Ratgeber

Das müssen Arbeitnehmer wissen Fürsorgepflicht: Arbeitgeber müssen Mobbing unterbinden

00:00
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos
Ein Arbeitgeber ist ohne genaue Kenntnis nicht verpflichtet, konkrete Maßnahmen gegen Mobbing zu ergreifen.

Ein Arbeitgeber ist ohne genaue Kenntnis nicht verpflichtet, konkrete Maßnahmen gegen Mobbing zu ergreifen.

(Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa-tmn/dp)

Spitze Bemerkungen, abfällige Äußerungen oder sogar gezieltes Ausschließen von gemeinsamen Terminen: Mobbing am Arbeitsplatz kann sehr belastend sein. Wann müssen Vorgesetzte eingreifen?

Anfeinden, schikanieren, diffamieren: Mobbing kann die Gesundheit und den Arbeitsplatz Betroffener gefährden. Treffen kann es theoretisch jede und jeden.

Arbeitnehmer müssen Mobbing-Vorwürfe präzise und detailliert darlegen. Denn Arbeitgeber müssen Mobbing unter Arbeitskollegen unterbinden, wenn sie davon wissen. Experten sprechen in diesem Zusammenhang von einer "positiven Kenntnis".

Bei Mobbing-Vorwürfen kommt es auf konkrete Beweise sowie detaillierte Schilderungen durch Arbeitnehmer an. Das zeigt auch eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Kiel (Az.: 6 Sa 48/23). Über den Fall berichtet die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).

Der Fall

Eine Zahnarzthelferin hatte gegen ihren Arbeitgeber wegen angeblichen Mobbings durch Arbeitskolleginnen geklagt. Dabei berief sie sich auf ihren katholischen Glauben, ihre polnische Herkunft und ihre Entscheidung, sich nicht gegen COVID-19 impfen zu lassen. Trotz wiederholter Beteuerungen konnte sie jedoch nicht konkretisieren, wann und wie sie ihren Arbeitgeber über die Vorfälle informiert hatte.

Das Urteil

Das Landesarbeitsgericht stellte fest, dass der Arbeitgeber ohne genaue Kenntnis nicht verpflichtet ist, konkrete Maßnahmen gegen Mobbing zu ergreifen. Eine Haftung für die behaupteten Mobbing-Handlungen sei nicht begründet, da der Arbeitgeber nicht ausreichend über die konkreten Vorfälle informiert worden sei. Der Arbeitgeber verletze nur dann seine Fürsorge- oder Schutzpflicht, wenn er trotz positiver Kenntnis nicht eingreift.

Dies können Betroffene grundsätzlich bei Mobbing tun

Für Betroffene ist es oft nicht einfach, den "Teufelskreis Mobbing" wieder aus eigener Kraft zu durchbrechen, wie die Bundesanstalt für Arbeitsschutz (BAUA) zum Thema schreibt. Gerade im Anfangsstadium könne man aber mit Selbsthilfe - wie etwa einem klärenden Gespräch - noch am meisten erreichen.

Generell gilt nicht darauf zu vertrauen, dass das Problem sich eines Tages quasi von allein erledigt. Besser sei es, so schnell wie möglich zu handeln. Die Vorfälle, bei denen man sich gemobbt fühlt, sollte man genau dokumentieren: Ein Mobbing-Tagebuch kann hier zielführend sein. Darin hält man den Täter oder die Täterin, Zeugen, den Ort, die Zeit und die Situation fest. Wichtig ist auch, die Schuld nicht bei sich selbst zu suchen.

Im Mobbing-Fall Dritte einschalten: Beschwerde an den Betriebsrat

Im nächsten Schritt kann es hilfreich sein, das direkte Gespräch mit dem Täter oder der Täterin zu suchen. Bringt das nichts, ist es ratsam, eine Beschwerde an den Betriebsrat sowie an die Personalabteilung oder an die Unternehmensleitung zu richten.

Der jeweilige Adressat ist gesetzlich verpflichtet, die Beschwerde zu überprüfen und für Abhilfe zu sorgen, wenn er sie für berechtigt hält. Der Betriebsrat muss etwa beim Arbeitgeber auf Abhilfe drängen. Verankert ist dies im Betriebsverfassungsgesetz.

Mobbing beobachtet? Dritte können ermutigen und Zeuge sein

Mobbing im Job schließt oft nicht nur Täter und Opfer ein, sondern auch diejenigen, die still zuschauen oder aktiv wegsehen. Kolleginnen und Kollegen, die sehen, dass am Arbeitsplatz gemobbt wird, sollten dem oder der Betroffenen zur Seite stehen. Etwa, indem sie die Lage weiter beobachten und die Person dazu ermutigen, zum Betriebsrat und zur Personalabteilung zu gehen und sich zu beschweren. Gleichzeitig könnten sie signalisieren, als Zeugin oder Zeuge zur Verfügung zu stehen.

Ignoriert der Arbeitgeber die Beschwerde eines oder einer Beschäftigten offensichtlich, dann lässt sich in einem gerichtlichen Verfahren durchsetzen, dass der Arbeitgeber der Mobbing-Beschwerde auf den Grund geht. Das Mobbing-Opfer sollte sicherstellen, dass der Betriebsrat, die Gewerkschaft oder ein Anwalt beratend und unterstützend zur Seite steht. Wenn das Mobbing-Opfer unter dem Druck der Belästigung das Arbeitsverhältnis beendet, lassen sich auch Schmerzensgeldansprüche gerichtlich durchsetzen.

Im Zweifel: Gesundheit der Betroffenen geht vor

Mehr zum Thema

Oftmals gibt es jedoch ein Problem: Nicht selten lassen sich die Vorwürfe, dass jemand gemobbt wurde, nicht hieb- und stichfest beweisen. Das Mobbing erfolgt mitunter derart subtil, dass die beschuldigte Seite sich herausreden und die Sache zum eigenen Vorteil darstellen kann.

Lässt sich das Problem nicht im betrieblichen Rahmen lösen, empfiehlt Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht, allen Opfern von Mobbing: So schnell wie möglich der Firma den Rücken kehren und sich einen neuen Job suchen, bevor die eigene Gesundheit leidet.

Quelle: ntv.de, awi/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen