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Klimaschutz als Spielprinzip Gamer sollen mit Sonnenblumen die Welt retten

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Bei Terra Nil können Spieler Sonnenblumen pflanzen, um radioaktiv verseuchte Zonen zu dekontaminieren.

Bei Terra Nil können Spieler Sonnenblumen pflanzen, um radioaktiv verseuchte Zonen zu dekontaminieren.

(Foto: IMAGO/Panthermedia)

Vorbei ist die Zeit, in der digitale Spiele hauptsächlich um Gewalt und Zerstörung kreisen. Immer mehr Games setzen sich mit Umweltthemen auseinander. Im beliebten "Terra Nil" beispielsweise geht es darum, ein lebendiges Ökosystem aufzubauen.

Ein Korallen-Riff retten, kargen Boden fruchtbar machen, Lebensraum für Tiere schaffen: Ziel des Strategiespiels "Terra Nil" ist es, ein lebendiges Ökosystem aufzubauen. Immer mehr Videogames beschäftigen sich mit Umweltproblemen. Selbst die Vereinten Nationen versuchen, mit Computerspielen auf die Klimakrise aufmerksam zu machen.

"Es ging darum zu zeigen, dass es möglich ist, ein Strategiespiel zu entwickeln, in dem die Umwelt nicht ausgebeutet wird", sagt Sam Alfred, der Erfinder von "Terra Nil. Anfangs sei er mit seiner Idee auf Ablehnung gestoßen. "Sie haben sich lustig gemacht, weil es ein Spiel ist, in dem es nicht darum geht, Menschen zu erschießen oder zügellos zu expandieren", erzählt der 30-Jährige aus Südafrika.

Doch inzwischen spielen nach Angaben des Verlags Devolver Digital 300.000 Gamer "Terra Nil" und lernen dabei zum Beispiel, radioaktiv verseuchte Zonen mit Sonnenblumen zu dekontaminieren.

Von "Cities Skylines" zu "Green Cities"

In den Bestsellern der Branche geht es immer noch vor allem um Gewalt und Zerstörung statt um die Rettung des globalen Ökosystems. Doch seit einigen Jahren thematisieren Spiele auch den Umweltschutz.

Seit 2017 gibt es für die Stadtbausimulation "Cities: Skylines" die Erweiterung "Green Cities", in der die Spieler beim Bau ihrer Stadt auch die Auswirkungen auf die Umwelt berücksichtigen müssen. "'Green Cities' hat das Publikum überraschenderweise polarisiert", erinnert sich Mariina Hallikainen vom finnischen Spieleentwickler Colossal Order. "Man warf uns vor, wir würden das Spiel ruinieren, indem wir politisch werden". Im Strategiespiel "Civilization" spielte der Klimawandel 2019 zum ersten Mal eine Rolle.

Die Spiele würden immer besser, Parameter wie das Wetter oder die globale Erwärmung darzustellen, sagt Benjamin Abraham, der sich auf Umweltfragen in der Videospielindustrie spezialisiert hat. Für die Entwickler sei es aber immer noch sehr schwierig, die manchmal unvorhersehbaren Entscheidungen der Menschen, wie politische Maßnahmen, einzubeziehen.

Da schätzungsweise drei Milliarden Menschen mindestens einmal im Jahr ein Videospiel spielen, haben Klimaschützer Gamer schon lange als potenzielles Publikum im Visier. Die UNO erreichte mit ihrem Klimaspiel "Mission 1.5" nach eigenen Angaben mehr als sechs Millionen Menschen.

Vor fünf Jahren gründete der Verband der Spieleentwickler die Klimagruppe der International Game Developers Association (IGDA). "Ihr Entwickler habt eine Superkraft: Ihr sprecht zu drei Milliarden Spielern, die euch vertrauen, und könnt komplexe Probleme auf eine unterhaltsame und fesselnde Art vermitteln", appellierte Arnaud Fayolle vom Spiele-Verlag Ubisoft vergangenes Jahr an die Branche, sich Umweltthemen zu widmen.

Die Klimagruppe umfasst heute fast 1500 Fachleute aus der Industrie, Wissenschaftler sowie Umweltexperten, die ihr Wissen teilen, um Klimafragen in Videospiele einfließen zu lassen und Spieler dafür zu sensibilisieren. "Die Idee ist, durch Ästhetik, Geschichten, Spielmechanik und Technologie eine positive kulturelle Wirkung zu erzielen", sagt Fayolle. Er will die Spieler dazu bringen, sich mehr für das Klima einzusetzen.

Doch auch die energieintensive Gaming-Industrie kann noch viel für den Klimaschutz tun. Einige Spiele bieten mittlerweile einen Öko-Modus an, der den Stromverbrauch von Konsolen und Computern senkt. Ein Update von "Fortnite", einem der meistgespielten Spiele der Welt, reduziert die Qualität der Grafiken, wenn der Spieler nicht aktiv ist. Dadurch könnten fast 73 Gigawattstunden Strom pro Jahr gespart werden, gibt der Entwickler Epic Games an. Das entspricht dem jährlichen Verbrauch einer mitteleuropäischen Stadt mit 30.000 Einwohnern.

Die 35 größten Videospielunternehmen haben nach Angaben von Abraham 2022 mehr als 81 Millionen Tonnen Kohlendioxid ausgestoßen - so viel wie ganz Belgien. Der Energieverbrauch durch das Spielen selbst ist darin noch nicht einmal eingerechnet.

Quelle: ntv.de, Kilian Fichou, AFP

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