Klopp-Abschied, Liverpool-Tränen Die normalste aller Entscheidungen
26.01.2024, 13:40 Uhr
Jürgen Klopp verlässt den FC Liverpool als Legende.
(Foto: IMAGO/PA Images)
Hilfe, welch Schock, Jürgen Klopp verlässt den FC Liverpool. Die Reds trauern, die Fußball-Welt reagiert verdutzt. Dabei passt der Abschied des deutschen Trainers perfekt. Sie ist eine normale Reaktion auf das harte Fußball-Business - die nur vom "Normal One" kommen kann.
Jürgen Klopp hätte bis in alle Ewigkeiten den FC Liverpool trainieren können. So sehr lieben die Reds ihren Coach. Seine Intensität, seine Ausstrahlungskraft, seine Erfolge. Aber auch seine Jubelsprünge, Fehler und Wutausbrüche, die Klopp so menschlich und emotional wie wenige in der immer realitätsferneren Fußball-Welt erscheinen lassen. Jetzt verkündet die Trainer-Ikone ihren Abschied. Im Sommer ist Schluss. Es ist das Ende einer Ära. Und eine absolut normale Entscheidung.
Bei seiner Vorstellung in Liverpool 2015 bezeichnet sich Klopp selbst als "Normal One". Ein Seitenhieb auf den "Special One", José Mourinho. Dass der deutsche Trainer alles andere als normal ist, merken sie in England spätestens in diesem Moment. Die Reds und auch viele weitere auf der Insel verlieben sich schnell in den charismatischen Coach. Er wird zum Sympathieträger schlechthin.
Wie schon bei Borussia Dortmund und Mainz 05 ist es neben seiner Art der atemberaubende und überfallartige Spielstil von Klopps Mannschaften, die die Liverpudlians mitreißen. Mit dem Sieg der Champions League 2019 und dem Triumph in der Premier League 2020, der ersten Meisterschaft seit 30 Jahren für die Reds, wird der Trainer für sie endgültig zur Legende. Sein von Grimassen begleitetes Faustballen unisono mit dem ekstatischen Schreien der Fans vor der Stehplatztribüne The Kop wird für immer in Erinnerung bleiben.
Klopp war schon immer ein Macher
Ganz Liverpool trauert. Am Saisonende ist die Ära Klopp in Liverpool beendet. Doch die Entscheidung des deutschen Coaches ist schlau und richtig. Normal eben. Klopp gibt im Video zu seinem Abschied zu, dass er "keine Energie mehr" hat. Energie, die er benötigt für seinen emotionalen Trainerstil, für das Aufrechterhalten der Beziehungen zu seinen Spielern, die für diesen Stil immens wichtig sind.
Das Trainerdasein schlaucht, das ist nicht neu. Und irgendwann hat jeder Spielleiter keine neuen Impulse, Ideen und Reserven mehr. Manch einer erreicht die Mannschaft nicht mehr, fühlt sie nicht mehr. Auf Klopp trifft aber wohl eher zu, dass er nicht mehr weiß, warum er sich nach so vielen Erfolgen eine harte Saison mit Vorbereitung und ständigem Stress noch antut. Der Reiz fehlt. Eine neue Herausforderung muss her, damit neue Energie entsteht. Wer kennt das nicht? Normal.
Manch ein Trainer verpasst genau diesen Schritt. Joachim Löw etwa, der als Bundestrainer einen demütigenden Abtritt erlebt, weil er viel zu spät Schluss macht. Klopp will kein qualvolles Ende, das allen Beteiligten wehtut und beugt vor. Fast neun Jahre nach dem Beginn seiner Amtszeit, im Fußball fast eine Ewigkeit.
Denn ein Blick ohne rosarote Reds-Brille auf das eiskalte Fußball-Business verrät: Niemand ist unkündbar. Nicht in diesem harten Geschäft. "Echte Liebe" zählt nur als Slogan und selbst ein Jürgen Klopp ist nicht unantastbar. Nicht mal in Liverpool. Das weiß der Trainer natürlich. Jede Ära findet irgendwann ihr Ende. Klopp nimmt das Ruder in seine Hand und entscheidet für sich selbst, bevor es irgendwann andere tun. Auch das ist normal, der Trainer war schon immer ein Macher und nahm auch in Mainz und Dortmund selbst den Hut.
Klopp tritt als Legende ab
"Das Mindeste, was ich euch schulde, ist die Wahrheit - und das ist die Wahrheit", erklärt Klopp in seinem Abschiedsvideo. Auch für seine direkten und offenen Worte schätzen seine Fans ihn. Zur Wahrheit gehört ebenfalls, dass seine Entscheidung den Weltfußball nun ordentlich durchrüttelt. Die Reds führen die Tabelle der Premier League vor Widersacher Manchester City an und wollen ihren Coach nun unbedingt mit der Meisterschaft verabschieden.
Und was kann für Jürgen Klopp nach dem FC Liverpool noch kommen? Nur die Station Bundestrainer? Alles Spekulation. Zunächst darf er sich zu seiner "normalen" Entscheidung beglückwünschen lassen. Er tritt als Legende ab. Vielleicht ganz oben. Auf dem Zenit. Mit dem Meisterpokal in der Hand. Ein Denkmal bauen sie ihm an der Anfield Road aber ohnehin.
Quelle: ntv.de