Film mischt US-Wahlkampf auf Als Donald Trump noch "The Apprentice" war


Geht in seiner Rolle vollends auf: Sebastian Stan als Donald Trump.
(Foto: APPRENTICE PRODUCTIONS ONTARIO INC. / PROFILE PRODUCTIONS 2 APS / TAILORED FILMS LTD / DCM)
Bevor Donald Trump 2017 US-Präsident wird, heizt er in der Reality-TV-Show "The Apprentice" noch Bewerbern ein. Ein gleichnamiger Kinofilm thematisiert nun die Ära, in der der 78-Jährige selbst noch eine Art Azubi war. Kurz vor der Wahl, in der Trump um sein Comeback ins Weiße Haus kämpft.
"You're fired!" Der Ausspruch, mit dem Donald Trump einst Kandidatinnen und Kandidaten in der Reality-TV-Show "The Apprentice" (übersetzt: "Der Azubi") in die Wüste schickte, ist zum geflügelten Wort geworden. Über zehn Jahre lang gab der heute 78-Jährige in dem Format den knallharten Firmenchef, ehe er die Politik als neue Spielwiese für sich entdeckte und 2017 als 45. Präsident der Vereinigten Staaten vereidigt wurde.
Als Trump Anfang 2004 erstmals für "The Apprentice" vor der Kamera stand, war er 57 Jahre alt. Da hatte er bereits eine lange Karriere als zwielichtiger Immobilienhai auf dem Buckel. Doch es gab auch eine Zeit, in der der Tycoon selbst noch eine Art Azubi war, wenngleich ein Azubi mit goldenem Löffel im Mund. Schließlich hatte es bereits sein Vater Fred Trump mit dem Bau von Wohnhäusern in New York zum Multimillionär gebracht. Zum entscheidenden Lehrmeister auf Donald Trumps weiterem skrupellosen Weg nach oben wurde dann jedoch ein gewisser Roy Cohn.
Das jedenfalls ist die Geschichte, die der nun in schöner Doppeldeutigkeit ebenfalls "The Apprentice" betitelte Film von Regisseur Ali Abbasi erzählt. Der im Iran geborene und in Dänemark lebende Filmemacher hat mit hochgelobten Streifen wie "Border" und "Holy Spider" bereits Erfahrungen im Fantasy- und Thriller-Genre gesammelt. Nun stellt er sich, aufbauend auf einem Drehbuch des US-Journalisten Gabriel Sherman, der knallharten Realität des Mannes, der in knapp drei Wochen bei der US-Präsidentschaftswahl um seine Rückkehr in das Weiße Haus kämpfen wird.
Trump-Team spricht von "Müll"
Natürlich hat sich Abbasi dabei auch ein paar künstlerische Freiheiten herausgenommen. So heißt es im Vorspann: "Die in diesem Film dargestellten Ereignisse und Personen basieren auf realen Ereignissen und Personen, aber einige Ereignisse und Namen von realen Personen wurden aus dramaturgischen Gründen fiktionalisiert." Donald Trumps Team verdammte den Streifen unterdessen schon vor dem Kinostart in Bausch und Bogen. Trump-Sprecher Steven Cheung etwa sprach von "offenkundig falschen Behauptungen" und erklärte: "Dieser Müll ist reine Fiktion."

Trump-Sprecher Steven Cheung gefällt die "Wahrheit" in "The Apprentice" nicht.
(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)
Sogar mit rechtlichen Schritten drohte das Lager des alten und womöglich bald auch wieder neuen Präsidenten. Weil sich viele Produzenten in Hollywood nicht die Finger verbrennen wollten, wurde in Kanada statt in den USA gedreht. Auch die Suche nach einem Verleih in den Vereinigten Staaten fiel schwer, gelang dann aber doch: Ehe "The Apprentice" jetzt auch in Deutschland in die Kinos kommt, startete er am vergangenen Wochenende bereits in den USA - pünktlich zur heißen Wahlkampfphase.
Was in dem Film nun im Einzelnen auch Fakt oder Fiktion sein mag - dass Cohn in Donald Trumps Leben keine ganz geringe Rolle gespielt hat, ist verbrieft. Nachdem er während der sogenannten McCarthy-Ära der 40er und 50er Jahre in den USA bei der Hatz gegen angebliche Kommunisten berühmt-berüchtigt geworden war, ließ er sich als Anwalt in New York nieder. Dort traf er Anfang der 1970er Jahre auch auf Donald Trump und wurde zu dessen Rechtsbeistand, als dieser zu diversen Prozessen um seine Immobiliengeschäfte vor Gericht zitiert wurde.
Trump als Vergewaltiger
Drehbuchautor Sherman beruft sich nicht nur auf diverse Interviews, die er als Journalist mit Trump persönlich geführt haben will. Auch aus dem Umfeld von Trump und Cohn sei er mit vielen Informationen versorgt worden, die nun das in "The Apprentice" gezeichnete Bild bestimmten. Demnach mauserte sich Cohn zu einem regelrechten Mentor Trumps. Dabei verhalf er seinem Schützling nicht nur dazu, mit allen legalen wie illegalen Mitteln - von Korruption bis Erpressung - das Immobilienunternehmen des Vaters zum Imperium auszubauen. Er impfte ihm auch drei goldene Regeln ein. Erstens: Angriff, Angriff, Angriff. Zweitens: Nie etwas zugeben, immer alles abstreiten. Und drittens: Nie eine Niederlage eingestehen, sondern stets den Sieg für sich reklamieren.

