Ordnete Verband Rechtsbruch an? Liga treibt Traditionsklub "in die Illegalität"
02.04.2022, 11:35 Uhr
Abgesagt wurde das Spiel der Kickers, allerdings aus anderen Gründen.
(Foto: imago/Jan Huebner)
Die Offenbacher Kickers spielen in der Regionalliga Südwest um den Aufstieg, kämpfen allerdings mit einem massiven Corona-Ausbruch. Das Gesundheitsamt verbietet sogar jeglichen Kontakt. Trotzdem sollte der Viertligist heute auswärts antreten, sagt die Liga. Mit einer bemerkenswerten Begründung.
Zumindest das Wetter hatte ein Einsehen mit den Offenbacher Kickers. "Partie beim Bahlinger SC fällt witterungsbedingt aus", schreibt der Regionalligist auf seiner Webseite, das für heute 14 Uhr angesetzte Auswärtsspiel des Aufstiegskandidaten findet also nicht statt. Dass diese Viertliga-Partie ohne Wintereinbruch, Schnee und Pfützen auf dem Feld allerdings hätte ausgetragen werden sollen, grenzt für Thomas Sobotzik an einen Skandal. "Wir werden genötigt, rechtsbrüchig zu werden", sagte der frühere Bundesliga-Profi und heutige Kickers-Manager dem Hessischen Rundfunk (HR) noch vor der kurzfristigen Absage: "Wir werden in die Illegalität getrieben."
Was Sobotzik so wütend macht, auch darauf gibt die Webseite des DFB-Pokalsiegers von 1970 einen Hinweis: "Verbot von Training, Spiel und Zusammenkünften für OFC-Lizenzspieler samt Trainerteam" steht dort als Überschrift, es ist die Konsequenz aus der "massiven Coronawelle, die die Lizenzspielermannschaft samt Staff in Beschlag genommen hat". Diesen Ausbruch meldete der hessische Traditionsklub dem örtlichen Gesundheitsamt, deren folgende Anordnung "dem OFC bis zum 5. April ein komplettes Spiel-, Trainings- und Zusammenkunftsverbot auferlegt". Was allerdings die Frage aufwirft, wieso die für heute angesetzte Partie in Bahlingen erst wenige Stunden vor Anpfiff und wetterbedingt ausfällt.
An dieser Stelle kommt die Regionalliga Südwest ins Spiel. Das ist die Liga, in die der Deutsche Fußball-Bund im Herbst 2017 erfolglos die chinesische U20-Auswahl integrieren wollte, aber das ist eine andere Geschichte. Im Frühjahr 2022 nun beantragten die Offenbacher mit Blick auf die klare behördliche Anordnung die Verlegung des Spiels in Bahlingen am heutigen Samstag, dem 2. April. Denn auch Freitesten geht laut Klubmitteilung frühestens am morgigen Sonntag, also dem 3. April. Die Antwort der Regionalliga Südwest allerdings sorgte dann weit über Offenbach hinaus für Verwunderung.
OFC kündigt rechtliche Schritte an
"Da das morgige Spiel in Bahlingen außerhalb des Zuständigkeitsbereichs [des Offenbacher Gesundheitsamtes] stattfindet, steht einer Austragung der Partie nichts entgegen", schreibt die Liga auf ihrer offiziellen Facebook-Seite zur Bitte um Verlegung. Sobotzik machte das fassunglos: "Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Das ist irgendeine juristische Spitzfindigkeit", sagte der 47-Jährige. Die Kickers würden dadurch schließlich "genötigt, gegen die Anordnung zu verstoßen." Laut Liga-Argumentation gilt diese Anordnung aber nur "im Stadtgebiet Offenbach". Trotz Veröffentlichung am 1. April kein miserabler Scherz, sondern ernstgemeinte Schlussfolgerung.
Sobotzik berichtete dem HR vor der witterungsbedingten Absage, seine Mannschaft wolle antreten. Schließlich würde die Partie sonst am grünen Tisch gegen die Kickers gewertet. Die stehen aktuell auf Platz drei der Regionalliga Südwest, vier Punkte hinter Tabellenführer SSV Ulm 1846, der zudem ein Spiel mehr absolviert hat. "Das hat mit Fairness nichts zu tun", sagte Sobotzik in Richtung der Liga-Verantwortlichen, "und mit Verantwortungsbewusstsein schon gar nicht. Das ist Willkür."
Interessant wäre auch geworden, wie der OFC überhaupt hätte antreten sollen. "Die gesamte Ausrüstung ist am Stadion, da haben wir aber ein Betretungsverbot", gab Sobotzik beim HR Einblick in die Absurdität der Liga-Entscheidung. Ganz von der Gefahr zu schweigen, wenn möglicherweise infizierte Fußballer auf dem Feld gestanden hätten. Gefahr für die Gegenspieler, für die Schiedsrichter, aber auch für sich selbst.
Der Manager kontaktierte den Bahlinger SC und die Unparteiischen dem Bericht zufolge, warnte sie vor, "dass wir offiziell eine Gefährdungsgruppe sind und eigentlich keinen Kontakt haben dürfen. Sie müssen wissen, dass wir potenziell gefährlich sind." Auch rechtliche Schritte kündigte Sobotzik an. Ob die wetterbedingte Absage, die zumindest das unmittelbare Dilemma löst, daran etwas ändert, bleibt abzuwarten.
Quelle: ntv.de, tsi