"Mission: Impossible 8" im Kino Tom Cruise kämpft gegen die KI und jeden roten Faden
21.05.2025, 15:46 Uhr Artikel anhören
Müssen nur mal kurz die Welt retten: Ethan Hunt (M.) und seine Crew.
(Foto: IMAGO/ZUMA Press)
Auch im großen Finale der "Mission: Impossible"-Reihe steht nicht die Geschichte im Vordergrund, sondern die Stunts - und das mit voller Absicht. "Final Reckoning" verbindet frühere Teile und setzt eher auf düstere Kriegsfilm-Vibes statt auf Spionage-Action.
Wer sich vor dem Kinobesuch von "Mission: Impossible - Final Reckoning" pflichtbewusst noch einmal durch den Wikipedia-Eintrag des Vorgängers "Dead Reckoning" wühlt, um wieder "im Bilde" zu sein, wird schnell feststellen: im Bilde ist da eigentlich niemand. Da implodiert ein U-Boot, irgendwo treibt eine gottgleiche Künstliche Intelligenz (KI) ihr Unwesen, Tom Cruise springt in Abu Dhabi über Gepäckcontainer, dann wieder durch Rom, anschließend über eine Klippe, landet mit dem Fallschirm im Orient-Express - und zwischendrin gibt's Intrigen, Verrat, Verfolgungsjagden, explodierende Züge und ein paar Tote. Mit anderen Worten: viel Action, noch mehr Tempo, aber wenig Überblick.
Spätestens jetzt sollte einem aufgefallen sein, dass bei "Mission: Impossible" die Handlung nicht wirklich im Vordergrund steht. Sie ist nicht einmal nebensächlich, sondern bestenfalls dekorativ. In den 29 Jahren, die es die Filmreihe nun schon gibt, wurde die Herangehensweise an die Streifen von den Machern bereits in etlichen Interviews verraten. Ein Drehbuch gibt's demnach nicht, wenn es losgeht. Stattdessen jede Menge Ideen für krasse Stunts. Irgendwer sagt: "Hey, wie wär's, wenn Tom Cruise an der Außenfassade des höchsten Gebäudes der Welt klettert (Teil 4), mit einem HALO-Fallschirm aus sieben Kilometern Höhe von einem Flugzeug springt (Teil 6) oder ohne Sauerstoffflasche in einem Unterwasserkomplex auf Tauchgang geht und sechs Minuten den Atem anhält (Teil 5)?" - und zack, wird die Szene gebaut.
Das Warum, die Antriebe, die Motive - kurz: die Story - wird erst hinterher geklärt. So wusste Hayley Atwell im letzten Film, Teil 7, angeblich ein Jahr lang nicht, wie ihre Figur eigentlich heißt oder warum sie mit Tom Cruise in Rom die Straßen unsicher macht. Aber hey, who cares - Hauptsache, es knallt. Die entsprechenden Szenen, in denen die Mission für die Zuschauer erklärt wird, werden deshalb ganz zum Schluss in geschlossenen Räumen gedreht. Das ist nicht nur billiger, sondern lässt sich auch schnell neu drehen, wenn sich der Plot doch nochmal ändern sollte.
Die ominöse "Hasenpfote" ist zurück
Und so standen die armen Autoren, die mit Regisseur Christopher McQuarrie das Drehbuch zum finalen Teil der Serie - "Final Reckoning" geschrieben haben, nun vor der sportlichen Aufgabe, nicht nur die inhaltlichen Brücken zwischen einem lebensbedrohlichen Tauchgang ins Meer, waghalsigen Stunts auf den Flügeln eines Doppeldeckers und Sprüngen von einem Flugzeugträger im Nordpazifik zu bauen. Sie mussten auch noch erklären, wie dieses letzte und die Abenteuer der vorherigen sieben Filme Teil eines ganz großen Plans waren. Und siehe da: Die ominöse "Hasenpfote" aus Teil 3, von der man nie wusste, was sie ist, wird plötzlich zum Schlüssel für die Kontrolle über die KI "die Entität". Warum auch nicht?
