Fußball

Neue Dortmunder Sachlichkeit Mit "Lidl-Haaland" und gnadenloser Effizienz

Steffen Tigges war nach seinem ersten Bundesliga-Treffer "stolz wie Bolle".

Steffen Tigges war nach seinem ersten Bundesliga-Treffer "stolz wie Bolle".

(Foto: imago images/Team 2)

Borussia Dortmund ist souveräner Tabellenzweiter. Die 24 Punkte aus den ersten zehn Spielen sind eine solide Basis für den Rest der Spielzeit. Gegen Köln ist die Rose-Elf nicht einmal die bessere Mannschaft, aber gnadenlos effizient. Auch, weil ein 23-Jähriger seinen ersten Liga-Treffer erzielt.

Die Bayern machen wieder auf "FC Hollywood", Leverkusen ist in der Krise, Wolfsburg hat bereits den Trainer gewechselt und Leipzig ist ohne Nagelsmann vorerst nur ein weiterer Bundesligist. Anders ist es bei Borussia Dortmund, die sich mit einer Rumpfmannschaft zu eifrigen Punktesammlern entwickeln, die letzten vier Liga-Spiele wurde allesamt gewonnen. Trainer Marco Rose hat die Mannschaft stabilisiert. Gegen den 1. FC Köln gelingt ein sachlicher 2:0-Erfolg. Durch Treffer von Thorgan Hazard und Steffen Tigges.

Jude Bellingham pumpte. Der 18-jährige Publikumsliebling war wieder einmal einer der entscheidenden Faktoren für Borussia Dortmund. Doch jetzt, kurz vor Abpfiff der Partie gegen den 1. FC Köln ging nichts mehr. Er schleppte sich in Richtung Eckfahne, verteidigte den Ball, pumpte und wollte nur noch den Platzverweis vermeiden. Kurz vorher hatte ihn Schiedsrichter Martin Petersen verwarnt und dem kommenden 100-Millionen-Mann klar signalisiert: Noch ein Vergehen und das Spiel ist beendet.

Wahrscheinlich hätte Bellingham das Angebot liebend gerne angenommen. Damit er endlich mal eine Pause bekommt. Mit 18 Jahren ist er das Herz des Dortmunder Spiels und unverzichtbar. Er stand in jedem Pflichtspiel der Saison in der Startelf, wurde nur viermal vorzeitig ausgewechselt und haute sich sonst immer über die kompletten 90 Minuten rein. Bellingham verzichtete auf den Platzverweis, hielt sich nahe der Kölner Eckfahne im Spiel und wartete auf das erlösende Ende. Er jubelte und mit ihm die 66.709 Zuschauer im Dortmunder Stadion. So viel waren lange nicht mehr in einem deutschen Stadion. Sie sahen einen BVB, der zum ersten Mal in der Liga ohne Gegentor auskam, in der Tabelle weiter auf Augenhöhe mit den 38-Tore-Bayern agiert. Könnte mieser aussehen.

Mit "Lidl-Haaland" zum Sieg

Dabei geht der BVB auf dem Zahnfleisch. Drittliga-Stürmer Steffen Tigges statt Superstar Erling Haaland, erst Marius Wolf und dann Felix Passlack statt Raphael Guerreiro. Der ehemalige Wolfsburger Ergänzungsspieler Marin Pongracic in der Abwehr, der wankelmütige Julian Brandt als zentrale Figur. Auf der Bank? Viele unerfahrene Spieler aus der zweiten Reihe und ein Haufen angeschlagener Spieler. Für Köln langte es. Weil der Effzeh bei beiden Gegentore schlief und weil die Dortmunder effizient waren, auch durch Tigges, der vor dem Spiel von einigen Fans als "Lidl-Haaland" verspottet wurde. Der 23-Jährige ist plötzlich Bundesliga-Torschütze und daher "stolz wie Bolle", erzählte Rose. Tigges war erst kurz vor seinem Treffer gemeinsam mit Donyell Malen eingewechselt worden, weil Hazard nicht mehr konnte, weil Pongracic in der Abwehr sich viele leichte Fehler erlaubte. Rose stellte das System um und bewies ein glückliches Händchen.

Dabei war dem 1. FC Köln am Samstag nun wirklich nicht viel vorzuwerfen. Sie attackierten vor allen Dingen über ihre rechte Angriffsseite. Immer wieder kamen sie in Abschlusspositionen, doch trotz einer Torschussstatistik von 21:8, einem Ballbesitz von 57 Prozent und einer Passquote von 83 Prozent zu Dortmunds 75 wollte ihnen an diesem Samstag kein Treffer gelingen. "Viele Dinge sind verbesserungswürdig", sagte Trainer Rose. "Wir wollen anders auftreten, dominanter spielen, den Gegner mehr unter Druck setzen. Wir sind viel hinterhergelaufen." Ging aber nicht. Immerhin jedoch ohne Gegentor, das war in den neun Spielen davor noch nicht gelungen.

Nach zehn Spieltagen steht der BVB nun mit 24 Punkten auf dem zweiten Platz, mit nur einem Punkt Rückstand auf Serienmeister Bayern München. Die acht Siege und zwei Niederlagen in dieser Saison zeigen überdeutlich: Borussia Dortmund ist in dieser Saison trotz all der Verletzungsprobleme um einiges stabiler. Das zeigt auch der Blick auf die Vorsaison. Aus den zehn Partien gegen die gleichen Mannschaften holten sie damals nur elf Punkte. Heimniederlagen gegen Frankfurt, gegen Köln, dazu zwei Unentschieden gegen Hoffenheim und Mainz und eine Niederlage bei Bayer Leverkusen. Auch die Startbilanz im Vorjahr mit 19 Punkten aus den ersten zehn Spielen zeigt Dortmunds Entwicklung.

Nur Punkte sammeln

Dortmunds große Schwächen in den zurückliegenden Spielzeiten war selten die Bilanz gegen die Mitbewerber um den zweiten Tabellenplatz, sondern vielmehr die gegen die Teams aus der mittleren und unteren Tabellenhälfte. Neben den obligatorischen Pleiten in den Duellen mit Bayern München stolperte der BVB nicht unbedingt gegen Leipzig, gegen Wolfsburg, sondern vielmehr eben gegen Hoffenheim, Mainz, Augsburg oder Köln. Das ist neu in dieser Saison, trotz der Personalnot.

"Wenn man sieht, wer alles ausfällt, muss ich meiner Mannschaft ein großes Kompliment machen. Wie wir es in dieser nicht einfachen Phase schaffen, Punkte zu sammeln und im Pokal weiterzukommen", sagte Rose nach der Partie. Dortmunds nüchterne Effizienz ohne Haaland sorgt nicht für die große Aufmerksamkeit, sie verweigert sich jedoch auch jedem Krisengerede. Im Herbst 2021 ist der BVB einfach nur da und verliert keine Punkte, macht wenig aufheben um sich. In der Liga haben die Borussen nun ihre ersten sechs Heimspiele gewonnen, saisonübergreifend sogar die letzten zehn.

Noch zwei Spiele bis zur nächsten Länderspielpause. Am Mittwoch folgt der nächste Auftritt im Westfalenstadion. Gegen Ajax. Gegen die sie in der Champions League erst neulich mit 0:4 untergingen. Doch anders als nach Bayerns Niederlage im Pokal blieb die große Aufregung aus. Nach Ajax folgt der Trip nach Leipzig. Punkte müssen gesammelt werden. Von Hollywood ist man in Dortmund in diesen Tagen dank Bellingham und Co weit entfernt.

Quelle: ntv.de, sue

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