Spionage gegen Unternehmen BND steht im Kreuzfeuer der Kritik
24.04.2015, 09:41 Uhr
Die neue Zentrale in Berlin: Der BND als Handlanger der NSA?
(Foto: picture alliance / dpa)
Erneut steht der Bundesnachrichtendienst im Mittelpunkt einer Spionage-Affäre - und erntet scharfe Kritik. "Wir sind belogen worden", stellt Grünen-Politiker Ströbele fest. Die Linke fordert personelle Konsequenzen. Die Bundesanwaltschaft ermittelt jedoch nicht.
Die Bundesanwaltschaft hat dementiert, dass sie wegen der neuen Spionage-Affäre im Zusammenspiel zwischen dem Bundesnachrichtendienst und dem US-Geheimdienst NSA Ermittlungen aufgenommen hat. Dies hatte zuvor der Vorsitzende des NSA-Untersuchungsausschusses, Patrick Sensburg von der CDU, der ARD erklärt.
Dagegen sagte eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft, die Behörde habe aufgrund von Medienberichten über Aktivitäten britischer und US-amerikanischer Nachrichtendienste in Deutschland im Juni 2013 einen "Prüfvorgang" angelegt. "Mit Blick auf eine umfassende Sachverhaltsaufklärung beabsichtigt sie, im Rahmen dieses Prüfvorgangs auch die Erkenntnisse des Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages einzubeziehen." Die Sprecherin betonte zugleich: ""Ein Zusammenhang zu den aktuell gegen den Bundesnachrichtendienst erhobenen Vorwürfen besteht nicht."
Am Donnerstag war bekannt geworden, dass der BND für die NSA gezielt die Kommunikation europäischer Unternehmen und Politiker ausgehorcht haben soll. Betroffen sein sollen etwa der Rüstungskonzern EADS, der Hubschrauberhersteller Eurocopter und französische Behörden.
"Wir sind belogen worden"
Nach Informationen des "Spiegel" lieferte die NSA über Jahre hinweg so genannte Selektoren an den BND. Dabei handelte es sich unter anderem um Handynummern oder Internet-IP-Adressen, die dann vom BND zur Überwachung in verschiedenen Weltregionen eingespeist worden seien. Demnach fiel BND-Mitarbeitern seit 2008 wiederholt auf, dass einige der Selektoren aus den USA dem Aufgabenprofil des BND zuwiderliefen. Offenbar habe die NSA gezielt nach Informationen über Unternehmen gesucht.
"Wir haben nach den Enthüllungen aus den Dokumenten von Edward Snowden immer wieder nachgefragt: Sind da auch Daten rausgesucht, aufgenommen und ausgewertet worden, die Industriebetriebe und Politiker betreffen in Europa? Und wurde immer wieder gesagt: Nein, das ist nicht der Fall", sagte Hans-Christian Ströbele von den Grünen bei n-tv. "Und nun höre ich, das stimmt alles gar nicht, wir sind belogen worden. Das können wir als Parlamentarier nicht hinnehmen", sagte das Mitglied im Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestags.
Die Bundesregierung forderte vom BND volle Aufklärung. Bei dem Dienst seien "technische und organisatorische Defizite" ausgemacht worden, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. "Das Bundeskanzleramt hat unverzüglich Weisung erteilt, diese zu beheben."
Die Grünen sehen jedoch die Kanzlerin in der Verantwortung: "Die Kontrolle des BND ist Sache des Kanzleramts und damit von Angela Merkel persönlich. Die Kanzlerin muss jetzt für volle Aufklärung sorgen", sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt der "Passauer Neuen Presse".
Riexinger fordert Schindlers Rücktritt
Linksfraktionschef Gregor Gysi sagte dem Deutschlandfunk: "Das Kanzleramt ist das Kontrollgremium. Entweder sie haben nichts gewusst, dann funktioniert die Kontrolle nicht. Oder sie haben es gewusst, dann hätten sie sich an rechtswidrigen Handlungen beteiligt." Linkspartei-Chef Bernd Riexinger forderte derweil den Rücktritt von BND-Präsident Gerhard Schindler. Der BND "war offenbar jahrelang eine Art Zweigstelle des US-Geheimdienstes", sagte der Politiker der in Halle erscheinenden "Mitteldeutschen Zeitung".
Allerdings wandte sich Grünen-Politiker Ströbele gegen Forderungen nach einem Rücktritt von BND-Präsident Schindler: "Ich bin dagegen, dass man jetzt so eine Art Bauernopfer bringt und dann ist die Sache erledigt." Auch CSU-Innenexperte Stephan Mayer wies die Rücktrittsforderungen der Linken als "vollkommen vorschnell und effekthascherisch" zurück. Allerdings seien die bekanntgewordenen Vorwürfe sehr schwerwiegend, sagte das Mitglied im Parlamentarischen Kontrollgremium der "Passauer Neuen Presse".
Quelle: ntv.de, mli/dpa/AFP