
Will aus seinem Fehler lernen: Bochum-Trainer Thomas Letsch.
(Foto: IMAGO/Goal Sports Images)
Fußball-Deutschland schaut auf den VfL Bochum. Bereits zum dritten Mal in dieser Saison gibt der VfL eine Führung im heimischen Ruhrstadion in der Nachspielzeit aus der Hand. Mittlerweile spricht man in Bochum nicht mehr von einem "Zufall" - und hat Angst, dass aus der Geschichte ein Muster wird.
"Ich habe es verbockt!" Bochums Trainer Thomas Letsch redete nach dem dritten Tiefschlag im heimischen Ruhrstadion in der Nachspielzeit nicht lange drumherum. Ein Eingeständnis, das Respekt verdient, weil es alles andere als selbstverständlich im harten und selten ehrlichen Bundesliga-Geschäft ist - am Ende aber auch fast schon zwangsläufig war. Denn ein Großteil der heimischen Fans und unabhängigen Beobachter des Spiels des VfL Bochum am Samstag gegen den FC Augsburg hatten seine Auswechslungen und taktischen Umstellungen mit Kopfschütteln und großem Unverständnis zur Kenntnis genommen.
Am Ende führten die Entscheidungen des VfL-Coachs dann auch indirekt zum 1:1-Ausgleichstreffer der Fuggerstädter in der 90.+1 Minute per Elfmeter nach einem vorausgegangenen Handspiel des Bochumers Ivan Ordets. Trainer Letsch ordnete nach der Partie seinen Fehler richtig ein: "Rückblickend wäre es besser gewesen, an unserer Struktur festzuhalten und den Gegner weiter vorne unter Druck zu setzen. Das würde ich so jetzt mit Sicherheit nicht noch mal machen. Deshalb nehme ich diese drei nicht gewonnenen Punkte komplett auf meine Kappe, weil die Entscheidungen, die ich getroffen habe, zu defensiv waren."
"Sicherlich kein Zufall"
"Ich werde aus dem Spiel viel, viel lernen", fügte er noch hinzu und musste dann über ein Thema reden, das mittlerweile nicht nur die Fußball-Fans in Bochum intensiv beschäftigt. Denn der VfL hat es bereits zum dritten Mal in dieser Saison im heimischen Ruhrstadion fertiggebracht, eine Führung in der Nachspielzeit noch zu verspielen. Nach den Begegnungen gegen die Teams des FSV Mainz 05 und des SV Werder Bremen gelang es auch dem FC Augsburg den Bochumern in den Minuten nach der regulären Spielzeit einen Lucky Punch zu verpassen und einen Punkt mit nach Hause zu nehmen. Die Nachspielzeit-Deppen der Nation bringen sich mit ihrem offensichtlichen Laster immer wieder um den Sieg und drei verdiente Punkte.
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Doch während Trainer Thomas Letsch ("Das ist mit Sicherheit eine Schwäche, an der wir arbeiten müssen") noch nicht glaubt, dass das akute Problem zu einem Regelfall wird, spricht sein Mittelfeldspieler Patrick Osterhage Klartext: "Am Ende können wir das nicht mehr auf den Zufall schieben, wenn es zum dritten Mal passiert." Und auch der Sportdirektor des VfL Bochum, Marc Lettau, erkennt in der Häufung des immer gleichen Ereignisses ein Muster: "Das ist eine Geschichte, die sich wiederholt. Es ist sicherlich kein Zufall und so absolut nicht zufriedenstellend." Nun geht in Bochum die Angst um, dass sich das Thema verselbstständigt und zu einem dauerhaften Problem wird.
Noch versuchen die Bochumer zwar, die Sache auf die einfachste Art und Weise aus der Welt zu schaffen - wie Patrick Osterhage sagt: "Chancen machen, besser auszuspielen, Bälle zu halten und mehr Spielkontrolle zu kriegen. Dann können wir so ein Spiel auch über die Zeit bringen und gewinnen" -, doch der rechte Glaube scheint dem VfL nach dem dritten Tiefschlag innerhalb kürzester Zeit ein wenig abhandengekommen zu sein. Denn das Problem zu lösen, indem man selbst einfach mehr Tore schießt, ist angesichts der gravierenden Abschlussschwäche der Bochumer nicht so leicht. Und so trauern sie beim VfL nicht nur den vergebenen Chancen auf dem Spielfeld hinterher, sondern auch den sechs in der Nachspielzeit verschenkten Punkten - mit denen die Bochumer aktuell auf dem achten Tabellenplatz der Fußball-Bundesliga stünden und ihrem Ziel Klassenerhalt bereits sehr nahe wären.
Das Vorbild aus der Nachbarschaft
Vielleicht sollte VfL-Trainer Thomas Letsch einmal Anschauungsunterricht bei einem Verein aus der Nachbarschaft nehmen. Denn die Mannschaft von Rot-Weiss Essen hat beim 4:3-Sieg am Samstag gegen den SC Freiburg II bereits das fünfte Tor nach der 90. Minute erzielt. Die Essener sind also besonders in den letzten Spielminuten immer hellwach. Wie die RWE-Profis das anstellen, wäre für die Bochumer sicherlich interessant zu wissen. Aber vielleicht ist es auch einfach so, dass sie anders als die Spieler des VfL in diesen Situationen nichts zu verlieren haben.
In Bochum hoffen die Fans nun, dass Thomas Letsch, wie er es selbst verkündete, aus dem Spiel viel gelernt hat und dass aus den Nachspielzeit-Deppen schon bald die erneuten Nichtabstiegshelden der Bundesliga werden. Neun weitere Punkte, zu den bereits 21 geholten, sollten aller Voraussicht nach in dieser Spielzeit zum Erreichen des Ziels Klassenerhalt reichen. Wie die am Ende geholt werden, wird den Fans egal sein. Und tatsächlich gibt es Grund zur Hoffnung: Die zwei Tiefschläge gegen Mainz und Bremen haben die Mannschaft nicht aus der Bahn geworfen. Man darf also vermuten, dass der VfL Bochum auch den dritten Tiefschlag in der Nachspielt verkraften wird. Auch wenn er aktuell natürlich die VfL-Seele immer noch schmerzt.
Quelle: ntv.de