
"Naja, es ist eine Regierung, und eine Regierung handelt prinzipiell immer einig." Das sagt Habeck, nicht Scholz.
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Nach der ersten Klausurtagung der Ampelkoalition haben die Journalisten eine Menge Fragen. Beantwortet wird kaum eine davon, und wenn, dann von Habeck oder Lindner. Erst am Schluss wird Bundeskanzler Scholz etwas konkreter.
So lustig wie im Gästehaus der Bundesregierung in Meseberg, wo die Regierungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel meist ihre Kabinettsklausuren abhielten und dabei auch abends beim Wein zusammensaßen, war es im Kanzleramt heute sicher nicht. "Normalerweise wären wir ein, zwei Tage woanders hingegangen, aber das geht eben unter den jetzigen Bedingungen nicht", sagt Bundeskanzler Olaf Scholz bei der Pressekonferenz nach dem Ende der ersten Klausur der Ampelkoalition.
Aber es war wohl trotzdem ganz nett. Obwohl Abstand gehalten wurde, sei es möglich gewesen, "miteinander ein bisschen zu lachen, aber auch dienstliche Dinge auf dem kurzen Weg über den langen Tag zu klären", erzählt Wirtschaftsminister Robert Habeck. "Wenn man die Gruppen zusammenstehen sieht, die sind nicht mehr nach Parteifarben geordnet", berichtet Habeck weiter, "und wenn man überlegt, wie Konflikte gelöst werden, sagt man nicht, da müssten sich die Grünen gegen XY durchsetzen, sondern man sieht einen Konflikt in der Sache und arbeitet daran, ihn zu lösen."
Es gab also Konflikte. Welche? Darüber wird nicht gesprochen. Und auch sonst bleibt einiges ungesagt.
Das liegt vor allem am Kanzler. Scholz' Auftakt-Statement in dieser Pressekonferenz ist kaum aussagekräftiger als sein kurzer Auftritt am Morgen vor der Klausurtagung. Mit den Journalistinnen und Journalisten spricht er ganz ähnlich wie Bundeskanzlerin Angela Merkel es früher mit Bürgerinnen und Bürgern gemacht hat - in möglichst einfachen Worten. Das klingt mitunter ein bisschen seltsam. Über die G7, deren Präsidentschaft Deutschland in diesem Jahr innehat, sagt er: "Das ist eine Zusammenkunft der demokratischen Industriestaaten, die versuchen, den Entwicklungen in der Welt eine Richtung zu geben durch die Diskussionen, die dort geführt werden." Dagegen ist nichts einzuwenden. Man kann allerdings davon ausgehen, dass den Anwesenden das bereits klar war. Es bleibt Finanzminister Christian Lindner überlassen, zu erwähnen, dass das Programm der G7-Präsidentschaft vom Kabinett nicht nur diskutiert, sondern auch beschlossen wurde.
Viele Fragen, keine Antwort
Fragen beantwortet Scholz zwar ausführlich, tatsächlich aber in der Regel nicht. Eine Journalistin fragt, ob die Koalitionäre sich einig seien, was Sanktionen gegen die Ostseepipeline Nord Stream 2 betrifft, sollte Russland die Ukraine angreifen. Der Bundeskanzler antwortet, es sei "eine sehr ernste Situation, in der wir uns befinden", die Sicherheitslage der Ukraine sei schwierig, die Truppenaufmärsche jenseits der Grenze seien sehr bedrückend. Es sei richtig, dass EU und NATO klargemacht hätten, "dass jede militärische Aggression gegen die Ukraine einen hohen Preis hätte". Noch wichtiger sei es, zu verhindern, dass es zu einer solchen militärischen Aggression komme, deshalb sei es wichtig, dass eine Reihe von Gesprächsformaten aktiviert worden sei. Dann zählt Scholz diese Formate auf. Aber die Frage, ob die Koalition bei diesem Thema einig ist, bleibt unbeantwortet.
Die Journalistin versucht es deshalb bei Habeck. Der antwortet kurz: "Naja, es ist eine Regierung, und eine Regierung handelt prinzipiell immer einig." Es könnte sein, dass dies einer der Konflikte war, von denen der Grüne zuvor sprach.
Eine andere Journalistin fragt später, ob sich denn einer der drei vorstellen könnte, dass Gas durch Nord Stream 2 fließe, wenn dieser Konflikt weiter andauere. Scholz sagt: "Wir arbeiten sehr hart daran, dass wir den Konflikt deeskaliert kriegen", es müsse eine Situation in Europa geben, "bei der die territoriale Integrität der Staaten und ihre Souveränität unangetastet bleibt". Klar sei, "wenn es zu einer militärischen Aggression kommt, dann wird das hohe Kosten haben, und darüber, was wir dann machen, und welche einzelnen Maßnahmen wir konkret ergreifen werden, wird dann zu gegebener Zeit zwischen allen eine Verständigung herbeigeführt werden. Wir bereiten jetzt vor, dass wir diese Entscheidung dann jeweils konkret treffen können."
Auch diese Journalistin hakt nach, ob denn nun im Fall der Fälle Gas durch die Ostseepipeline fließen könne. Die Vorstellung, diese Frage sei noch immer offen, scheint Scholz nicht zu teilen. Er habe die Frage "sorgfältig beantwortet, und da ist die Haltung der Bundesregierung ja klar".
Nicht einmal, ob er am Mittwoch spricht, will Scholz verraten
Bei der Impfpflicht läuft das Spiel ähnlich. Ein Journalist will wissen, wie die drei die Zustimmung in ihren jeweiligen Fraktionen zur Impfpflicht ab 18 einschätzen, ob sie glauben, dass die Ampel eine eigene Mehrheit herstellen kann und ob die drei in der für den kommenden Mittwoch geplanten Orientierungsdebatte im Bundestag selbst sprechen werden, "um mit zur Orientierung beizutragen". Lindner fragt er außerdem, ob dieser sich schon entschieden habe, welchen der unterschiedlichen Anträge er unterstützen wird.
Scholz antwortet, es sei gut, "dass die von mir auch in Absprache mit all meinen Freunden in der Regierung auf den Weg gebrachte Debatte über eine Impfpflicht" jetzt konkretisiert werde. Es sei von vornherein so geplant gewesen, dass es eine Debatte im Bundestag werden solle, also kein Projekt der Koalition. Scholz spricht wiederum sehr ausführlich, auch über die aktuelle Corona-Lage. Aber er beantwortet keine einzige der ihm gestellten Fragen - nicht einmal die, ob er am Mittwoch in der Debatte reden will.
Lindner dagegen erklärt, "die Debatte über eine mögliche Mehrheit der Koalitionsfraktionen ist eine Erzählung der CDU/CSU". Er selbst werde sich die Gruppenanträge ansehen und dann "im Licht der Orientierungsdebatte als Abgeordneter selbst entscheiden", welchen der Anträge er unterstützt, sagt der FDP-Chef.
Am Schluss wird Scholz doch noch konkret. Auf die Frage, ob bei der Ministerpräsidentenkonferenz am kommenden Montag mit weiteren Corona-Maßnahmen zu rechnen sei, verweist er auf die geltenden Regeln und die laufende Booster-Kampagne und sagt, "diesen Weg werden wir im Wesentlichen weitergehen".
Das soll wohl heißen: Es bleibt alles beim Alten.
Quelle: ntv.de