Politik

Sicherheitskonferenz in München Russland warnt vor "drittem Weltschock"

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Der russische Ministerpräsident Dmitri Medwedew bei seiner Rede in München.

(Foto: dpa)

Es klingt mal wieder nach Kaltem Krieg: Der Nato-Chef spricht von Nuklearwaffen, die Russen drohen mit einem "Weltschock". Die gefeierte Einigung auf einen Waffenstillstand in Syrien ist schon fast nichts mehr wert.

Es gibt an diesem Wochenende wohl niemanden im Konferenzsaal des Bayerischen Hofes, der nicht weiß, dass die Nato-Staaten über Atomwaffen verfügen. Es wäre unnötig, die knappe Zeit am Rednerpult darauf zu verwenden, diesen Umstand hervorzuheben, wollte man damit nicht eine Botschaft verbinden. Jens Stoltenberg, Generalsekretär der Nato, tut es. Sein Bündnis werde die Kapazitäten für Verteidigung und Abschreckung weiter ausbauen, sagt er. Es geht in erster Linie um die Verlegung von Truppen und Gerät in die östlichen Nato-Staaten und um verstärkte Übungen. Doch Stoltenberg sagt auch: "Unsere Abschreckung hat auch eine nukleare Komponente."

Der Ton für einen Tag voller konfliktreicher Debatten auf der Münchner Sicherheitskonferenz war damit vorgegeben. Eigentlich soll es auf Konferenzen wie diesen um Dialog gehen. Stoltenberg deutete auch an, man arbeite an einem Treffen des Nato-Russland-Rates. Doch der russische Premierminister Dimitri Medwedew ließ sich die Gelegenheit nicht entgehen, scharf auf Stoltenberg zu antworten.

Russland werde vom Westen zur größten Bedrohung erklärt, so Medwedew. Auf Stoltenbergs Äußerung antwortete er: "Es werden erschreckende Szenarien gezeichnet, in denen die Russen einen Atomkrieg anfangen." Manchmal frage er sich, ob wir im Jahr 2016 oder im Jahr 1962 leben. Die Sicherheit der vergangenen Jahrzehnte sei "auf den Ruinen des Zweiten Weltkriegs" gebaut gewesen, so Medwedew. Klare Prinzipien hätten es damals ermöglicht, ideologische Unterschiede zu überbrücken. "Brauchen wir einen dritten Weltschock, um zu verstehen, dass wir die Zusammenarbeit brauchen und nicht die Konfrontation?"

Der "Weltschock", das wäre eine direkte Konfrontation in Syrien, in die beide Seiten immer mehr investieren, ohne sie gewinnen zu können – ein Stellvertreterkrieg, wie es ihn während des Kalten Krieges mehrfach gab.

Waffenstillstand scheint schon gescheitert

"International Syria Support Group"

In der "International Syria Support Group", kurz ISSG, treffen sich Vertreter der Arabischen Liga, der EU und der Vereinten Nationen sowie aus Ägypten, China, Deutschland, Frankreich, Italien, Großbritannien, die Niederlande, Iran, Irak, Jordanien, Libanon, Oman, Katar, Russland, Saudi-Arabien, der Türkei, den Vereinigten Arabischen Emiraten und den Vereinigten Staaten. Gemeinsam hätten diese Staaten genug Einfluss auf die Kriegsparteien in Syrien – mit Ausnahme des IS und der Al-Nusra-Front –, um einen Waffenstillstand zu erreichen. Die Gruppe trat im November 2015 erstmals zusammen.

Gab es nicht vor zwei Tagen noch ein Signal, dass sich die Kontrahenten einigen können? Vor Beginn der Sicherheitskonferenz war die ISSG, die "International Syria Support Group" (siehe Kasten) zusammengekommen. In harten, neunstündigen Gesprächen, wie Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier berichtete, hatte sie sich auf einen Waffenstillstand geeinigt.  Viele Teilnehmer der Konferenz in München erhofften sich auf dieser Grundlage, dass bald eine Versorgung von eingeschlossenen Zivilisten mit Hilfsgütern möglich sein würde. Das wäre zumindest ein erster Schritt, Vertrauen herzustellen.

Doch noch bevor die Fachleute damit fertig sind, die Details des Waffenstillstands festzulegen, scheint er schon gescheitert. "Ich bin mir nicht sicher, wie viel dieses Dokument aus München wert ist", sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow. Die Amerikaner seien nicht dazu bereit, sich mit Russland abzustimmen.

Das Problem: Die oppositionellen Rebellen, die von allen Kriegsparteien dem Westen am nächsten stehen, sind in den Augen Russlands Terroristen. Bei Terroristen könne nur "wir oder sie" gelten, so Medwedew. "Das müssen alle verstehen." Eine Aufteilung in Radikale und angeblich Gemäßigte sei mit Russland nicht zu machen. In Bezug auf einen Waffenstillstand ist das ein ganz praktisches Problem. Denn alle Seiten sind sich einig, dass die Stellungen des IS weiterhin beschossen werden sollen. Russland wird das dazu nutzen, gegen die Opposition vorzugehen. Der britische Außenminister Philip Hammond sagte, die Opposition werde dann aber nicht an Friedensgesprächen teilnehmen, und das könne man von ihr auch nicht erwarten.

Der Westen wiederum ist überzeugt, dass der syrische Machthaber Baschar al-Assad abtreten muss, damit es eine Lösung geben kann. Auf die Frage, warum Russland Assad nicht wenigstens davon abhalte, Fassbomben auf Zivilisten zu werfen und ganze Dörfer auszuhungern, antwortete Lawrow ausweichend: Auch die Opposition belagere Zivilisten. "Man sollte Assad nicht dämonisieren."

Quelle: ntv.de

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