Politik

Der Kriegstag im Überblick Lage in Mariupol spitzt sich zu - USA verzichten auf russisches Öl

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Am 13. Tag des Ukraine-Krieges werden Hunderte Zivilisten aus der umkämpften Stadt Sumy in Sicherheit gebracht. In der Nacht waren dort 21 Menschen bei einem russischen Angriff getötet worden. Derweil will Polen seine Mig-29-Kampfflugzeuge in einem Tausch an die USA übergeben, womit die Jets an die Ukraine geliefert werden könnten - eine Bestätigung dafür steht jedoch noch aus. Zuvor hatten die Amerikaner ein Importverbot für Öl und Gas aus Russland erlassen. Der Kriegstag im Überblick.

Lage in Mariupol immer dramatischer

Im Ukraine-Krieg sind erstmals Hunderte Zivilisten bei einer abgestimmten Evakuierung aus einer umkämpften Stadt gerettet worden. Nach einer Feuerpause startete heute eine Fahrzeugkolonne mit Einwohnern aus Sumy im Nordosten des Landes. Zuvor starben dort bei russischen Angriffen in der Nacht nach Behördenangaben mindestens 21 Menschen, darunter zwei Kinder. Für andere eingeschlossene Städte scheiterten in den vergangenen Tagen mehrere Versuche zur Einrichtung eines Fluchtkorridors. Beide Seiten warfen sich gegenseitig Sabotage vor.

Als besonders kritisch gilt 13 Tage nach dem Überfall die Lage in der belagerten Hafenstadt Mariupol am Asowschen Meer. Dort warten nach Angaben des Roten Kreuzes 200.000 Menschen darauf, über verschiedene Routen aus der Stadt zu kommen. Nach Angaben des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz ist die Lage katastrophal. In der Stadt sind prorussische Einheiten nach Angaben aus Moskau weiter auf dem Vormarsch. Kämpfer der selbst ernannten Volksrepublik Donezk seien seit dem Ende einer Waffenruhe bereits knapp einen Kilometer weit vorgedrungen, teilte das russische Verteidigungsministerium mit.

Auch an anderen Frontabschnitten in der Ostukraine erzielten Separatisten und russische Einheiten nach eigenen Angaben Erfolge. Der Chef der von Russland als unabhängig anerkannten "Volksrepublik" Luhansk, Leonid Passetschnik, sagte, die Stadt Popasna sei erobert und ukrainische Kräfte seien eingekesselt worden.

Unterdessen heißt es, dass Angaben über russische Angriffe auf flüchtende Menschen aus Sicht der NATO der Wahrheit entsprechen. "Es gibt sehr glaubwürdige Berichte, dass Zivilisten bei der Evakuierung unter Beschuss geraten", sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg. UN-Angaben zufolge wurden bisher mehr als 400 Zivilisten seit dem Angriff getötet.

Polen will Kampfjets an USA übergeben

Am Abend wurde bekannt, dass Polen alle seine Mig-29-Kampfflugzeuge an die USA übergeben will. Die Ankündigung ist auf der Website der polnischen Regierung nachzulesen. Die Flugzeuge aus sowjetischer Produktion sollen auf den Stützpunkt Ramstein in Deutschland geflogen und dann den USA zur Verfügung gestellt werden - im Tausch gegen Kampfflugzeuge mit vergleichbaren Fähigkeiten.

Damit könnten die Mig-29-Flugzeuge von den USA an die Ukraine geliefert werden. Polen hatte zuvor ausgeschlossen, der Ukraine direkt Kampfflugzeuge zu liefern. Ob es tatsächlich zu dem Tausch kommt und die Kampfjets des NATO-Mitglieds Polen im Ukraine-Krieg eingesetzt werden, ist noch offen.

Selenskyj macht Gesprächsangebot

Unterdessen hat sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zu Gesprächen über den Status der Separatistengebiete im Osten des Landes und der von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim bereit gezeigt. Im US-Sender ABC machte Selenskyj am Abend zugleich deutlich, dass er nicht auf Forderungen aus Moskau eingehen werde, die Unabhängigkeit der selbst ernannten "Volksrepubliken" sowie die russische Herrschaft über die Krim anzuerkennen. "Ich bin bereit für einen Dialog. Aber wir sind nicht bereit für eine Kapitulation." Die Partei des Präsidenten zeigte sich offen dafür, im Gegenzug für Sicherheitsgarantien ihr Ziel eines NATO-Beitritts aufzuschieben.

International laufen die diplomatischen Bemühungen um eine Deeskalation weiter auf Hochtouren. Chinas Staatschef Xi Jinping rief nach einem Videogespräch mit Bundeskanzler Olaf Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zur Zusammenarbeit auf. Alle Bemühungen zur friedlichen Lösung sollten unterstützt werden.

USA wollen kein Öl mehr aus Russland

Die USA ziehen weitere wirtschaftliche Konsequenzen und erlassen ein Importverbot für Öl und Gas aus Russland. US-Präsident Joe Biden sprach zwar von einem "mächtigen Schlag" gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin, räumte aber ein, dass dies "Kosten" auch für sein eigenes Land zur Folge haben werde. Unmittelbare Auswirkungen hatte die Entscheidung der Amerikaner auf die Ölpreise. Zuletzt kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent 131,41 US-Dollar. Das waren 8,21 Dollar mehr als am Montag.

Während Deutschland weiter an den Energieimporten aus Russland festhalten will, hält die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina einen kurzfristigen Lieferstopp von russischem Gas für die deutsche Volkswirtschaft für durchaus "handhabbar". Am Morgen hatte Wirtschaftsminister Robert Habeck die ablehnende Position der Bundesregierung noch einmal bekräftigt. Mit Blick auf einen möglichen europäischen Importstopp für russisches Öl oder Gas sagte der Grüne bei ntv: "Wir reden dann über eine schwere Wirtschaftskrise in Deutschland und damit in Europa." Auch ohne einen solchen Boykott hält Habeck Benzinpreise von drei Euro pro Liter für vorstellbar.

Derweil kündigte die EU-Kommission an, die Abhängigkeit der EU von russischem Gas drastisch verringern zu wollen. Mithilfe anderer Lieferanten und dem Ausbau erneuerbarer Energien lasse sich die "Nachfrage der EU nach russischem Gas um zwei Drittel bis Ende des Jahres reduzieren". Bis spätestens 2030 wolle man unabhängig von russischen fossilen Brennstoffen sein.

Zehntausende Geflüchtete erreichen Deutschland

Auf ihrer Flucht vor den russischen Angriffen haben mittlerweile mehr als 64.000 Ukrainerinnen und Ukrainer Deutschland erreicht. Laut Bundespolizei könnte ihre Zahl noch deutlich höher liegen. Unter den Bundesländern fordert vor allem Berlin mehr Unterstützung vom Bund bei der Verteilung der Geflüchteten. Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) haben seit Kriegsbeginn mehr als zwei Millionen Menschen die Ukraine verlassen.

Ebenfalls in Deutschland ermittelt jetzt auch der Generalbundesanwalt wegen möglicher russischer Kriegsverbrechen in der Ukraine. Ein sogenanntes Strukturermittlungsverfahren sei eingeleitet worden, sagte Bundesjustizminister Marco Buschmann der "Passauer Neuen Presse". Nach Informationen der Deutschen-Presse-Agentur hat die Karlsruher Behörde konkrete Anhaltspunkte für bereits begangene Kriegsverbrechen.

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Quelle: ntv.de, mbe/dpa/AFP/rts

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