Seit Teil 7 sind nur wenige Monate vergangen, doch die haben es in sich: Die Welt hat sich durch die Entität verändert. Regierungen wurden gestürzt, die gesellschaftliche Ordnung zerbröckelt. Helfen kann jetzt nur noch einer: Ehtan Hunt (Cruise). Gemeinsam mit seiner Crew - darunter sein Dauerbegleiter Benji Dunn (Pegg), die nun doch irgendwie wichtige Grace (Atwell), die mysteriöse Paris (Pom Klementieff) und Theo "Wir-brauchten-noch-jemanden" Degas (Greg Tarzan Davis) - macht sich der IMF-Agent auf die Suche nach dem untergegangenen U-Boot Sewastopol, auf dem sich die Hasenpfote befindet. Die Uhr tickt, denn die Entität übernimmt zunehmend die Kontrolle über die globalen Nuklearsysteme, und es bleiben noch drei Tage bis zum Beginn der weltweiten Angriffe.
Im Verlauf des Films zeigt sich: "The Final Reckoning" ist mehr als nur ein weiteres Stunt-Showcase. Zwischendurch rücken plötzlich wieder Figuren - oder zumindest deren Sprösslinge - aus den früheren Teilen in den Vordergrund und alte Handlungsfäden tauchen überraschend wieder auf - manchmal elegant verwoben, manchmal mit dem subtilen Charme eines Vorschlaghammers. So begegnet man dem aus Teil 1 bekannten CIA-Analysten William Donloe (Rolf Saxon) wieder. Dieser wurde nach Hunts Einbruch ins CIA-Hauptquartier vor fast 30 Jahren in die Beringsee verbannt, wo er seitdem mit seiner Ehefrau Tapeesa (Lucy Tulugarjuk) lebt (eine Indigene, die zwar kein Wort Englisch spricht, aber trotzdem alles versteht und neben Hundeschlitten auch Flugzeuge und Dekompressionskammern bedienen kann). Auch sonst wird klar: Man bemüht sich, die Reihe mit einem gewissen Maß an Rückblick und Zusammenhang zu Ende zu bringen.
Mehr Kriegsfilm als Spionage-Action
Und so ergibt am Ende dann plötzlich alles einen Sinn. Oder zumindest so viel Sinn, wie ein "Mission: Impossible"-Film eben ergeben kann. Die Story? Wie gesagt, ist eigentlich egal. Die Action? Mega, vor allem an Bord der Sewastopol. Die Stunts? Lebensgefährlich - Tom Cruise wäre während der Dreharbeiten wieder einmal fast draufgegangen! Das Schauspiel? Okay, mehr aber auch nicht. Zwischendurch gibt's durchaus ein paar Gags, etwa Hunts brutale Kampfszene mit den Killern von Bösewicht Gabriel (Esai Morales), die der Zuschauer zwar nicht sieht, aber anhand von Graces verstörtem Blick bestens nachvollziehen kann.
Interessant ist aber, dass sich der letzte Teil atmosphärisch deutlich von seinen Vorgängern abhebt - und das sogar auf eine positive Weise. US-Präsidentin Erika Sloane (Angela Bassett) legt das Schicksal der Menschheit in die Hände ihres Agenten Ethan Hunt - nur er kann den "bösen Russen" zuvorkommen und die Entität zerstören. Bei dieser globalen Bedrohungslage und Weltuntergangsstimmung fühlt sich "The Final Reckoning" über weite Strecken statt klassischer Spionage-Action eher wie ein Kriegsfilm aus dem Kalten Krieg an: düsterer, angespannter, entschlossener.
"The Final Reckoning" ist ein solides, spektakuläres Ende einer Reihe, die sich nie für Logik interessiert hat, aber immer wusste, wie man es ordentlich krachen lässt. Wer sich nicht zu sehr an erzählerischen Verrenkungen und Plotlöchern stört, sondern sich einfach nun auf das fast dreistündige Adrenalin-Spektakel einlassen will, wird hier bestens unterhalten. Wer eine kohärente Geschichte sucht, ist eh im falschen Film - und das seit 1996.
Quelle: ntv.de