Caritas sieht "Scheinlösung" Union fordert Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten
20.06.2024, 06:17 Uhr Artikel anhören
Asylzentren im EU-Ausland setzen voraus, dass es aufnahmewillige Staaten gibt, in denen die Einhaltung grundlegender Menschenrechte gewährleistet ist.
(Foto: picture alliance/dpa)
Die Union dringt darauf, Asylverfahren in Nicht-EU-Staaten durchzuführen. Die Regierung hatte zugesagt, die Möglichkeit zu prüfen, Ergebnisse will sie heute den Ministerpräsidenten präsentieren. Nicht nur die Caritas hält wenig von dem Vorhaben.
Die Union macht vor der heute stattfindenden Ministerpräsidentenkonferenz Druck für die Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten und wirft Bundeskanzler Olaf Scholz bei dem Thema Tatenlosigkeit vor. "Zusagen und Ankündigungen des Kanzlers hat er bislang nicht wie versprochen umgesetzt", sagte der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Bedenken der Koalitionspartner wurde eher stattgegeben, anstatt ein echtes Umsteuern in der Migrationspolitik einzuleiten."
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst sagte der "Rheinischen Post": "Wir müssen die irreguläre Migration nach Deutschland beenden." Dafür brauche es auch nationales Handeln. "Die Sachverständigenprüfung der Bundesregierung hat ergeben: Asylverfahren in Drittstaaten sind grundsätzlich möglich", sagte der CDU-Politiker. Verschiedene Modelle seien denkbar. "Ich erwarte vom Bundeskanzler Ernsthaftigkeit, Sorgfalt und Entschlossenheit bei der Prüfung, welches Modell das richtige für Deutschland ist." Das Thema dürfe nicht ad acta gelegt werden. "Niemand hat behauptet, dass solche Lösungen einfach sind. Aber angesichts der großen Belastungen für unsere Gesellschaft und ihren Zusammenhalt durch den Migrationsdruck müssen auch schwierige Wege betreten werden."
Bundesinnenministerin Nancy Faeser von der SPD hatte die Möglichkeit von Drittstaatsverfahren durch Experten im In- und Ausland prüfen lassen, von denen viele sich skeptisch zeigten. Laut einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" gebe es rechtliche Bedenken und Skepsis wegen des Verhältnisses von Kosten und Nutzen des Modells.
Bovenschulte spricht von "politischer Schnapsidee"
Über die Ergebnisse der Prüfung soll bei dem Treffen der Ministerpräsidenten mit Scholz heute beraten werden. Die Bundesregierung habe bislang Stellungnahmen von Experten eingeholt, sei aber eine eigene Stellungnahme dazu schuldig geblieben, monierte Hessens Ministerpräsident Boris Rhein. "Wir erwarten bei der MPK eine politische Antwort auf die Frage: Will der Bundeskanzler daran arbeiten, Asylverfahren in Drittstaaten zu ermöglichen, oder nicht?", sagte der CDU-Politiker.
Bremens Regierungschef Andreas Bovenschulte nannte die Überlegungen im Vorfeld der Ministerpräsidentenkonferenz eine "politische Schnapsidee". Er verwies auf den Plan der britischen Regierung, Asylverfahren in Ruanda durchzuführen, der "krachend an der Realität gescheitert sei". Ein solches Verfahren sei nach Prüfung von Sachverständigen zu teuer, rechtlich angreifbar und in der Praxis kaum umsetzbar.
Auch der katholische Wohlfahrtsverband Caritas sprach sich gegen die Auslagerung von Asylverfahren aus. "Weder den Menschen in Deutschland noch den Geflüchteten" sei damit geholfen, sagte der Caritas-Vorstand für Finanzen und Internationales, Steffen Feldmann, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Scheinlösungen rund um Asylfragen" stärkten lediglich menschenfeindliche Ausrichtungen, argumentierte Feldmann. "Migration und Flucht legen vielmehr offen, was in Deutschland verbesserungswürdig und lange ungelöst ist", sagte der Caritas-Vorstand mit Verweis auf Wohnraummangel, fehlende Kita-Plätze, Engpässe bei Bildung und Versorgung. Dies seien Indikatoren für Probleme, die es grundlegend in Deutschland zu beheben gelte.
Quelle: ntv.de, ino/dpa