Studie zu Geoengineering-Konzept Mondstaub soll Erderwärmung aufhalten
09.02.2023, 15:07 Uhr
Forscherinnen und Forscher schlagen vor, durch eine künstliche Staubwolke zwischen Sonne und Erde die Auswirkungen des Klimawandels zu mildern.
(Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com)
Um die Temperaturen auf der Erde deutlich zu senken, würde es bereits genügen, ein bis zwei Prozent der Sonneneinstrahlung zu blockieren - so die Theorie von US-Forschern. In einer neuen Studie schlagen sie vor, dies mit Mondstaub zu erreichen. Experten zweifeln jedoch an der Machbarkeit.
Verzweifelte Idee oder realistischer Plan? US-Wissenschaftler haben in einer aktuellen Studie vorgeschlagen, Mondstaub gegen die Erderwärmung einzusetzen. Mondstaub schirme "mit wenig Masse viel Sonnenlicht ab", sagte der Hauptautor der in der Zeitschrift "PLOS Climate" veröffentlichten Studie, Ben Bromley. Die Forscher halten es daher für möglich, mithilfe von Mondstaub die Temperaturen herunterzukühlen und somit die Auswirkungen der Erderwärmung abzufedern.
Die Erderwärmung muss dem Weltklimarat zufolge auf 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter begrenzt werden, um katastrophale Folgen zu verhindern. Ideen zur Filterung der Sonnenstrahlung als Schutz vor Überhitzung kursieren deshalb schon länger - sie reichen von riesigen weltraumgestützten Schirmen bis hin zur Produktion reflektierender weißer Wolken. Meistens trafen sie auf Skepsis.
Da es aber noch immer nicht gelungen ist, die für die Erderwärmung verantwortlichen Treibhausgasemissionen deutlich zu senken, sind die lange Zeit als abwegig geltenden Geoengineering-Konzepte zuletzt immer mehr in den Mittelpunkt gerückt. Um die Temperaturen um ein oder zwei Grad Celsius zu senken, würde es bereits genügen, ein bis zwei Prozent der Sonneneinstrahlung zu blockieren.
Bergbaubetrieb auf dem Mond?
Das könnte mithilfe von Mondstaub gelingen - zumindest sind die Forscher von der Universität von Utah und dem Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics davon überzeugt. Für ihre Studie übertrugen sie gängige Methoden zur Planetenerforschung auf den Mond. Dabei griffen sie auf Erkenntnisse zurück, wonach bei der Entstehung neuer Planeten viel Weltraumstaub aufgewirbelt wird.
Die Wissenschaftler untersuchten anschließend verschiedene Arten von Staub auf einer Vielzahl von Umlaufbahnen. Sie wollten so herausfinden, welche Staubart die meisten Schatten wirft. Computersimulationen hätten gezeigt, dass Mondstaub, "der sich an einem Gravitationspunkt zwischen Erde und Sonne befindet" am besten funktioniert, sagte Physiker Bromley. Dafür müsste auf dem Mond soviel Staub abgebaut werden, wie bei einem großen Bergbaubetrieb auf der Erde.
Lenkt vom eigenlichen Problem ab
Die Studienautoren betonen allerdings, dass es ihnen lediglich darum ging, die potenziellen Auswirkungen zu berechnen - und nicht um die logistische Machbarkeit. "Wir sind keine Experten für Klimawandel oder Raketenwissenschaft", betonte Bromley.
An der Studie unbeteiligte Experten lobten zwar die Methodik, bezweifelten aber, dass die Idee tatsächlich funktionieren würde. "Wenn man den Mondstaub in der Mitte der Schwerkraft zwischen Erde und Sonne platziert, kann er tatsächlich Wärme reflektieren", sagte Stuart Haszeldine von der Universität Edinburgh. Er verglich das Vorgehen jedoch mit dem Balancieren von "Murmeln auf einem Fußball": Innerhalb einer Woche würde "der meiste Staub aus der Umlaufbahn geraten".
Nach Auffassung der emeritierten Atmosphärenforscherin Joanna Haigh vom Imperial College London lenkt die Studie vom eigentlichen Problem ab. Sie suggeriere, die Umsetzung solcher Ideen könnte die Klimakrise lösen, sagte sie. In Wahrheit liefere sie deren Verursachern aber nur eine Ausrede, nicht handeln zu müssen.
Quelle: ntv.de, hny/AFP