Nicht nur gegen die Slowakei WM 2026? Darum ist Deutschland im Fernduell mit Marokko
15.10.2025, 20:42 Uhr
Deutschland bejubelt den 1:0-Siegtreffer von Nick Woltemade in Nordirland.
(Foto: IMAGO/Nico Herbertz)
Im November will die deutsche Fußball-Nationalmannschaft gegen die Slowakei das WM-Ticket buchen. Das ist die erste Voraussetzung, damit sich auch der Blick nach Marokko lohnt. Deutschland kämpft im Fernduell mit den "Atlaslöwen" um die optimale Ausgangslage für die WM 2026.
Die These ist nicht gewagt: Kein deutscher Nationalspieler, auch nicht Bundestrainer Julian Nagelsmann oder DFB-Sportdirektor Rudi Völler dürften am Dienstagabend das letzte WM-Qualifikationsspiel von Marokko gegen Kongo (1:0) verfolgt haben. Dabei hatte das Spiel durchaus Potenzial, der deutschen Nationalmannschaft die Ausgangslage für die WM 2026 etwas zu verbessern. Warum?
Marokko ist neben Kroatien der größte Konkurrent von Deutschland im Rennen um einen Platz in Lostopf 1 bei der WM-Auslosung am 5. Dezember in Washington, D.C. Die "Atlaslöwen", bei der WM 2022 in Katar sensationell ins Halbfinale vorgestoßen, hatten ihr Ticket für die Endrunde schon frühzeitig gebucht, sind ohne Punktverlust durch ihre Quali-Gruppe gekommen. Kroatien ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ebenfalls sicher in den USA, Kanada und Mexiko dabei. Und Deutschland? Muss wegen des Auftaktpatzers in der Slowakei im September bis zum letzten Spieltag zittern. Am 17. November steht in Leipzig das Rückspiel gegen die Slowakei an. Es ist das entscheidende Duell um die direkte Qualifikation für die WM.
Wahrscheinlich wird Deutschland dann schon ein Unentschieden für den Gruppensieg reichen. Doch die Nagelsmann-Elf ist gut beraten, auf Sieg zu spielen. Der Krimi um einen Platz in Lostopf 1 verzeiht keine Punktverluste mehr.
Deutschland klettert in der Weltrangliste
Entscheidend für die Aufteilung der 48 Teilnehmer in die vier Lostöpfe ist die Fifa-Weltrangliste nach Abschluss der letzten regulären Quali-Spiele im November. Im noch nicht offiziell veröffentlichten Oktober -Ranking hat sich Deutschland im Vergleich zur September-Weltrangliste um zwei Plätze verbessert, vorbei an Kroatien und Marokko, von Platz 12 auf 10.
Nur die Top 9 des Klassements bekommen einen Platz in Lostopf 1, weil die USA, Kanada und Mexiko als Gastgeber automatisch im besten Topf gesetzt sind. Stand jetzt würden auch Spanien, Argentinien, Frankreich, England, Portugal, Brasilien, Niederlande und Belgien in Topf 1 landen.
Auf Platz 9, hauchzart vor Deutschland, liegt Italien. Die "Squadra Azzura" hat aber ein Problem: Weil Norwegen in der eigenen Quali dominiert und realistischerweise kaum noch einzuholen ist, muss Italien (mal wieder) in die WM-Playoffs. Alle Teams, die über den Umweg ihr Ticket zu buchen versuchen, landen aber automatisch in Lostopf 4, weil sämtliche Playoffs erst im März ausgetragen werden. Bei der Auslosung im Dezember werden Platzhalter-Kugeln für die verschiedenen Playoff-Sieger aus dem schlechtesten Lostopf gezogen.
Kroatien hat nur Außenseiterchance
Weil Italien im Lostopf-Krimi also keine Rolle spielt, würde Deutschland schon Weltranglistenplatz 10 reichen. Diesen gilt es mit zwei Siegen in Luxemburg und gegen die Slowakei zu verteidigen. Ansonsten könnte Kroatien mit zwei Siegen gegen die Färöer und Montenegro vorbeiziehen. Oder Marokko, das sich am Dienstagabend zu einem knappen 1:0 gegen Kongo mühte, ansonsten schon aus dem Rennen gewesen wäre.
Während Kroatien in jedem Fall hinter Deutschland bleibt, sofern die Nagelsmann-Elf die beiden letzten Quali-Spiele gewinnt, ist die Sache im Fall von Marokko komplizierter. Der komplizierte Berechnungsmodus der Weltrangliste belohnt Siege gegen stärkere Teams. Marokko hat im November keine Quali-Spiele mehr und kann sich somit zwei Gegner für Testspiele aussuchen. Laut Medienberichten soll es in einem der kurzfristig organisierten Partien gegen Weltmeister Argentinien gehen.
Ein kluger Schachzug des marokkanischen Verbands. Zum einen ist das Spiel gegen die "Albiceleste" der größtmögliche Härtetest, zum anderen würde Marokko im Falle eines Sieges mächtig Punkte in der Weltrangliste aufstocken. Gewinnt Marokko gegen Argentinien, würden die "Atlaslöwen" die DFB-Elf wieder überholen - ohne dass Deutschland etwas dagegen ausrichten kann.
Hammergruppe aus Topf 1 kaum möglich
So sähen die Lostöpfe aus, wenn jetzt WM-Auslosung wäre und in den Quali-Gruppen alles so bleibt (gefettet = schon sicher qualifiziert):
- Topf 1: Mexiko, USA, Kanada, Spanien, Argentinien, Frankreich, England, Portugal, Brasilien, Niederlande, Belgien, Deutschland
- Topf 2: Kroatien, Marokko, Kolumbien, Uruguay, Schweiz, Senegal, Japan, Dänemark, Iran, Südkorea, Ecuador, Australien
- Topf 3: Österreich, Norwegen, Ägypten, Algerien, Paraguay, Elfenbeinküste, Tunesien, Katar, Usbekistan, Südafrika, Saudi-Arabien, Honduras
- Topf 4: Jordanien, Kap Verde, Jamaika, Ghana, Neuseeland, Suriname, 4x Europa-Play-off-Sieger, 2x Interkontinental-Playoff-Sieger
Deutschland würde aus Lostopf 1 heraus einer möglichen Hammergruppe mit Argentinien und Italien aus dem Weg gehen. Und auch Mexiko-Gruppe A wäre ausgeschlossen. Spiele in Mexiko-Stadt, Monterrey und Guadalajara sind wegen der Höhenluft kein Wunschszenario für den DFB. "Mexiko hat natürlich einen effektiven Heimvorteil, wenn man sich die klimatischen Bedingungen dort anschaut", bestätigte Sportgeschäftsführer Andreas Rettig im RTL/ntv-Interview bereits im März den Gedanken. "Es würde uns organisatorisch und logistisch enorm helfen, Mexiko im ersten Schritt aus dem Weg zu gehen."
Stattdessen würde aus Lostopf 1 heraus keine Hammergruppe drohen. Im schlechtesten Fall landet Deutschland in einer Gruppe mit Uruguay, Norwegen und Ghana oder mit Japan, Paraguay und Italien. Eine auf dem Papier einfachere Gruppe wäre aber wahrscheinlicher: Zum Beispiel könnte es gegen Iran, Honduras und Kap Verde gehen. Oder gegen Australien, Tunesien und Suriname.
Quelle: ntv.de