Politik

Strategie soll bis Sommer stehen Ampel will Planungsverfahren entfesseln

Sie wollen schneller werden (von links): Wirtschaftsminister Habeck, Kanzler Scholz und Finanzminister Lindner.

Sie wollen schneller werden (von links): Wirtschaftsminister Habeck, Kanzler Scholz und Finanzminister Lindner.

(Foto: AP)

"Unser Land ist gefesselt, wir haben uns selbst gefesselt", sagt Finanzminister Lindner. Deswegen wollen die Ampel-Koalitionäre aufs Tempo drücken und Planungs- und Genehmigungsverfahren zeitnah beschleunigen. Wirtschaftsminister Habeck spricht von "alten Zöpfen", die ab müssten.

Die Bundesregierung will Tempo beim Wohnungsbau, der Energiewende sowie beim Ausbau der Verkehrswege und der digitalen Infrastruktur machen. Die Regierung wolle "es hinkriegen, dass dieses Land Fahrt aufnimmt", sagte Bundeskanzler Olaf Scholz in Berlin. Das Kabinett traf sich zu einer ersten Klausurtagung nach gut sechs Wochen im Amt. Scholz verwies auf schleppende Planungs- und Genehmigungsverfahren, bei denen man deutlich schneller werden müsse als bisher. "Wir müssen da Tempo hineinbekommen."

Finanzminister Christian Lindner sagte nach der Kabinettsklausur, im Laufe des ersten Halbjahres wolle man "vorzeigbare Ergebnisse" haben: "Unser Land ist gefesselt, wir haben uns selbst gefesselt", so der FDP-Chef. Es gebe zu viel Bürokratie. Vizekanzler und Klimaschutzminister Robert Habeck sagte mit Blick auf die Energiewende mit neuen Windenergieanlagen oder dem Aufbau einer Wasserstoff-Infrastruktur, in den derzeitigen Planungszeiträumen sei dies nicht zu schaffen. Es müssten "ein paar alte Zöpfe"abgeschnitten werden.

Die Beschleunigung von Planungsprozessen bei zentralen Zukunftsprojekten war ein Hauptthema der ganztägigen Klausurtagung im Kanzleramt. "Wir glauben, dass das einen Aufbruch für unser Land ermöglicht, und wir glauben auch, dass der notwendig ist", sagte Scholz. Für die Verzögerung wichtiger Zukunftsprojekte durch zu viel Bürokratie gibt es zahlreiche Beispiele. Der Bau einer neuen Bahnstrecke in Deutschland dauert im Schnitt 20 Jahre. Windenergieanlagen brauchen nach Branchenangaben vier bis fünf Jahre bis zur Genehmigung. Die Anforderungen sind komplex. Es geht um Naturschutz und Anwohnerinteressen. Unterlagen werden in den betroffenen Gemeinden erst einmal öffentlich ausgelegt. Oft gibt es Klagen.

Scholz begrüßt "konkretisierte" Diskussion über Impfpflicht

In der Diskussion über eine allgemeine Corona-Impfpflicht verteidigte Scholz nach der Klausurtagung erneut die geplante Parlamentsabstimmung ohne Fraktionsvorgaben. Dies solle dazu beitragen, dass es "einen großen Konsens" ergeben werde, sagte der SPD-Politiker. Er verwies darauf, dass angesichts der zu niedrigen Impfquote viele in der Politik, aber auch unter den Bürgern, ihre ablehnende Meinung geändert hätten. Deshalb sei es so wichtig, genau diesen Weg zu gehen und nicht über einen Antrag der Regierung.

Scholz begrüßte es, dass die auf den Weg gebrachte Diskussion jetzt "konkretisiert" werde. Sieben Abgeordnete von SPD, FDP und Grünen hatten zuvor eine erste konkrete Initiative für eine Impfpflicht ab 18 Jahren gestartet, die auf mehr Schutz im Herbst und Winter zielen soll. Dafür wollen sie nach der für diesen Mittwoch geplanten Orientierungsdebatte im Parlament einen Entwurf erarbeiten.

Mit Blick auf die Beratungen zwischen Bund und Ländern am Montag sagte Scholz, Maßnahmen wie 3G, 2G, Kontaktbeschränkungen und die Booster-Kampagne hätten gute Wirkung gehabt. Gegenwärtig habe Deutschland bei den Kontaktbeschränkungen wahrscheinlich die strengsten Regelungen im europäischen Vergleich und zugleich die erfolgreichste Booster-Kampagne in der EU auf den Weg gebracht. "Und diesen Weg, den werden wir im Wesentlichen weitergehen." Scholz sprach von einer geordneten, vernünftigen und unaufgeregten Diskussion bei den Corona-Maßnahmen zwischen Regierung, Ländern und Parlament. "Diesen Stil, den wollen wir auch gerne fortführen".

Eskalation mit Russland soll vermieden werden

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Bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Lindner und Habeck kündigte der SPD-Politiker zudem an, dass die westlichen Regierungen im Hintergrund Sanktionen gegen Russland für den Fall einer möglichen Aggression gegen die Ukraine vorbereiten. "Wenn es zu einer militärischen Aktion kommt, dann wird das hohe Kosten haben", so Scholz. "Darüber, was wir dann machen und welche einzelnen Maßnahmen wir konkret ergreifen werden, wird dann zu gegebener Zeit eine Verständigung herbeigeführt werden", fügte er hinzu. "Wir bereiten jetzt vor, dass wir dann diese Entscheidung jeweils konkret treffen können", sagte er, ohne Details zu nennen.

Es würden derzeit aber alle Anstrengungen darauf liegen, eine Eskalation zu vermeiden. Erneut forderte der Kanzler Russland zu einer Reduzierung seiner Truppen an der ukrainischen Grenze auf. Waffenlieferungen an die Ukraine lehnte Scholz erneut ab. Auf die Frage, ob sich die Ampel-Parteien auch beim Thema Nord Stream 2 einig seien, sagte Wirtschaftsminister Habeck: "Eine Regierung ist im Prinzip immer einig." Konkrete Aussagen dazu machten die Koalitionäre trotz mehrmaliger Nachfragen jedoch nicht.

Quelle: ntv.de, fzö/dpa/rts

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