Bundestag diskutiert Leitlinien Wie soll Deutschland mit China umgehen?
28.09.2023, 19:19 Uhr Artikel anhören
Vor der Botschaft der Chinesischen Volksrepublik in Berlin weht die Nationalflagge. Die Bundesregierung debattiert über die China-Strategie.
(Foto: picture alliance / photothek)
In der China-Strategie der Bundesregierung wird die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt zugleich als "Partner, Wettbewerber und systemischer Rivale" eingestuft. Das Konzept, das federführend aus dem Auswärtigen Amt stammt, soll ein Kompass im Umgang mit China sein. Deutschland muss seine wirtschaftlichen Interessen mit politischen Wertvorstellungen sorgfältig austarieren. Am Donnerstag debattiert der Bundestag über das Dokument. Hier die Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Warum ist China so wichtig?
Im Jahr 1972 haben die Bundesrepublik und die Volksrepublik diplomatische Beziehungen aufgenommen. Seitdem haben sich enorm dichte und vielfältige Kontakte entwickelt. Mit einem Handelsvolumen von fast 300 Milliarden Euro war China auch 2022 der größte Warenhandelspartner Deutschlands.
Im Umgang mit globalen Krisen misst die Bundesregierung China große Bedeutung zu - etwa beim Klimawandel, bei der Pandemiebekämpfung und im Verhältnis zu Russland. China seinerseits sieht Deutschland nicht nur wirtschaftlich, sondern auch politisch als einen Schlüsselpartner in Europa.
Welche Probleme gibt es im Umgang mit China?
China ist für Deutschland und die EU zugleich Partner, Wettbewerber und systemischer Rivale - wobei die Rollen als Wettbewerber und Rivale an Bedeutung gewinnen. Die China-Strategie listet eine ganze Reihe von Problemen auf - etwa, dass China außenpolitisch seinen Weltmachtanspruch zunehmend offensiv vertritt; dass es die internationale Ordnung entlang der Interessen seines Einparteiensystems zu beeinflussen versucht; dass es handelspolitisch den Zugang für ausländische Unternehmen zum chinesischen Markt erschwert; und dass es repressiv gegenüber der eigenen Bevölkerung auftritt.
Wofür braucht Deutschland eine China-Strategie?
Die entwickelte Strategie besitzt keine Gesetzeskraft, sie soll aber als Orientierung für die künftige Ausgestaltung der Beziehungen zu Peking dienen, sei es in den Handelsbeziehungen oder in der Politik. "Sie soll die Bundesregierung in die Lage versetzen, in der komplexen Beziehung zu China unsere Werte und Interessen besser zu verwirklichen", heißt es in dem Dokument. So sollen etwa die China-Kontakte der einzelnen Bundesministerien, die fast durchweg eigene Beziehungen zu der Volksrepublik unterhalten, besser abgestimmt werden.
Was steht im Zentrum der Strategie?
Ein Schlüsselbegriff ist "De-Risking", das heißt die Bemühung, einseitige wirtschaftliche Abhängigkeiten von China abzubauen und damit das Risiko für Deutschland zu mindern. Die aktuelle Lage sei so, dass "Abhängigkeiten Chinas von Europa stetig abnehmen, während Deutschlands Abhängigkeiten von China in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen haben", heißt es in dem Papier. Es geht der Bundesregierung um einen Abbau der Asymmetrien, nicht jedoch um eine Entkoppelung der beiden Volkswirtschaften.
Welche Rolle spielen die Menschenrechte?
Die China-Strategie benennt klar eine Reihe von menschenrechtlichen Kritikpunkten: Sie erwähnt unter anderem die "schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen unter anderem an den Uigurinnen und Uiguren in Xinjiang, die Lage in Tibet, die Lage in Hongkong". Deutschland werde sich weiter "für die Einhaltung der Menschenrechte einsetzen", heißt es in dem Dokument.
Was sagen Kritiker?
Die Volksrepublik reagiert in der Regel empfindlich auf jegliche Kritik aus dem Ausland - und machte auch bei der China-Strategie keine Ausnahme. Diese sei "kontraproduktiv" und trage zur Spaltung der Welt bei, erklärte das Außenministerium in China.
Auch in der deutschen Innenpolitik findet die Warnung aus Peking Widerhall: In der Debatte im Bundestag griffen vor allem Linksfraktion und AfD dieses Argument auf und warnten die Bundesregierung davor, durch die kritische Distanzierung Konflikte mit Peking heraufzubeschwören. Ampel-Fraktionen und Union hingegen fanden billigende Worte für die Strategie.
Quelle: ntv.de, Peter Wütherich, AFP