Politik

"Versuchen, uns zu benutzen" Kreml-Medien feiern "Freund" China - und warnen vor ihm

Sind Peking und Moskau gleichberechtigte Partner? Nicht alle vertreten in Moskau diese Meinung.

Sind Peking und Moskau gleichberechtigte Partner? Nicht alle vertreten in Moskau diese Meinung.

(Foto: IMAGO/SNA)

Die russische Propaganda sieht den Besuch des chinesischen Staatschefs als Zeichen der Stärke gegen die USA. Der Westen sei angesichts des Treffens in Panik geraten, verkünden Kreml-Medien. Sogar von der Schaffung einer neuen Weltordnung ist die Rede - die "dem Westen gar nicht gefallen wird". Doch es gibt auch kritische Stimmen.

Zum ersten Mal seit vier Jahren kommt der chinesische Staatschef Xi Jinping zu einem Staatsbesuch nach Moskau. Die Visite der Delegation aus Peking bei Kremlchef Wladimir Putin dauert ganze drei Tage und wird in der russischen Presse bereits als "historisch" bezeichnet. Die russischen Medien feiern die russisch-chinesische "Freundschaft" und sehen den Westen angesichts des Besuchs in Panik geraten. Gleichzeitig geben sie aber auch kritischen Stimmen Raum.

In zahlreichen Artikeln in der staatlich gelenkten Presse schwärmt man von den "warmen" Beziehungen zwischen Moskau und Peking. In der Tatsache, dass Xis erste Reise nach seiner kürzlichen Bestätigung als Staatspräsident ausgerechnet nach Moskau geht, sieht die Kreml-Propaganda ein Symbol der Freundschaft beider Länder. Gerne erinnern sich die russischen Journalisten in diesem Zusammenhang auch an das Jahr 2013: Als "Genosse Xi zum Staatschef ernannt wurde, war sein erstes Auslandsziel auch Russland", unterstreicht etwa die Tageszeitung "Iswestija".

"Im Westen hat der Besuch bereits eine Welle der Sorge über die weitere Stärkung der Achse Moskau-Peking ausgelöst", schreibt "Iswestija" weiter. "Komsomolskaja Prawda", eine der meistgelesenen Zeitungen des Landes, die auch als Putins Lieblingsblatt gilt, spricht von "Panik", die Nachrichtenagentur Ria Nowosti gar von "Hysterie" der westlichen Staaten angesichts des Besuchs aus Peking.

"Jeder weiß, dass Washington nicht vorhat, nach Wegen zum Frieden zu suchen"

Die russischen Propagandisten stellen in ihren Texten die USA und die EU einmal mehr als Kräfte dar, die den Krieg in der Ukraine angeheizt haben und alles tun würden, damit dieser weitergeführt wird. Angesichts des von China Ende Februar vorgeschlagenen Friedensplans schreibt Ria Nowosti: "Unabhängig davon, ob Chinas Bemühungen zum Frieden führen oder nicht, allein schon die Tatsache der friedlichen Vermittlungsversuche Chinas erschreckt den Westen. Eben weil sie friedlich sind!" Pekings Initiativen würden "von vornherein abgelehnt, mit Argumenten, die sich jeder logischen Erklärung entziehen", heißt es im Kommentar der staatlichen Nachrichtenagentur. "Jeder weiß bereits sehr gut, dass Washington nicht vorhat, nach Wegen zum Frieden zu suchen".

Der chinesische Zwölf-Punkte-Plan wurde im Westen mit Skepsis angenommen, weil er den russischen Angriff nicht verurteilt und keine Lösungen des Konflikts bietet. So fordert China zwar, dass die territoriale Integrität "aller Länder wirksam aufrechterhalten werden" muss. Im Dokument wird aber nicht darauf eingegangen, was mit den russisch besetzten Gebieten in der Ukraine geschehen soll. Zudem hat Peking den russischen Angriff nicht als solchen bezeichnet und verurteilt.

