Angst vor Verhaftung und Folter Putin-kritische Rockband entgeht Abschiebung nach Russland
01.02.2024, 10:23 Uhr Artikel anhören
Ein Mitglied der russisch-belarussischen Band Bi-2 hatte seinen "Ekel" gegenüber dem Kreml zum Ausdruck gebracht.
(Foto: IMAGO/Scanpix)
Die Rockband Bi-2 kritisiert offen den Angriffskrieg in der Ukraine. Einer der Musiker wirft Putin vor, Russland "zerstört" zu haben. Nach einem Konzert in Thailand sitzt die regimekritische Truppe in einem Einwanderungsgefängnis fest. Der befürchteten Abschiebung nach Russland kann sie nun entkommen.
Die in Thailand festgehaltene regimekritische russische Rockband Bi-2 ist nach Israel ausgereist. Alle Bandmitglieder hätten Thailand sicher Richtung Tel Aviv verlassen, gab die Band auf Facebook bekannt. Der israelischen Nachrichtenseite Ynet zufolge trafen sie am frühen Morgen ein. Die sieben Musiker von Bi-2, von denen mehrere auch einen israelischen Pass haben und zwei keine russischen Staatsbürger mehr sind, waren eigenen Angaben zufolge vergangene Woche nach einem Konzert auf der thailändischen Urlaubsinsel Phuket festgenommen und in Einwanderungshaft gebracht worden. Medien hatten zunächst berichtet, dass die Musiker nach Russland abgeschoben werden sollten.
Am Dienstagabend war bereits einer der Bandgründer – Jegor "Ljowa" Bortnik – nach Israel ausgeflogen worden, wie die Band mitteilte, während der Rest der Gruppe zunächst weiter in einem Migrationsgefängnis saß. Moskau habe die Auslieferung gefordert, doch Israels diplomatische Bemühungen hätten bewirkt, dass die Musiker nach Israel reisen durften, berichtete Ynet. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) erklärte hingegen, dass derlei Forderungen vonseiten Moskaus nicht bekannt seien.
Der Band wird vorgeworfen, nicht über die gültigen Dokumente für den Auftritt auf Phuket verfügt zu haben. "Der Grund für die Festnahme waren falsch formulierte Unterlagen der Organisatoren", hatte Bi-2 auf mehreren sozialen Netzwerken mitgeteilt. Der Konzertveranstalter VPI Event erklärte, dass alle erforderlichen Genehmigungen für die Musiker eingeholt, der Band aber irrtümlich Touristenvisa ausgestellt worden seien.
Menschenrechtler warnen vor Verhaftung und Folter
HRW warnte, der Band drohe bei einer Rückkehr nach Russland "Verfolgung". Die russische Regierung betrachte die Gruppe als Bedrohung für die nationale Sicherheit. "Nach ihrer Inhaftierung in Thailand sagte Maria Sacharowa, die Sprecherin des russischen Außenministeriums, dass die Gruppe angeblich "Terrorismus gesponsert" habe, indem sie Russland verurteilt und die Ukraine öffentlich unterstützt habe", erklärte HRW.
Andrej Lugowoi, ein Mitglied des Unterhauses des russischen Parlaments, bezeichnete die Bandmitglieder wegen ihrer Kritik am russischen Militäreinsatz in der Ukraine als Abschaum. "Lasst die Jungs sich bereit machen: Bald werden sie auf Löffeln und Metalltellern spielen und singen und vor ihren Zellengenossen steppen", schrieb Lugowoi auf Telegram. "Ich persönlich würde mich sehr freuen, das zu sehen."
Die thailändische Regierung sollte keines der Bandmitglieder nach Russland abschieben, forderte HRW. Bei einer gewaltsamen Rückführung drohten ihnen "höchstwahrscheinlich willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen, mögliche Misshandlungen in der Haft, politisch motivierte Strafanzeigen und unfaire Gerichtsverfahren".
Bandmitglied von Bi-2 ekelt sich vor Putin
HRW teilte am Dienstag mit, unter den Musikern seien sowohl russische Bürger als auch Doppelstaatsbürger aus Russland und anderen Ländern, einschließlich Israel und Australien. Als besonders durch eine Abschiebung nach Russland bedroht galten die Musiker mit lediglich russischer Staatsangehörigkeit.
Bi-2 ist eine in Russland sehr bekannte Band. 2022 wurden mehrere Konzerte der Gruppe abgesagt, nachdem die Bandmitglieder sich geweigert hatten, in einer Halle aufzutreten, in der Banner zur Unterstützung des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hingen. Die Band verließ in der Folge Russland. Eines der Bandmitglieder hat "Ekel" über die russische Regierung zum Ausdruck gebracht und Putin vorgeworfen, Russland "zerstört" zu haben.
Quelle: ntv.de, gut/dpa/AFP/AP