Jeremy Strong mimt Roy Cohns Niedertracht mit stoischer Gelassenheit.
(Foto: APPRENTICE PRODUCTIONS ONTARIO INC. / PROFILE PRODUCTIONS 2 APS / TAILORED FILMS LTD / DCM)
All das kommt einem bei dem heutigen Trump tatsächlich nur allzu bekannt vor. Und auch die Darstellung, dass Trump seinen einstigen Übervater eiskalt fallen ließ, nachdem er nicht nur über ihn hinausgewachsen, sondern auch Cohns Homosexualität und Aids-Erkrankung öffentlich geworden war, ist durchaus denkbar. Mitstreiter, die ihm irgendwann im Weg standen, hat Trump während und nach seiner Präsidentschaft nun wirklich reihenweise eliminiert. Aber hat er auch, wie in "The Apprentice" gezeigt, seine erste Ehefrau Ivana vergewaltigt? Tatsächlich hatte sie das bei ihrer Scheidung 1990 behauptet, den Vorwurf später jedoch abgeschwächt.
"Es gibt keine Wahrheit. Sie ist ein Konstrukt", sagt der Donald Trump im Film. Und auch das kommt einem von seinem realen Vorbild, das Fakten nur allzu gern verdreht, bestens bekannt vor. Umso ironischer ist, dass diese Behauptung ausgerechnet dann, wenn sie mal definitiv zutrifft, Trumps Team so gar nicht gefallen mag. Denn natürlich kann "The Apprentice" - wie jede Biografie aus zweiter Hand - höchstens eine Annäherung an die Wahrheit sein. Wie es am Ende wirklich war, könnten allenfalls die berichten, die dabei waren. Roy Cohn und Ivana Trump zum Beispiel sind allerdings bereits tot. Und Donald Trump? Sein Verhältnis zur Wahrheit kennen wir.
Ein nüchterner Blick in den Abgrund
Dass das, was Regisseur Abassi in seinem Film präsentiert, aber zumindest durchaus schlüssig erscheint, macht "The Apprentice" absolut sehenswert. Und nicht nur das. Der Streifen besticht vor allem auch durch die grandiose Leistung seiner beiden Protagonisten. "Succession"-Star Jeremy Strong mimt den niederträchtigen Roy Cohn mit einer stoischen Gelassenheit, dass es einem eiskalt den Rücken herunterläuft. Und Sebastian Stan verpasst seinem Donald Trump im Laufe des Films so viel von der heute typischen Gestik und Mimik des Originals, dass er von ihm schon bald kaum noch zu unterscheiden ist.
Dabei tappt "The Apprentice" nicht in die Falle, zu einem nur allzu leicht zu durchschauenden "Anti-Trump-Film" zu verkommen. Ohne in Hysterie zu verfallen, lässt er die Zuschauerinnen und Zuschauer geradezu nüchtern in den Abgrund blicken. Nur die klammheimliche Hoffnung, die manche womöglich mit der Veröffentlichung des Streifens im US-Wahlkampf verbunden haben, dürfte sich nicht erfüllen: "The Apprentice" wird Trump wohl nicht nachhaltig schaden.
In Zeiten, in denen Verkommenheit zur Tugend erhoben und ein Mann wie Donald Trump auch und gerade für seine hinterlistige Verschlagenheit von seinen Anhängerinnen und Anhängern bewundert wird, kann ein Film wie dieser nur wenig bewirken. Das hat sich am Startwochenende bereits an den US-Kinokassen gezeigt. Dort geriet er zu einem phänomenalen Flop. Bleibt zu hoffen, dass zumindest das Publikum außerhalb der USA den Film zu würdigen weiß. Verdient hätte er es auf jeden Fall.
Quelle: ntv.de