"Eine neue, post-amerikanische Welt nimmt Gestalt an"

In einem Aufsatz in der "Komsomolskaja Prawda" stellt der politische Analyst Ewgenij Umerenkow nicht nur die Ukraine, sondern auch die EU als Opfer der US-Außenpolitik dar. Dabei habe sich Washington mit seiner "anti-russischen" Einstellung mächtig verkalkuliert, behauptet Umerenkow. Die Vereinigten Staaten hätten eine mögliche Partnerschaft Russlands mit der EU zerschlagen, da diese Washingtons "ungeteilte wirtschaftliche und politische Vorherrschaft bedrohte", schreibt er. Dabei hätten die USA für sich selbst eine neue und noch ernstere Bedrohung geschaffen - die strategische Partnerschaft zwischen Moskau und Peking. Nachdem sie Europa von Russland weggerissen hätten, "sind sie nun machtlos, einen Keil zwischen Russland und China zu treiben", heißt es im Artikel. Die russisch-chinesische Partnerschaft sei eine "für alle offensichtliche Verbindung aus militärischem Potenzial und wirtschaftlicher Macht, die in der Lage ist, die für Washington bequeme Weltordnung auf entscheidende Weise zu verändern."

Die russische Propaganda betrachtet das Treffen von Xi und Putin als Meilenstein für die Schaffung einer neuen Weltordnung. "In Moskau nimmt eine neue, post-amerikanische Welt Gestalt an, die dem Westen gar nicht gefallen wird", heißt es in einem weiteren Kommentar Umerenkows in der "Komsomolskaja Prawda". "Deshalb behaupten die westlichen Länder jetzt, dass Putin und Xi sich auf den Zweiten Kalten Krieg einigen, und tun so, als hätten Washington und Brüssel nichts damit zu tun, als seien sie ausschließlich für den Weltfrieden. Aber nicht jetzt, sondern später, wenn sie gemeinsam Russland besiegen werden ... Und plötzlich verstehen sie: Jetzt müssen sie auch das mit den Russen befreundete China besiegen."

"Es ist schwierig für uns, mit Peking gleichberechtigte Partner zu sein"

Umerenkow, wie auch andere Propagandisten, feiern China als guten Freund Russlands. Doch selbst wenn diese Annahme angesichts der wachsenden Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern stimmen sollte, lässt der politische Analyst in seinen Artikeln eine Tatsache außer Acht. Xis Besuch in Moskau ist noch lange kein Beleg für die Unterstützung des russischen Angriffskriegs in der Ukraine. Peking verurteilt zwar nicht die Invasion, unterstützt sie bislang aber auch nicht, weder verbal noch mit Waffenlieferungen. Beim Treffen im Kreml verfolgt China seine eigenen Ziele.

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Auch in Russland scheint das einigen Beobachtern klar zu sein. "Man sollte nicht die rosige Erwartung hegen, dass China alle unsere Probleme lösen wird", sagt etwa der russische Asien-Experte Aleksej Maslow in einem Interview mit "Komsomolskaja Prawda". "Peking löst in Moskau seine eigenen Probleme", erklärte der Direktor des Instituts für asiatische und afrikanische Länder der Staatlichen Universität Moskau. "Aber im Moment decken sie sich mit unseren." China spreche sich gegen Ausweitung jeglicher militärischen Blöcke und die "Monopolisierung der Politik" aus. "Beide Positionen sind für uns von Vorteil", so der russische Experte.

Dem stimmt auch Wiktor Pochmelkin zu, ein ehemaliger Abgeordneter der Staatsduma: "China wird sich nur von seinen eigenen Interessen leiten lassen", zitiert die "Komsomolskaja Prawda" den Politiker. In seiner kritischen Einschätzung des Besuchs Xis geht er noch einen Schritt weiter als Maslow: "Es ist äußerst schwierig für uns, mit Peking gleichberechtigte Partner zu sein. Die Chinesen werden, wie sie es gewohnt sind, versuchen, uns zu benutzen."

Quelle: ntv.de

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