CO2-Grenzwerte sollen fallen CDU will deutsche Autobauer vor Strafen bewahren
27.05.2024, 19:10 Uhr Artikel anhören
CDU-Chef Merz will auch künftig aus Autos mit Verbrennungsmotor steigen können.
(Foto: picture alliance / Flashpic)
Die EU-Kommission will in elf Jahren keine Verbrenner mehr neu zulassen. Die Grenzwerte, die die Autoflotten ausstoßen dürfen, werden dafür schrittweise gesenkt. Werden sie gerissen, zahlen VW, BMW und Co. Strafen. Das will die CDU ändern - das Geld würde anderweitig benötigt.
Die CDU will den deutschen Autobauern angesichts schwacher Absatzzahlen bei Elektroautos entgegenkommen und ihnen drohende Strafzahlungen erlassen. "Wir müssen dafür sorgen, dass die Unternehmen keine Strafen zahlen müssen, wenn sie bei den Emissionen die europäischen Flottengrenzwerte angesichts der Absatzprobleme nicht einhalten können", forderte der stellvertretende Bundesvorsitzende der CDU, Michael Kretschmer im "Handelsblatt". "Die Unternehmen müssen weiter investieren können, um neue Produkte entwickeln und auf den Markt bringen zu können", erklärte er. Aus diesem Grund sollte nicht Geld abgeschöpft werden, das würde dringend benötigt.
Beim Verband der Automobilindustrie (VDA) hört man den Vorschlag gern. Dessen Präsidentin, Hildegard Müller, sagte dem "Handelsblatt": "Der VDA beteiligt sich engagiert an der Diskussion über Maßnahmen, die das Erreichen der Ziele möglich machen."
Die EU-Kommission hatte die Autobauer verpflichtet, für ihre in der EU verkauften Fahrzeuge einen bestimmten maximalen Emissionswert an Kohlendioxid einzuhalten. Der Wert bemisst sich am Gewicht der verkauften Fahrzeuge. Stößt die Neuwagenflotte insgesamt zu viel CO2 aus, werden Strafen für die Hersteller fällig. Die Grenzwerte sollen in den kommenden Jahren stetig verschärft werden. Ab 2035 dürften dann keine Fahrzeuge mehr neu zugelassen, die CO2 ausstoßen.
Merz mosert gegen Verbrenner-Aus
Die Union hat die Zukunft des Verbrenners zu einem wesentlichen Thema im Europawahlkampf gemacht. Die CDU fordert in ihrem Wahlprogramm konkret, das faktische Aus für Diesel und Benziner zurückzunehmen. Allen voran CDU-Chef Friedrich Merz erklärt bei seinen Wahlkampfauftritten regelmäßig, das Verbot müsse "rückgängig gemacht werden, weil wir heute nicht wissen, welche Mobilität in Zukunft wirklich umweltneutral und klimaverträglich entwickelt werden kann". Kretschmers Bundesland Sachsen ist von den Sorgen der deutschen Automobilbranche direkt betroffen. Volkswagen hat sein Hauptwerk für Elektromobilität in Zwickau aufgebaut, musste aber aufgrund sinkender Absatzzahlen die Produktion herunterfahren.
Aus Kretschmers Sicht bräuchten die Unternehmen "sinnvolle politische Unterstützung". VDA-Präsidentin Müller unterfüttert diese Forderung mit Zahlen. Demnach würden die Autobauer bis 2028 mehr als 130 Milliarden Euro in den Neubau und Umbau von Werken investierten. "Wo diese Investitionen am Ende getätigt werden, hängt entscheidend auch von den international wettbewerbsfähigen Rahmenbedingungen ab." Aus diesem Grund forderte Müller Politiker in Berlin und Brüssel auf, "Probleme zu akzeptieren und zu antizipieren, Fortschritte regelmäßig zu messen und bei neuen Faktoren und Variablen die Strategie anzupassen, um die Ziele zu erreichen".
15 Millionen E-Autos - nicht in Deutschland
Das zentrale Ziel für die Mobilitätswende hat die Bundesregierung ausgegeben: 2030 sollen mindestens 15 Millionen Elektroautos auf deutschen Straßen fahren. Um das Ziel zu erreichen, müsste angesichts aktueller Zahlen neu zugelassener Fahrzeuge bald jeder Neuwagen elektrisch fahren. Im April lag der Anteil aber bei gerade einmal 12,2 Prozent. Angesichts dieser Entwicklung hält VDA-Präsidentin das Ziel des Bundes für "sehr ambitioniert".
Die deutschen Hersteller um Mercedes, BMW und Volkswagen würden bis 2030 zwar "deutlich mehr" als 15 Millionen vollelektrische Fahrzeuge produzieren. Aber die würden nicht zwingend auf deutschen Straßen rollen, sondern gehen in alle Welt, sagte sie dem "Handelsblatt". Wo sie verkauft würden, hänge von den jeweiligen Rahmenbedingungen ab. "In erster Linie geht es darum, nicht nur Ziele auszurufen, sondern auch die politischen Aufgaben zu erledigen", sagte Müller. Wichtig sei etwa, das Stromnetz und Ladeinfrastruktur flächendeckend auszubauen sowie für günstigen Strom und den Zugang zu wichtigen Rohstoffen zu sorgen.
Umweltverbände kritisieren, den Versuch unter anderem der Union, das Aus von Fahrzeugen mit Verbrennermotor infrage zustellen. Die Flottengrenzwerte würden 2026 ohnehin regulär überprüft, wird argumentiert. Ebenso habe die durch die EU-Kommission verabschiedete Regelung Technologieoffenheit berücksichtigt, da beispielsweise mit Wasserstoff betriebene Fahrzeuge zugelassen werden könnten. Die CDU und die FDP werben dagegen für synthetische Kraftstoffe, die aus Ökostrom hergestellt werden, über diesen Umweg aber weniger energieeffizient sind und viel kosten.
Quelle: ntv.de, als