"Meine sind homöopathisch" Die Ärzte nach K.-o.-Tropfen-Witzen in der Kritik
09.06.2023, 10:58 Uhr Artikel anhören
Hatten in Luxemburg vielleicht nicht gerade eine ihrer Humor-Sternstunden: Bela B und Farin Urlaub (v.l.) von Die Ärzte.
(Foto: picture alliance / dpa)
Wer ein Konzert von Die Ärzte besucht, erwartet von der "besten Band der Welt" nicht nur ein Feuerwerk an Hits, sondern auch jede Menge flotter Sprüche. Bei einem Auftritt in Luxemburg, bei dem Farin Urlaub und Bela B auch den aktuellen Rammstein-Skandal thematisieren, geht das aber nach hinten los.
Dass Die Ärzte auf ihren Konzerten und mitunter auch in ihren Songs aktuelle gesellschaftliche Themen und Entwicklungen aufs Korn nehmen, ist gang und gäbe. Dass sie bei einem Auftritt in Luxemburg nun auch den schwelenden Skandal um ihre Kollegen von Rammstein aufgegriffen haben, gerät jedoch in die Kritik. Genauer gesagt geht es darum, wie sie sich den Vorwürfen, junge Frauen seien am Rande von Rammstein-Shows angeblich betäubt und missbraucht worden, genähert haben.
So machte auf Twitter ein inzwischen wieder gelöschtes Video die Runde, in denen sich Gitarrist Farin Urlaub und Schlagzeuger Bela B einen verbalen Schlagabtausch liefern. Nach Informationen des "Rolling Stone" fand dieser zwischen den Songs "Rock Rendezvous" und "Wie es geht" statt und spielte offensichtlich auf den derzeitigen Rammstein-Skandal an.
"Wo kauft man denn eigentlich diese K.-o.-Tropfen?", hörte man etwa Urlaub sagen. Bela B antwortete: "Wir machen die selber, im Tourbus." Auch mit der Aussage, seine K.-o.-Tropfen seien "homöopathisch", versuchte sich der Schlagzeuger an einem Scherz, ehe er ergänzte, er sei am nächsten Morgen aufgewacht und es sei "viel schlimmer als blaue Flecken" gewesen. Urlaub kommentierte: "Und mein Bett war total verklebt."
"Macht mich sprachlos"
Bereits im Song "Rock Rendezvous", in dem sich die Bandmitglieder scherzhaft gegenseitig sexuelle Avancen machen, hatten Die Ärzte einige Passagen umgetextet. So hieß es darin nun etwa: "Ich will dich ficken. Genau in diesem Backstage-Raum." Oder aber: "Wenn du nein sagst, das ist keine Option, trink von diesem Glas."
Daneben sorgte noch eine andere Ansage der Band auf ihrem Luxemburg-Konzert für Aufsehen. In dieser nahmen Urlaub und Bela B auf den "Pride Month" Bezug, der gerade von der LGBTQI+- Community gefeiert wird. Er bekomme jetzt jeden Tag "so 'ne Erklärbär-Mail", sagte Urlaub, ehe er sich mit Bela B über die Aneinanderreihung der Buchstaben lustig machte. Auch den Begriff "Cisgender" griff der Gitarrist auf. "Von Cis keine Ahnung", erklärte er, in Anspielung auf das Cis auf der Tonleiter.
Einigen Kommentatorinnen und Kommentatoren in den sozialen Netzwerken war bei den Die-Ärzte-Aussagen nicht zum Lachen zumute. "Die beste Band der Welt wird auch mal schnell zur unsympathischsten Band der Welt", lautete etwa eine Anmerkung. "Wie die Ärzte auf die Vorwürfe gegen Rammstein reagieren, macht mich sprachlos", eine andere. "Die sollen sich mit den Opfern solidarisieren und keine Witze darüber machen. Ey, was ist mit so manchen Männern los", lautete ein dritter Kommentar.
"Einfach. Nur. Denken."
Ebenso gibt es aber auch viele Fans, die die Gruppe verteidigen. Demnach seien die Passagen aus dem Kontext gerissen. So hätten sich Die Ärzte bei ihrem Auftritt auch kritisch geäußert und im Rammstein-Skandal klar Stellung bezogen. "Wenn man sich auch nur ein Jota mit den 'Die Ärzte' beschäftigt hat, versteht man sehr deutlich die Kritik. Man könnte sich ja auch generell die Haltung dieser tollen Künstler angucken, bevor man humorlos und im 'McCarthy'-Stil hier ein Fass aufmacht. Einfach. Nur. Denken", so eine Forderung, die auf den berühmt-berüchtigten US-Politiker Joseph McCarthy anspielt, der in den 50er-Jahren zur Hetzjagd auf angebliche Kommunisten im Land blies.
Die Ärzte hätten sich "offen dagegen ausgesprochen, was da passiert ist", betonte ein Fan. "Wenn man den 'Die Ärzte'-Humor versteht, kommt die negative Haltung deutlich rüber. Rammstein wurden dabei schon ziemlich angegangen", schrieb zudem just derjenige, der das Video ursprünglich hochgeladen hatte. Er fände "Witze über K.-o.-Tropfen trotzdem problematisch, da zum Beispiel Betroffene im Publikum sein könnten".
Die Ärzte haben in ihrer Bandgeschichte immer wieder Humorgrenzen getestet und für manche auch überschritten. Dabei setzte sich die Gruppe aber auch stets reflektierend mit ihren Aussagen auseinander. So räumte Bela B im vergangenen Jahr in einem Interview etwa ein, sie hätten mit ihrem Song "Geschwisterliebe" in den 80er-Jahren "geschmacklich doch ziemlich daneben" gelegen. Auch das Lied "Elke", in dem sich Die Ärzte in den 90ern über eine übergewichtige Anhängerin lustig machten, spielt die Band heute nicht mehr.
Quelle: ntv.de, vpr