dem Schlusspfiff. Ein sprachliches Missverständnis sei das gewesen, behauptete Union Berlin später auf Twitter, der Ordner habe nicht gewusst, was das Adjektiv "israelisch" auf Englisch heißt. Im Übrigen habe man selbst überhaupt kein Problem mit der Fahne gehabt, sich aber der eindringlichen Anweisung der Berliner Polizei gefügt. Die erklärte, ihr Einsatzleiter vor Ort habe "das Zeigen der Flagge für ein politisches Statement" gehalten, "das er bei einer Sportveranstaltung untersagen wollte". Das sei die "Berliner Linie" bei solchen Großereignissen, hatte der Beamte vor dem Spiel zu Vertretern beider Vereine gesagt. Er führte außerdem als Argument ins Feld, die große palästinensische Gemeinschaft in Berlin könnte erbost über eine israelische Fahne im Stadion sein. Offenbar sah er hierin die Gefahr, die abgewehrt werden musste, indem die Flagge entfernt wird.
"Eine Fehlentscheidung"
Diese Maßnahme sei falsch gewesen, räumte die Berliner Polizei am Montag in einer Presseerklärung ein. Präsident Klaus Kandt sagte: "Es ist Aufgabe der Polizei, die Meinungsfreiheit zu schützen. Die Aufforderung zum Einrollen der Flagge war eine Fehlentscheidung, für die ich bei den Betroffenen um Entschuldigung bitte." Sowohl Union Berlin als auch der FC Ingolstadt begrüßten diese Stellungnahme ausdrücklich. Bereits am Sonntagabend hatte der Berliner Innensenator Frank Henkel, der sich zu der Zeit in Israel aufhielt, das Vorgehen des Einsatzleiters als Fehler bezeichnet und eine "zügige Auswertung" des Vorfalls angekündigt.
Es ist nicht das erste Mal, dass die Polizei in der Hauptstadt mit ihrem Vorgehen für Irritationen sorgt. Als beispielsweise im Sommer 2014 auf antiisraelischen Kundgebungen während des Gaza-Krieges antisemitische Parolen wie "Jude, Jude, feiges Schwein" und "Kindermörder Israel" gerufen wurde, ließ sie die Demonstranten einfach gewähren. Ende März 2011 nahm sie dafür zwei Personen in Gewahrsam, die mit einer israelischen Fahne gegen eine Kundgebung für den Boykott Israels protestiert hatten. Auch in anderen deutschen Städten entfernte die Polizei in der Vergangenheit mehrmals unter dem Argument der "Gefahrenabwehr" israelische Flaggen. So etwa im Januar 2009 in Duisburg, als sie zu diesem Zweck die Wohnung eines jungen Mannes stürmte, der aus Protest gegen eine vorbeiziehende antiisraelische Großdemonstration eine Fahne des jüdischen Staates in sein Fenster gehängt hatte.
"Das ist völlig unverständlich"
Martin Endemann, der Sprecher des Bündnisses Aktiver Fußball-Fans (BAFF), kritisierte die Ordnungshüter in Berlin scharf. "Seit Jahrzehnten werden Länderfahnen in Stadien aufgehängt, und nun setzt sich die Polizei über das Hausrecht des Vereins hinweg und lässt ausgerechnet die israelische Flagge entfernen - das ist völlig unverständlich", sagte er gegenüber n-tv.de. Der Vorgang sei umso bedenklicher, als am Tag zuvor in der Hauptstadt eine große Konferenz von Sympathisanten der islamistischen Hamas stattgefunden habe, auf der das Existenzrecht Israels radikal bestritten worden sei. "Darin liegt die Gefahr, nicht im Zeigen einer Israelfahne", so Endemann weiter. Und deshalb müsse man "sich schon fragen, welche Maßstäbe die Polizei hier eigentlich gesetzt hat".
Auch Oliver Samwald, der Pressesprecher des FC Ingolstadt, schüttelte den Kopf. "Wir hatten kein Verständnis für die Entscheidung der Berliner Polizei", erklärte er auf der Website des Klubs. "Um die Situation aber nicht eskalieren zu lassen, haben wir der Anordnung Folge geleistet. Die Entschuldigung des Berliner Polizeipräsidenten Klaus Klandt nehmen wir an." Darüber hinaus sagte Samwald: "Wir bedauern, dass unser Spieler Almog Cohen beim Spiel am Sonntag in Berlin so etwas erleben musste. Wir gehen davon aus, dass sich ein solcher Vorfall nicht mehr wiederholt." Wenn er da mal nicht zu optimistisch ist.
Quelle: ntv.de