Profis finden es "peinlich" Mini-Stadien bei EM sorgen für Riesenärger
29.06.2022, 16:20 Uhr
Idyllisch sieht das Academy Stadium von Manchester City aus, aber eben auch extrem klein.
(Foto: IMAGO/PA Images)
Mehr als 90.000 Fans sehen Champions-League-Spiele, bei der Fußball-Europameisterschaft aber sind zwei Mini-Stadien dabei, die nicht einmal 10.000 Plätze bieten. Die Fußballerinnen reagieren empört, bemängeln die Limitierung der Aufmerksamkeit, die für sie möglich wäre. Die UEFA sieht kein Problem.
Ein EM-Stadion, in das keine 5000 Fans passen? Für Island-Star Sara Björk Gunnarsdottir ist das schlicht respektlos. "Peinlich", schimpfte die frühere Wolfsburgerin, sei das Academy Stadium von Manchester City als Arena für drei Gruppenspiele bei der Europameisterschaft der Frauen in England.
Eine Diskussion ist entbrannt: Sind solche Mini-Stadien noch zeitgemäß angesichts der Zuschauerexplosion im Fußball der Frauen, wenn mittlerweile mehr als 90.000 Menschen Champions-League-Spiele im Camp Nou verfolgen? Die Betroffenen sagen: Nein!
"Ich hatte gehofft, dass es sich ändern könnte", sagte Hanna Glas von Bayern München. Die Verteidigerin bestreitet mit den Schwedinnen das letzte Gruppenspiel gegen Portugal im Leigh Sports Village, das auch nur 8000 Plätze bietet. "Wir wollen so viel Publikum wie möglich, deshalb ist es schade", pflichtete Mitspielerin Rebecka Blomqvist, die beim VfL Wolfsburg unter Vertrag steht, bei. Auch aus Deutschland gibt es Kritik. "Das sollte nicht mehr der Anspruch sein bei einer EM, die so gehyped wird", schrieb die ehemalige Nationalspielerin Annike Krahn in ihrer "Kicker"-Kolumne: "Ich hätte schon erwartet, dass die UEFA Stadien auswählt, in denen mindestens 10.000 Zuschauer Platz finden."
"Größte Frauen-EM aller Zeiten"
Ihre ehemalige Nationalteamkollegin Nadine Keßler, UEFA-Abteilungsleiterin Frauenfußball, verteidigte die Strategie der Europäischen Fußball-Union als richtigen Weg für eine bestmögliche Atmosphäre. Die Ex-Weltfußballerin verwies im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP auf die "ehrgeizige" Erhöhung der "Kapazität des Turniers von 430.000 auf 720.000".
Die EM wird von den Ausrichtern vollmundig als "größte Frauen-EM aller Zeiten" betitelt - die nackten Zahlen: Durch bislang fast 500.000 verkaufte Tickets für die insgesamt 31 Spiele wird der bisherige Rekord (247.041 bei der EM 2017 in den Niederlanden) pulverisiert.
Eingerahmt wird das um ein Jahr verschobene Turnier von zwei Highlights. Das Eröffnungsspiel zwischen England und Österreich am kommenden Mittwoch (21 Uhr/ARD) steigt im Old Trafford von Manchester, das ebenso ausverkaufte Endspiel am 31. Juli in Wembley - die Zuschauerbestmarke vom EM-Finale 2013 zwischen Deutschland und Norwegen (1:0) in Solna/Schweden (41.301) wird gleich mehrfach geknackt.
Die anderen Spiele finden in weit kleineren Stadien statt. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass über 200.000 EM-Karten noch nicht verkauft sind. Und: Rund um die Vergabe der Endrunde 2018 mussten die Ausrichter förmlich um Spielorte kämpfen. "Wenn Sie glauben, dass die Leute unsere Tür eingetreten hätten, um Spiele auszurichten, täuschen Sie sich", verriet FA-Vorstandschef Mark Bullingham. Unter dem Eindruck von ständig neuen Zuschauerrekorden in Europa gab er aber zu: "Die Veranstaltung, die wir diesen Sommer durchführen, wird weitaus größer sein als die Veranstaltung, die wir geplant und erwartet haben, als wir uns beworben haben."
Die DFB-Auswahl bleibt von der Problematik verschont. Der Rekordeuropameister erwischte bei der Auslosung zwar eine Hammergruppe, spielt so in der Vorrunde gegen Dänemark (8. Juli) und Spanien (12. Juli) aber in London-Brentford (17.000 Plätze) sowie gegen Finnland (16. Juli) in Milton Keynes (30.000).
Quelle: ntv.de, ara/sid